Endlich Regen! Die Mitglieder der Zweckverbandsversammlung "Waldpflege Gemeinsamer Bürgerwald Gerolzhofen-Dingolshausen“ nahmen es am Mittwoch gerne in Kauf, dass sie mit Schirmen und wasserdichten Jacken zu ihrer Sommer-Waldeinsicht aufbrechen mussten. Was sie dabei von Forstdirektor Stephan Thierfelder vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Schweinfurt und vom neuen Revierleiter Jochen Schenk zu hören bekamen, war allerdings bei weitem nicht so erfreulich, wie das Nass, das reichlich vom Himmel kam.
Auch im Gemeinsamen Bürgerwald wütet der der Borkenkäfer an den Fichten, stirbt die Buche an Trockenheit, ist das Eschentriebsterben im Vormarsch und hat auch die Rußrindenkrankheit Einzug gehalten.
Die Notmaßnahmen, die dagegen ergriffen werden sollen, erklärte Jochen Schenk in der Waldabteilung "Grenzneuwiese" bei Geusfeld zunächst für die Buche. Dieser Baum ist anders als die Fichte nicht in der Lage, Harz als Abwehrmasse gegen Eindringliche zu bilden. Angeschlagene Bäume sind deshalb Angriffen von Pilzen ausgesetzt. Einzelne Buchen sollen jetzt gefällt und ins Sägewerk gebracht werden, um zu erproben, welche Qualität und welchen Wert die Stämme solcher bereits angeschlagenen Buchen noch haben und inwieweit das Holz noch im Saft steht. "Das ist ein kleiner Pilotversuch. Wir stehen hier ganz am Anfang wie in den 1970er-Jahren beim Borkenkäfer", sagte Jochen Schenk.
Totalausfälle vermeiden
Die Eiche sei von den Folgen des Klimawandels nicht so stark betroffen. "Trotzdem lege ich für keine Baumart mehr die Hand ins Feuer." Wichtig sei möglichst viele Arten im Wald zu haben, so dass es zu keinen Totalausfällen komme.
Stephan Thierfelder, der den Bürgerwald in der Vakanzzeit zwischen dem Tod von Revierleiter Volker Conrad und dem Amtsantritt von Jochen Schenk betreut hatte, ergänzte, dass bei den geringen Niederschlägen in den vergangenen beiden Jahren kaum noch Wasser in tiefere Bodenschichten dringt und dass die letzten Juli-Tage mit Temperaturen um die 40 Grad äußerst schädlich für den Wald waren. Er konterte die Behauptung von Nationalpark-Befürwortern, dass der Wald besser dastehen würde, wenn der Mensch nicht in seine Entwicklung eingreifen würde. Im Nationalpark Hainich in Thüringen hätten sich die gleichen Schäden an Buchen gezeigt wie im normalen Wirtschaftswald.
Einen Totalausfall zeigte Schenk dann in der "Unteren Salzlecke". Hier haben die Waldarbeiter etwa einen halben Hektar Fichtenbestand komplett abgeholzt, weil die Bäume vom Borkenkäfer befallen waren. Eine Wiederaufforstung solcher Flächen ist schwieriger als bei Laubbäumen, denn die Fichtennadeln bringen einen ungünstigen PH-Wert in den Boden und zersetzen sich nur langsam. "Hier dürfen wir nicht hektisch reagieren", meint der Förster. Neu gepflanzt werden kann erst dann, wenn die erste Birke alleine wächst. Das sei ein zuverlässiges Startzeichen.
Aber die neuen Pflanzen werden einige Jahre brauchen, bis sie sich an die Umgebung gewöhnt haben. Schenk denkt auf besagter Fläche vorwiegend an die Eiche mit anderen Mischbaumarten. Das Pflanzgut etwa beim Speierling soll aus dem Bürgerwald stammen, in einer Baumschule hochgezogen und dann in den Bürgerwald zurückkommen.
Gute Mischung im Bürgerwald
Der neue Förster wusste auch Erfreuliches zu berichten. Seine Bestandsaufnahme im Bürgerwald hat eine breite Palette von Baumarten und kaum Monokulturen erbracht. Die Fichte ist nirgendwo auf großen Flächen dominierend. Stark vertreten ist vor allem der Speierling, eine alte fränkische Baumart, die gute Zukunftsprognosen hat.
Auf der letzten Station in der Abteilung "Binsenroth" zeigte Stephan Thierfelder dann noch einen Bergahorn, der von der Rußrindenkrankheit befallen ist. Der Baum wird von einem Pilz befallen, dessen Sporen auch für den Menschen gefährlich sind, allerdings nicht für den normalen Wanderer, der daran vorbeigeht. Gefährdet sind aber Waldarbeiter, die am Baum sägen und die Pilzsporen einatmen. Die Sporen können schwere Entzündungen der Lungenbläschen auslösen. Ursache auch für diese Baumkrankheit sind Wasserknappheit und Hitze.
Im Vorfeld der Waldeinsicht berichtete Förster Jochen Schenk über die eingeschlagenen Brennholzmengen. 2018 wurden 3000 Kubikmeter an die Kunden (einschließlich Selbstwerber) abgegeben. Bis Ende Juli 2019 waren es 2400 Kubikmeter, darunter 700 Kubikmeter Fichte, die wegen Käferbefalls oder Vertrocknung eingeschlagen werden musste. Während der Hiebsatz für Brennholz pro Jahr 6000 Kubikmeter beträgt, verkaufte der Bürgerwald 2018 und 2019 nur 5400 Kubikmeter, blieb also weit unter dem Ansaattz.
Schlechte Preise für die Fichte
Bei der Fichte war bei einem Drittel der Bäume der Borkenkäfer Ursache fürs Fällen, beim großen Rest die Trockenheit. Zukünftig werden sich diese Mengen aber eher in Richtung Käferholz verändern, schätzt Schenk. Für das Fichten-Kurzholz hat der Revierleiter einen Käufer gefunden. "Über den Preis brauchen wir aber nicht zu reden", sagte er in Anspielung auf die Überflutung des Marktes mit Fichtenholz.
In seinem Ausblick wies der Forstmann darauf hin, dass bei der Brennholzvergabe die Rechtler in Dingolshausen nicht bedient wurden. Das müsse man nun ausgleichen. Auch bei den übrigen Kunden werden heuer diejenigen bevorzugt, die in den vergangenen Jahren leer ausgingen. Ferner will Schenk kleine Verjüngungsflächen einzäunen, um zu sehen, wie sich die Bäumchen ohne Wild entwickeln. Die Buche will er weiter fördern und verstärkt in die Pflege einsteigen. Bei den Fichten soll der eine der andere Baum mehr entnommen werden als unter normalen Bedingungen, um stabile Standorte einzurichten. Der Plan fand Gefallen bei Stephan Thierfelder: "Das ist besser, als wenn diese Fichten der Käfer holt."
Am Rande der Begehung merkte Schenk an, dass auch im Gerolzhöfer Stadtwald (Mahlholz) demnächst größere Mengen Fichten (500 bis 1000 Kubikmeter) fallen müssen, darunter ebenfalls große Bestände mit Käferbefall. Auch der Laie erkennt überall das Bohrmehl des Borkenkäfers am Stammfuß. Wenn das zu sehen ist, naht ein baldiges Ende des Baums. Der Stadtwald wird häufiger vom Borkenkäfer heimgesucht als der Bürgerwald, weil er tiefer liegt. Bei der Neuaufforstung denkt Schenk auch an die Edelkastanie. Ebenso überrascht wie besorgt ist der Förster ob der Geschwindigkeit, mit der die Schäden Einzug in den Wald halten.
