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Wenn's im Bier schäumt und brodelt

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Wenn's im Bier schäumt und brodelt

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    Du öffnest die Flasche Bier, kaum ist der Kronenkorken gehoben, schon sprudelt einem das Grundnahrungsmittel entgegen. Über dieses Phänomen „wild gewordener Biere“ wird immer mal berichtet. Braumeister Ulrich Martin aus Hausen hat im Moment mit dem Problem zu tun, das viele andere Brauereien auch kennen, sagt Georg Eberwein vom Brauhaus Schweinfurt. „Jeder ist froh, wenn er es nicht hat“, ergänzt der Brauhaus-Kollege, der wie Martin aber beruhigt: Das Bier an sich ist in Ordnung. Das sagt auch der Präsident des Bayerischen Brauerbundes, Friedrich Düll aus Krautheim. Das Phänomen trete oft erst mehrere Wochen nach der Abfüllung des Bieres auf, sodass die Brauereien selbst überrascht seien. Das Bier sei aber, betont Düll, und schmecke auch wie „normales“ Bier. Die für das Überschäumen verantwortlichen Teilchen stammten in erster Linie aus dem Malz und „sind somit rein natürlich“.

    Frage: Ich öffne eine Weizenbierflasche, beispielsweise aus Hausen, und der Schaum knallt in die Höhe. Geschüttelt habe ich die Flasche garantiert nicht. Also, was ist da los?

    Ulrich Martin: Gushing nennt sich das Problem. Es tritt immer wieder auf. Gushing ist das explosionsartige Entbinden von Kohlensäure.

    Woher kommt dieses immer wieder auftretende Phänomen?

    Martin: Die Wissenschaft forscht seit Jahren und verfolgt mehrere Spuren, doch Genaues weiß man noch immer nicht. Es gibt viele Ursachen, die sich in den meisten Fällen überlagern und nie allein für Gushing verantwortlich sind. Auch der Bayerische Brauerbund nennt Gushing ein jahrgangsbedingtes Rohstoffphänomen, auf das Mälzereien und Brauereien bei der Bierproduktion nur wenig Einfluss haben. Mikroskopisch kleine Teilchen könnten die Ursache dafür sein, dass daran anhaftende und im Bier gebundene Kohlensäure sich löst und beim schnellen Aufsteigen die andere Kohlensäure mit entbindet. Eine sehr verbreitete These besagt, dass eigentlich harmlose Fusarien auf der Gerste oder dem Weizen als Verursacher gelten. Aus diesen Getreiden wird bekanntlich Malz hergestellt. In den Jahren, in denen auf dem Getreide verstärkt Fusarienbefall festgestellt wurde, trat das Gushingproblem extrem auf.

    Gut. Dann soll der Brauer halt auf Braugerste zurückgreifen, die nicht befallen ist.

    Martin: Das wäre zu einfach. Da vor allem die Brauereikonzerne ihr Bier hauptsächlich über Werbung und Preis verkaufen, müssen sie die Kosten reduzieren. Das geht für Kaufleute am ehesten im Einkauf. Der Brauer kauft sein Malz beim Mälzer, der hat nahezu nur einen Kunden, nämlich die Brauwirtschaft. Eine Großbrauerei hat somit die nicht ganz faire Macht, den Preis nach ihren Vorstellungen zu drücken. Dem Mälzer bleibt keine Wahl. Er kann dem Bauern nicht das zahlen, was sein Getreide eigentlich wert ist. Der hat ebenso keine Wahl, muss was Lukrativeres anbauen, um überleben zu können. So ist es nicht verwunderlich, dass Deutschland nur noch 50 Prozent des Braugerstenbedarfs decken kann. Heute wird ein Großteil der Braugerste aus Dänemark, Frankreich und anderen Ländern bezogen, damit unser Bier weiter sprudelt – erwünscht oder unerwünscht.

    Merkt der Brauer Gushing nicht?

    Martin: Der Brauer merkt es natürlich, aber fast so spät wie der Kunde, nämlich, wenn’s in der Flasche ist, und dann ist es zu spät. Da hilft nur, dem Konsumenten die schwierige Lage zu erklären: Das Bier ist ok, es gärt nicht in der Flasche weiter, es ist nicht umgekippt oder sonst wie schlecht. Es entbindet sich nur die Kohlensäure ungewöhnlich schnell. Gushing kann in jedem Bier auftreten, auch bei einem fairen Brauer.

    Was kann ich als Konsument tun?

    Martin: Um böse Überraschungen beim Öffnen zu vermeiden, gilt: das Bier gut gekühlt, stehend und ruhig lagern und dann vorsichtig öffnen.

    Melden sich Biertrinker und meckern?

    Martin: In Maßen. Ich sage dann, was stimmt: Die nächste Abfüllung des Bieres wird wieder besser. Bis dahin eben Vorsicht walten lassen. Denn: Das Bier ist wie gesagt ok. Fotos: Tinkstock/Holger Laschka

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