Trotz des Weiterbetriebs bleibt die Situation im St.-Josef-Krankenhaus in Schweinfurt angespannt. Insbesondere unter den ansässigen Belegärzten blicken viele – ungeachtet der Erleichterung über die abgewandte Schließung – skeptisch auf die kommenden Monate. "Wir tappen immer noch im Dunkeln", erklärt Dr. Max Lippert, Orthopäde im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) St. Josef.
Zirka 4000 Patientinnen und Patienten versorgt der Orthopäde jährlich in seiner Praxis. Viele davon auf dem Operationstisch im Krankenhaus. "Die Funktionseinheiten funktionieren. Das System ist nach wie vor am Laufen", sagt Lippert. Wie und in welchem Umfang der OP und die Stationen im Krankenhaus langfristig jedoch weitergeführt werden sollen, sei aktuell nicht klar. Konkrete Mitteilungen der Klinikleitung gebe es dazu noch nicht.

Ein Zustand, der viele Praxen umtreibt. Bei dem Gynäkologen Dr. Leszek Kubiak, der gemeinsam mit seiner Frau Danuta Kubiak und drei weiteren Mitarbeiterinnen eine Praxis betreibt und als Belegarzt im St. Josef-Krankenhaus operiert, haben die Ereignisse der vergangenen Wochen Spuren hinterlassen. Zuerst die abrupte Nachricht über die Schließung, wenige Wochen darauf die plötzliche Kehrtwende: "Das Vertrauen ist weg", sagt Kubiak.
Gynäkologe seit Längerem von Entwicklungen gebeutelt
Kubiaks Praxis läuft unabhängig vom Krankenhausbetrieb. Wie alle anderen Belegärzte greift der Gynäkologe aber auf eine gewisse Anzahl an Betten und die Infrastruktur am Krankenhaus St. Josef zurück, was ihn wiederum abhängig von den Entwicklungen dort macht. Letztere setzten dem Arzt und seiner Praxis schon seit Längerem zu, wie er erzählt.
Als Kubiak die gynäkologische Praxis vor 18 Jahren übernommen hat, sei er ursprünglich auf die Betreuung schwangerer Patientinnen spezialisiert gewesen. Doch als die Klinikleitung die Geburtshilfe am St. Josef im vergangenen Jahr schließen musste, brach dem Arzt ein erheblicher Teil seiner Umsätze weg, so Kubiak. Seit der Schließung des Kreisaals könne er deshalb nur noch eingeschränkt operieren. "Ich weiß nicht mehr, was ich von diesem Vorgehen halten soll", sagt Kubiak auf die Gesamtsituation bezogen. Auch einen Umzug der Praxis oder ein Ausweichen auf ein anderes Krankenhaus schließt der Gynäkologe aus. "Der Gedanke aufzuhören ist mir fremd."

Belegärzte sorgen sich um ihre Zukunft
Ähnlich sieht das auch Dr. Marc-Alexander Katz. "Die Atmosphäre ist nicht gut", sagt er. Im Ambulanten Herzzentrum am St. Josef Krankenhaus versorgt der Kardiologe jährlich um die 12.000 Patientinnen und Patienten ambulant. Dazu kämen, so Katz, pro Jahr noch zirka 600 weitere Krankenhauspatientinnen und -patienten, die das Herzzentrum aktuell zusätzlich aufnimmt.

Trotz der Ankündigung der Betreiberinnen, die Klinik doch nicht zum Jahresende hin zu schließen, hält der Kardiologe die Zukunft der Klinik weiter für offen. "Wir machen uns große Sorgen", sagt Katz, der mit seiner Praxis eine enge Kooperation mit dem St. Josef pflegt. Auch der Einstieg des früheren Vorstandsvorsitzenden des Helios-Konzerns Francesco De Meo, als Berater für die Kongregation der Erlöserschwestern, ändere an diesem Gefühl vorerst wenig.
Aufgrund seiner ambulanten Tätigkeit sei seine Praxis besonders abhängig von dem Krankenhaus, verdeutlicht Katz. Gerade ältere Patientinnen und Patienten müssten nach einem Eingriff häufig stationär nachbetreut werden. Diese Nachbetreuung würde mit einem Wegfall des Krankenhauses jedoch auf dem Spiel stehen. Um ein solches Szenario zu verhindern und die Zukunft der eigenen Praxis zu sichern, habe er deshalb bereits Kooperationsgespräche mit umliegenden Kliniken aufgenommen. Allerdings hätten diese bisweilen noch keine zufriedenstellenden Ergebnisse gebracht, so Katz.
Hundert Mitarbeitende haben bis Ende September gekündigt
Entscheidend ist aus Sicht vieler Ärztinnen und Ärzte die Frage, ob der Betrieb des Krankenhauses aufrechterhalten werden kann, wie eine mögliche Umstrukturierung des Hauses aussehen könnte und wie viele Mitarbeitende letztlich gehalten werden können.
Krankenhaussprecher Christoph Zeißner bestätigt auf Nachfrage, dass zum vergangenen Quartalsende im September knapp 100 Mitarbeitende im Krankenhaus gekündigt haben. "Realität ist, dass der aktuell defizitäre Krankenhausbetrieb verschlankt werden muss." Im Moment würden daher alle Optionen geprüft, um den Weiterbetrieb des Hauses langfristig zu sichern. Laut Verwaltung seien die Belegärzte nach wie vor ein "wichtiger Bestandteil" der Klinik. "Das wollen wir auch so weiterführen", versichert Zeißner.

Nach Ansicht von Dr. Lippert hätten die vergangenen Wochen für viel Irritation in der Belegschaft und der Bevölkerung gesorgt. "Das hat dem Haus sicherlich nicht gutgetan", sagt er. Er, wie auch die anderen Ärztinnen und Ärzte, hoffe jetzt, dass es einen geordneten Übergang gebe. "Ich bin guter Dinge, dass das Krankenhaus weiterlaufen kann."