Keinesfalls heimlich, aber still und leise hat zum Beginn des Aprils die neue Klinik für Psychosomatik im Neubau des Leopoldina-Krankenhauses eröffnet. Neun von 20 Betten sind aktuell belegt. Das Angebot ist in dieser Form zumindest landesweit einmalig, wird es wohl auch bleiben, denn es ist auf die Region zugeschnitten, wofür die enge Kooperation mit dem Krankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin Werneck steht.
Obwohl sich noch vieles entwickeln wird, hat die Klinik ein klares Alleinstellungsmerkmal und ist nicht mit den Angeboten in psychosomatischen Tageskliniken oder etwa in der Psychiatrie in Werneck gleichzusetzen. Akutabteilung für Psychosomatik könnte die Klinik auch heißen, womit sich dann die Nähe zum Leopoldina – ein Akutkrankenhaus für körperliche Erkrankungen – zumindest zu einem Teil erklären ließe.
Grob vereinfacht kümmert sich die Klinik um Patienten, bei denen körperliche Gebrechen seelische und /oder soziale Erkrankungen hervorrufen, und um Patienten, bei denen seelische/soziale Erkrankungen körperliche Gebrechen ausgelöst haben. Die Planungen und Vorarbeiten für die Station reichen zehn Jahre zurück und damit nicht gänzlich zufällig in eine Zeit, in der sich das Leopoldina-Krankenhaus wegen leer stehender Betten Gedanken machen musste. Die Klinik stellt jedoch ein erweitertes Behandlungsangebot sowohl des Leopoldina-Krankenhauses als auch des psychiatrischen Krankenhauses Werneck dar.
Das therapeutische Angebot ist ausgerichtet auf psychische und körperliche Begleiterkrankungen, auf Verarbeitungsstörungen, auf körperliche Beschwerden, die sich nicht oder nicht ausreichend auf organische Erkrankungen zurückführen lassen, auf depressive und Angst-Syndrome, Belastungsstörungen und auf Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen. An der richtigen Adresse sind Patienten, bei denen psychische und Verhaltenseinflüsse eine wesentliche Rolle beim Auftauchen körperlicher Erkrankungen spielen. Aufgenommen wird, wer sich an der Therapie aktiv beteiligen will und ausreichend mobil für die Behandlung ist.
Im Krisenfall, bei akuter Suizidalität, Sucht, Psychosen, Störungen der Hirnorganik, für Patienten, bei denen die somatische Behandlung oder Pflege im Vordergrund steht, ist die neue Klink nicht gedacht. Die 25 Mitarbeiter des multiprofessionellen Teams setzen bei der Therapie, bei der jeweils verschiedene Methoden Berücksichtigung finden, einen Schwerpunkt auf tiefenpsychologisches Störungsverständnis. Zu den Therapieangeboten zählen Einzelgespräche, psychotherapeutische Gesprächsgruppen, Gruppenarbeit zu Themen wie Schmerzbewältigung oder Depressionen, Gestaltungstherapie, körperliche Verfahren, Musiktherapie und Entspannungsverfahren. Die durchschnittliche Behandlungsdauer wird sich mit der Zeit zeigen. Ein Monat ist ein Richtwert.
Zum Team gehören Ärzte der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie/Psychiatrie sowie Psychotherapie, Psychologen, Pflegekräfte, Sozialpädagogen, Physiotherapeut, Gestaltungstherapeut und Musiktherapeut.
Im Gespräch mit dem verantwortlichen Oberarzt Dr. Thomas Schmelter (Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie und Psychiatrie), Adrian Schmuker (Geschäftsführer Leopoldina-Krankenhaus) und dem ärztlichen Leiter Prof. Dr. Hans-Peter Volz (Ärztlicher Direktor des Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin Schloss Werneck) zeigte sich „erstaunliche“ Zufriedenheit über das Einhalten des Terminplans und über das „sehr wichtige“ wie auch „besondere“ Konzept, das für den Bereich der Schnittmenge zwischen Geist und Körper durchaus wegweisend sein könne. Als Fallbeispiele wurden Herzbeschwerden ohne organische Ursache, Depressionen nach einem überstandenen und auskurierten Herzinfarkt oder etwa die Folgen von Krebs auf das soziale Verhalten genannt.
Die Patienten der neuen Klinik werden aus dem Leopoldina, aus dem Schloss Werneck und von den niedergelassenen Ärzten kommen. Beratung und Begleitung enden nicht mit der Entlassung, wenn dann vor allem der Sozialarbeiter sich um die Rückkehr in die vertraute Umgebung, um die Angehörigen und um Kontakte zu Hilfsangeboten und zur Nachversorgung kümmern wird.