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EBRACH: Wie Eberau Tod über Rothenburg bringt

EBRACH

Wie Eberau Tod über Rothenburg bringt

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    Rothenburg in Trümmern: Weil das eigentliche Ziel, das Nachschub-Tanklager für die Wehrmacht bei Ebrach in dichten Nebel gehüllt war, bombardierte die amerikanische Luftwaffe stattdessen am 31. März 1945 die Stadt an der Tauber.
    Rothenburg in Trümmern: Weil das eigentliche Ziel, das Nachschub-Tanklager für die Wehrmacht bei Ebrach in dichten Nebel gehüllt war, bombardierte die amerikanische Luftwaffe stattdessen am 31. März 1945 die Stadt an der Tauber. Foto: Foto: Reichsstadtmuseum Rothenburg (Sammlung Richard Wagner)

    Es ist eine der grausamen Geschichten, wie sie nur der Krieg zu schreiben vermag. Am Karsamstag, 31. März 1945, nehmen die Amerikaner einen neuen Anlauf, um das gut getarnte Mineralöl-Tanklager beim heutigen Ebracher Ortsteil Eberau zu bombardieren. Doch auch an diesem Vormittag herrscht im Tal der Mittleren Ebrach, wie so oft, dichter Nebel. Notgedrungen drehen die Bomber nicht zum ersten Mal ab, um Kurs auf die Ersatzziele zu nehmen. Die lauten diesmal Rothenburg und Karlsruhe.

    Und so nimmt das Unheil besonders für die mittelalterliche Stadt an der Tauber ihren Lauf. Gegen 10.30 Uhr wirft eine Staffel von 16 Bombern dort ihre zerstörerische Fracht ab, während das restliche Kontingent nach Karlsruhe fliegt.


    Film wird am Montag gezeigt

    Auf die Ereignisse dieses Tages geht ein 80-minütiger Film mit dem Titel „Ein Tag, der zur Nacht wurde . . . Rothenburg in Flammen“ ein, den die Filmgruppe der Oskar-Miller-Realschule aus Rothenburg ob der Tauber am Montag, 23. November, um 19 Uhr in der Remise des Historikhotels Klosterbräu in Ebrach zeigt.

    Neun Tonnen Spreng- und Brandbomben werfen die Kampfflugzeuge der 386. Bomber-Gruppe der US-Luftwaffe an diesem Ostersamstag über der bis dahin vom Krieg verschont gebliebenen wohl berühmtesten Kleinstadt Deutschlands ab. „Mit gutem Erfolg“ wird ans Hauptquartier gemeldet.

    Der Nebel legte, wie eingangs erwähnt, an jenem 31. März 1945 erneut seine schützende Hand über das 1935 im Wald nahe der B 22 bei Eberau im sogenannten Schmerber Grund errichtete Tanklager der Wirtschaftlichen Forschungsgesellschaft (Wifo), wie sich das Staatsunternehmen nannte. So klinkt man die Bomben auf dem Rückflug über dem „Ausweichziel“ ab.

    39 tote Zivilisten

    Insgesamt zweimal überfliegen die Flugzeuge die Stadt und lassen Feuer und Verderben auf sie regnen. Nach kaum einer halben Stunde liegt die ganze Stadt in so dichten Rauch gehüllt, dass der Himmel unter der in den Gassen wütenden rot glühenden Feuerwalze nicht mehr sichtbar und das Tageslicht verdunkelt ist.

    39 Tote, zwölf Männer, darunter ein Feuerwehrmann, der infolge der Anstrengungen und Aufregungen einem Herzschlag erliegt, 18 Frauen und neun Kinder, fordert die Katastrophe des Ostersamstags 1945. Dazu kommen die vielen Verletzten.

    306 Wohnhäuser sind gänzlich, 52 Wohnhäuser teilweise abgebrannt. 741 Familien sind obdachlos geworden. 46 Scheunen, Ställe und Nebengebäude, zwei Fabriken sind ganz oder teilweise abgebrannt. Sechs öffentliche Gebäude, darunter das Renaissance-Rathaus, neun Türme oder Torhäuser und 750 Meter der mittelalterlichen Stadtmauer sind massiv zerstört.

    Insgesamt sind rund 45 Prozent der Bausubstanz vor allem im östlichen, oberen Teil der Altstadt betroffen.

    Nach dem Krieg werden die meisten Gebäude originalgetreu wiederaufgebaut oder saniert.

    Das generationenübergreifende Filmprojekt der Dokumentar-Filmgruppe der örtlichen Realschule zeichnet nach, wie Rothenburger Bürger diese Katastrophe erlebten. Regisseur Thilo Pohle und ehemalige als auch „Filmschüler“ von heute führten für den Dokumentarfilm über drei Jahre hinweg zum Teil erschütternde Interviews mit den letzten lebenden Zeitzeugen.

    So gelang es, buchstäblich im letzten Moment die Erinnerungen einer Generation mit der Kamera aufzunehmen, die am Kriegsende vor 70 Jahren in ihrer Kindheit und Jugend die Zerstörung Rothenburgs erlebte.

    Bis zu 180 Beschäftigte

    Das eigentliche Angriffsziel, das streng geheim gehaltene Nachschublager für Treibstoffe und Schmiermittel bei Ebrach, war in der Wifo-Zentrale in Berlin geplant worden.

    Für die Außenarbeiten wurden auch Gefangene aus Ebrach und anderen Gefängnissen eingesetzt. Es handelte sich um qualifizierte Arbeitskräfte wie Mauerer, Steinmetze, Zimmerleute, Schmiede oder Schlosser. Sie wurden allerdings von den anderen Arbeitern und von den Angestellten abgeschottet.

    Insgesamt waren zwischen 150 und 180 Menschen, von der Sekretärin über den Handwerker bis zum Ingenieur, im Tanklager beschäftigt. Viele von ihnen wohnten in der so genannten Wifo-Siedlung in Ebrach, die eigens für sie und ihre Familien errichtet wurde. Daran erinnert heute die Wifostraße in Ebrach.

    Das Tanklager-Areal ist 15 Hektar groß. Zwischen den Bäumen stehen unauffällig acht oberirdische Hochtanks aus hochwertigem Stahl mit einem Fassungsvermögen von je 600 Kubikmetern.

    Vier von ihnen wurden am Kriegsende dann doch noch von amerikanischen Bomben zerstört. An den anderen sind zum Teil noch die Einschlusslöcher der Salven aus den Bordwaffen zu sehen. Hinzu kommen sieben je 200 Kubikmeter fassende unterirdische Tanks.

    Deckname „Eberau“

    Die Anlage umfasst ferner Bürogebäude, eine Reparaturwerkstatt für die Fässer und Tanks, Schlosserei, Schreinerei, Lagergebäude, die Kesselanlage mit Pumpstation, eine Schilfkläranlage und zwei Bunker.

    Das zum Teil aus Ölfeldern in Rumänien angelieferte Rohöl wird im Ebracher Tanklager aufbereitet und weiterverarbeitet. Für den Umschlag der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe mittels Tank- und Kesselwagen stand auf dem Lagergelände ein eigener Gleisanschluss mit Bahnhof und Abfüllstation zur Verfügung.

    Als Adresse für das Wifo-Tanklager diente der Deckname „Eberau“. Er gab dem nach dem Krieg entstandenen heutigen Ebracher Ortsteil auf der gegenüberliegenden Seite der Bundesstraße 22 seinen Namen.

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