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GEROLZHOFEN: Wo der Bartel den Most holt

GEROLZHOFEN

Wo der Bartel den Most holt

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    Kommt man in den „Knast“, dann hat vorher jemand nicht ordentlich „Schmiere“ gestanden. Evamaria Bäuer zeigte in ihrem Vortrag „A bissl Jiddischkeit“, wie viele Worte der deutschen Sprache dem Jiddischen entstammen.
    Kommt man in den „Knast“, dann hat vorher jemand nicht ordentlich „Schmiere“ gestanden. Evamaria Bäuer zeigte in ihrem Vortrag „A bissl Jiddischkeit“, wie viele Worte der deutschen Sprache dem Jiddischen entstammen. Foto: Foto: Karin Sauer

    „Wenn einer bei der Maloche nur Stuss macht, kommt dabei Tinnef heraus. Weil der Chef dann keinen Reibach macht, wird er mit dem Mitarbeiter Tacheles reden. Führt der sich dann als Großkotz auf, ist mit dem Job bald Pustekuchen. Ein schöner deutscher Satz? Weit gefehlt! Prüft man Worte wie Maloche, Stuss, Reibach oder Tacheles, die uns so leicht von den Lippen gehen, stellt man fest, dass sie aus dem Hebräischen, Jiddischen oder Rotwelschen stammen.

    Im Begleitprogramm der Ausstellung „Drum immer weg mit ihnen – der Sündenfall Martins Luthers“ in der Erlöserkirche Gerolzhofen beleuchtete Evamaria Bräuer in einem launigen Vortrag unter dem Motto „A bissl Jiddischkeit“ dieses Spracherbe. Mit Bildpräsentationen, Karikaturen und manchmal auch hintergründigem Humor stellte sie den zahlreich Anwesenden, eingedeutschte Wörter und Redewendungen jiddischen und hebräischen Ursprungs vor.

    Was ist jiddisch und woher kommt diese Sprache? Es ist eine rund tausend Jahre alte Sprache, die von den mittel-, nord- und osteuropäischen Juden gesprochen wurde. Sie entwickelte sich im Mittelalter aus dem Deutschen und dem Hebräischen. Durch die Vertreibung jüdischer Einwohner, etwa durch Pogrom in Pestzeiten, verbreitete sie sich nach Osteuropa, wo sie slawische Elemente aufnahm. Von dort kam Jiddisch im 19. und 20. Jahrhundert wieder nach Mitteleuropa zurück, wo es das Deutsche um etliche Vokabeln bereicherte. Nach der Ermordung von Millionen von Juden durch die Deutschen, verschwand sie in Europa fast völlig, wird aber noch in jüdischen Stadtvierteln nordamerikanischer Großstädte benutzt und auch von religiösen Juden europäischer Herkunft in Israel.

    Zurück zum „deutschen“ Eingangssatz. Was ist ein Großkotz? Er hat nichts damit zu tun, dass es einem übel wird. Der Groyskots leitet sich vom Hebräischen ab. In dem Wort verbirgt sich „Kasin“, der Anführer, kombiniert mit dem Adjektiv groß. Und wenn jemand Tacheles redet (jiddisch Tachles, Zweck oder zweckmäßiges Handeln), sagt er unverblümt seine Meinung. Gibt einer Stuss von sich (jiddisch Schtus von hebräisch Schetut für Unsinn), redet er Blödsinn.

    Wird jemand verkohlt, hat das nichts mit Weiß- oder Rotkohl zu tun. Hebräischer Ursprung des jiddischen Kol ist „Qol“, was Gerücht, sinnloses Zeug bedeutet.

    Wo der Barthel seinen Most holt, muss kein fränkischer Ausdruck sein, und auch nichts mit Most zu tun haben. Bräuer stellte eine Erklärung vor die die Redewendung aus dem jiddischen ableitet. „Barsel“ heißt demnach Brechstange, womit man sich das Moos (vom hebräischen Maoth für Geld) besorgt. Dann muss aber aufpassen, dass man nicht im Knast (von Kanas für Strafe) landet, also muss jemand Schmiere stehen (von Shmira für Wache).

    „Über tausend Redewendungen, sogenannte ,Hebraismen‘, sind in unsere Sprache übernommen worden, wollte ich diese alle aufzählen, stünden wir morgen noch hier“, scherzte Evamaria Bräuer zum Schluss.

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