Ins Frühstück haben die beiden im Mai im Wildpark geborenen Elchkälber am Donnerstag früh etwas besonderes bekommen. Gelbe-Rüben-Stückchen mit Sedalin-Gel, erzählt Wildpark-Leiter Thomas Leier. Warum? Damit sie ruhiger werden – so wie Menschen vor der Narkose im Krankenzimmer schon mal eine Tablette bekommen, die sie schläfrig macht. Die Kälber bekommen auch eine Narkose. Sie ziehen um, in ein Gehege in Hornkaten, in Mecklenburg-Vorpommern.
Gefahr von Inzucht und Aggression
In Schweinfurt können sie nicht bleiben. Das Gehege wäre zu klein. Außerdem besteht die Gefahr von Inzucht, sagt Leier, während er das Betäubungsgewehr fertig macht. Und die beiden Elch-Jungs würden auch versuchen, Papa Lasse das Revier streitig zu machen. Deswegen ziehen die beiden Tiere um. "In der Natur würden sie sich auch einen anderen Lebensraum suchen müssen, nicht bei ihren Eltern bleiben", erzählt Leier.

Die Kälber sind seit dem Vorabend von ihren Eltern Daya und Lasse getrennt. Die beiden haben heute auch etwas besonderes zum Fressen bekommen: Frische Äste. Das Höchste für Elche. Die liegen am anderen Ende des Geheges, damit die beiden nicht für Unruhe in der Nähe ihres Nachwuchses sorgen. Das klappt ganz gut, auch wenn Daya zum Schluss der Aktion dann doch angetrabt kommt und neugierig schaut, was mit den kleinen Elchen passiert.

Für Leier und sein Team ist so eine Elch-Narkose-Transport-Aktion Routine. Dreimal gab es schon Elch-Nachwuchs, der dann auf Reisen ging. Eines der Tiere, Nilsson, lebt schon in Hornkaten. Leier und sein Team wollen Stress für die Tiere vermeiden. Deswegen geht der vertraute Futterbringer mit ins Gehege, wenn Leier die Tiere betäuben will. Niemand spricht laut, der Rest der Mannschaft hält sich im Hintergrund. Der Betäubungspfeil mit der "Hellabrunner Mischung" , so heißt das Mittel, soll am besten in Vorderlauf oder Hintern. Nicht in Gelenke oder in den Hals, das könnte zu Verletzungen führen. Sitzen die Pfeile im Körper, liegen die Tiere in der Regel nach 15 Minuten im Narkose-Schlaf.

Ist der Elch allerdings noch nicht im Tiefschlaf, könnte er sich plötzlich bewegen, eventuell treten. Und das könnte gefährlich für die Menschen werden. Deswegen schaut Leier ganz, ganz vorsichtig, ob die zwei "weg" sind. Sind sie. Für ein paar Minuten werden ihnen die Läufe mit Klebeband verbunden. Damit die Augen nicht austrocknen, bekommen sie Salbe in die Augen. Zum Schutz vor Reizen kommt noch ein Sichtschutz dazu: Ein Geschirrhandtuch wird über die Augen gebreitet.
Jedes Kalb wiegt gut 120 Kilogramm
Je gut 120 Kilogramm wiegen die Elche, schätzt Leier. Fünf Mann packen an, um sie behutsam auf eine Plane und dann in den mit Stroh ausgelegten Anhänger zu legen. Bei Elch eins klappt das perfekt, Elch zwei ist schon ein bisschen wacher, bewegt sich leicht. Aber auch er ist schnell und behutsam aufs Stroh gebettet.

Leier spritzt dann den Elchen das Narkose-Gegenmittel und entfernt das Klebeband. Kevin und Joachim Schilling, die in Hornkaten ein Elch-und Rentiergehege aufbauen, können erst losfahren, wenn die Tiere wieder sicher stehen. "Eine tolle, hochwertige Haltung", attestiert ihnen Leier. Schließlich sollen es die Schweinfurter Elche ja gut haben.
"Nachwuchs spricht für die Qualität der Haltung", sagt Leier über die Elchhaltung in Schweinfurt. Seit 2003 gehören Elche zu Schweinfurt, sind Sympathieträger und Maskottchen im Wildpark.
Kevin Schilling ist auch ein Elch-Fan. "Die Tiere haben mich schon als Kind fasziniert", sagt er. "Ich komme davon nicht mehr los." Ein Elch-Gehege aufzubauen ist ein Kindheitstraum, erzählt er. Alles hat gut geklappt, die Elche stehen im Transporter, sind bereit für die Reise nach Mecklenburg-Vorpommern. "Richtig zufrieden sind wir aber erst, wenn alle gut angekommen sind", sagt Leier. "Wir halten Kontakt, wir wollen wissen, dass es den Tiere gut geht."
Hinweis: Aufgrund der Corona-Beschränkungen ist der Wildpark an den Eichen im November für Besucher geschlossen.