Was wird im Jahr 2024 in der Gemeinde wichtig, welche Themen werden die Diskussion bestimmen? Im Interview gibt Lülsfelds Bürgermeister Thomas Heinrichs einen Ausblick.
Frage: Der Ausbau der Windkraft ist in Lülsfeld ein Thema. Was sollten die Bürgerinnen und Bürger wissen und wie versucht die Gemeinde, ihre Interessen zu vertreten?
Thomas Heinrichs: Es ist unbestreitbar, dass die Fortschritte in der Energiewende und der Übergang zu erneuerbaren Energien unaufhaltsam sind und entscheidend für unsere zukünftige Energieunabhängigkeit sein werden. Dieser Trend wird durch die Gesetzesänderungen beschleunigt, was auch in den jüngsten Gemeinderatssitzungen von Lülsfeld ein zentrales Thema war. In diesem Zusammenhang wurde das Vorbehaltsgebiet WK61 von der Regionalplanung als potenzielles Vorranggebiet für die Nutzung von Windenergieanlagen vorgeschlagen. Die Gemeinde und die Flächeneigentümer müssen in einen konstruktiven Dialog eintreten, um sowohl die lokalen Belange als auch die Chancen für eine aktive Mitgestaltung der Bürgerinnen und Bürger zu nutzen. Letztlich strebt man nach einem Ausgleich zwischen den Interessen aller Beteiligten, um einen positiven Beitrag zur Energiewende zu leisten und gleichzeitig das harmonische Zusammenleben in der Gemeinde zu erhalten. Die Gemeinde strebt weiterhin an, einen Dialog mit den Flächenbesitzern zu führen, da diese ein maßgeblichen Einfluss auf das Verfahren haben. Durch ein mögliches Flächenpooling können gemeinsame Interessen gebündelt und vertreten werden. Diese Bemühungen zielen darauf ab, die Belange der Gemeinde und ihrer Bürger im Blick zu behalten und gleichzeitig die Wertschöpfung in der Region zu erhalten. Eine umfangreiche Informationsveranstaltung für die Gemeinderäte von Frankenwinheim, Lülsfeld und die Stadträte von Gerolzhofen hat bereits stattgefunden, wobei in Zusammenarbeit mit Frankenwinheim letztes Jahr beschlossen wurde, ein Flächenpooling weiter voranzutreiben.

Zurzeit stehen nur noch wenige Bauplätze in der Gemeinde zur Verfügung. Auf der anderen Seite gibt es einige Leerstände in den Dorfkernen. Wie geht die Gemeinde damit um?
Heinrichs: Ein wichtiger Bestandteil dieser Entwicklung ist es, Leerstände zu vermeiden und den Dialog mit den Grundstückseigentümern aufrechtzuerhalten, um bestehende Leerstände einer weiteren Nutzung zuzuführen. Zudem ist es unser Bestreben, die Dorfentwicklung weiter voranzutreiben. Daher hatten wir unsere Richtlinie zur Innenentwicklung durch die Gemeinde überarbeitet. Diese wird demnächst im Amtsblatt veröffentlicht, was eine wichtige Grundlage für die Zukunft und Anregung für die Sanierungswilligen darstellt. Weiterhin möchten wir Bauwillige unterstützen, mit der Aufstellung eines Bebauungsplans, ohne die Anstrengung zur Innenentwicklung aus dem Auge zu verlieren.
Welche Schwerpunkte sehen Sie bei der Innenentwicklung?
