Die Anzeige in der Samstagsausgabe dieser Zeitung war ein Schock für viele Wernecker: Die Allgemeinarztpraxis von Dr. Alois und Dr. Karola Dösch will zum 30. September aus Altersgründen schließen. Was daraufhin geschah, ist für den 71-jährigen Allgemeinarzt "wie ein Wunder": Es hat sich ein Allgemeinmediziner bei ihm gemeldet, der die Praxis in einer überörtlichen Gemeinschaft eventuell weiterführen will.
"Es klingt sehr positiv", freut sich Dr. Alois Dösch, als diese Redaktion bei ihm nachfragt. Er habe die große und schwarz umrandete Annonce als "Knaller" losgelassen, nachdem er über zweieinhalb Jahre lang einen Nachfolger gesucht und nur Absagen erhalten habe. Aber "die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt", meint der Wernecker Hausarzt, "vielleicht erreicht die Anzeige jemanden".
Tatsächlich habe er nun mit Dr. Stefan Schlicht ein "vielversprechendes" Gespräch geführt. Der Allgemeinarzt mit Praxis in Schweinfurt-Oberndorf, der auch in Bergrheinfeld eine Praxis übernommen hat, könnte sich eine Art überörtliche Gemeinschaft oder ein MVZ vorstellen, sagt Dr. Dösch. Der Praxisbetrieb könne zentral organisiert werden, der Einsatz der Ärzte könne flexibler gestaltet werden.
Nicht als Einzelpraxis aber als möglicher Teil eines Medizinischen Versorgungszentrums
"Mit den Einzelpraxen wird es nicht mehr weitergehen", meint der 71-Jährige. EDV, Bürokratie, das alles werde immer aufwändiger und schwieriger. Aber ein MVZ, auch mit angestellten Ärzten, sei möglich.
Seine eigene Tochter hat bereits in seiner Praxis mitgearbeitet und wollte ursprünglich auch mit einem Kollegen gemeinsam die elterliche Praxis übernehmen. Aber nachdem dieser abgesprungen war und die Tochter ein Kind geboren hat, könne sie diesen Full-Time-Job alleine nicht ausüben, erklärt Dr. Dösch. "Von einer 40-Stunden-Woche kann man da nur träumen", meint er. Wenn man selbstständig sei, komme die ganze Verwaltung ja noch dazu.
Für den 71-Jährigen und seine 70-jährige Frau soll nach 42 Jahren in der Praxis Ende September endlich Schluss sein. Für das Ärztepaar war auch das Thema Corona ein weiterer Beweggrund, aufzuhören. "Das war mir jetzt zu heikel". Dr. Dösch hofft, dass es jetzt für seine circa 2000 Patienten eine gute Lösung gibt.
Das ist auch das Ziel der Gemeinde Werneck. Bürgermeister Sebastian Hauck unterstreicht, dass der Gemeinde das Problem des Hausärztemangels sehr bewusst sei. Aber eine kurzfristige Lösung könne er nicht präsentieren. "Es geht ja nicht um die Räume, um die Immobilie, sondern um die Menschen, die Ärzte, die fehlen", gibt er auch die Einschätzung von Dr. Dösch wider.
Um zu erfahren, wie die Zukunftsperspektiven in den anderen drei Hausarztpraxen in der 10 000 Einwohner-Gemeinde sind, wird er deren Vorstellungen und Wünsche abfragen. Er weiß, dass die meisten Allgemeinmediziner schon um die 65 Jahre alt sind, der jüngste 55 Jahre.
"Wenn die Gemeinde Anreize schaffen, moderieren oder vermitteln kann, wird sie es auch tun", meint Hauck. Er denkt auch an die jungen Ärzte mit Wernecker Wurzeln und wie man sie wieder auf ihren Heimatort aufmerksam machen könnte. "Wir können erst konkrete Überlegungen anstellen, wenn wir wissen, was die Ärzte vorhaben".