Heinrichs: Die Gemeinde legt weiterhin großen Wert auf die Förderung der Innenentwicklung, und dies bleibt ein zentrales Anliegen. Konkrete Projekte wie die Sanierung der Kirchstraße und die Neugestaltung der Buswendeanlage mit dem angrenzenden Dorfplatz sind nach wie vor prioritär für uns. Bedauerlicherweise haben wir im Herbst feststellen müssen, dass es zukünftig schwieriger sein wird, diese Vorhaben voranzutreiben. Dies liegt an der lang anhaltenden Haushaltssperre auf Bundesebene, dem notwendigen Mittelbedarf der aktuellen Überschwemmungsgebiete und den noch für uns ausstehenden Fördermittelzusagen. Wir sind weiterhin auf diese Mittel angewiesen, um die geplanten Projekte in der beabsichtigten Qualität umsetzen zu können. Ohne die zugesagten Fördermittel gestaltet sich die Realisierung und Fortführung dieser Vorhaben äußerst schwierig. Trotzdem setzen wir uns unermüdlich dafür ein, die erforderlichen finanziellen Mittel zu erhalten.
Die beiden Kläranlagen sind schon in die Jahre gekommen. Gibt es schon konkrete Konzepte?
Heinrichs: Aktuell haben wir einer Beauftragung zum Variantenvergleich und Konzepterstellung zugestimmt. Die wasserrechtliche Erlaubnis von Abwasseranlagen läuft in der Regel nach 20 Jahren aus, daher sind wir gezwungen in die Planung zu gehen. Eine Variantenprüfung ist Voraussetzung für eine mögliche Förderung durch die RzWas (Härtefallförderung nach Richtlinien für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben). Die Gemeinde Lülsfeld hat einen Antrag zum Weiterbetrieb der Teichkläranlage in Lülsfeld gestellt, bis die Ergebnisse der Variantenprüfung vorliegen und das Wasserwirtschaftsamt einer Variante zugestimmt hat.
Warum spielt für Sie die Flächenplanung eine besondere Rolle?
Heinrichs: Die Festlegung von Vorranggebieten gibt der Windenergienutzung klaren Vorrang vor anderen Raumansprüchen. Aus diesem Grund und zur weiteren Zukunftsplanung hat die Gemeinde Lülsfeld den aus dem Jahr 1984 bestehenden Flächennutzungsplan überarbeitet, um ihren Raumanspruch zu verdeutlichen und gleichzeitig gesetzliche Mindestabstände von 800 Metern zu Windkraftstandorten aufzuzeigen. Bei einzelne Wohnbebauungen im Außenbereich reduziert sich der Mindestabstand auf sogar nur noch 500 Meter und zu Gewerbegebieten auf nur noch 300 Meter.
Lülsfeld ist durch die Gemeinschaft "Go&Change" immer wieder in den Schlagzeilen. Möchten Sie hierzu etwas sagen?
Heinrichs: In einer Erklärung der Gemeinde stellten wir klar, dass wir uns von jeglichen strafbaren Verhalten und uns von Go&Change in dieser Form distanzieren. Straftaten, egal in welcher Form, werden in unserer Gemeinde nicht toleriert und von den Strafverfolgungsbehörden verfolgt. Aktuell sind die Behörden an der Aufarbeitung und Aufklärung der Vorfälle. Wir vertrauen darauf, dass die Ermittlungen zu einem Ergebnis führen und wir als Lülsfelder wieder Lülsfelder sein können.
Was hat Ihnen 2023 in der Rolle des ersten Bürgermeisters besonders gefallen?
Heinrichs: Gefördert durch das Regionalbudget, wurde durch das ehrenamtliche Engagement der Bürger in Lülsfeld die Erweiterung des Spielplatzes um ein Basketballfeld abgeschlossen. Solche Initiativen spiegeln den starken Zusammenhalt und das Engagement einer lebendigen Gemeinschaft wider.
Was wünschen Sie sich persönlich im neuen Jahr?
Heinrichs: Weiterhin beste Gesundheit und etwas mehr Zeit für Familienmomente zu finden. Ebenso ist es mein Ziel, gemeinsame Aktivitäten und Zusammenkünfte für unsere Bürger zu fördern, um ein stärkeres Miteinander zu schaffen. Ich setze mich für mehr Wertschätzung und eine offene Atmosphäre ein, die uns als Gemeinschaft zusammenbringt und stärkt.