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SCHWEINFURT: Züchtigung der Kinder gemäß Bibel

SCHWEINFURT

Züchtigung der Kinder gemäß Bibel

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    „Ich bin das Opfer“, sagt der 53-jährige Russlanddeutsche in seinem Schlusswort vor dem Schöffengericht und zeigt damit eindrucksvoll, dass er keinen Sinn für die weltlichen bundesdeutschen Rechtsnormen hat. Dass er zwischen 2001 und 2006 seine beiden Kinder mehrmals mit Stöcken und Kabeln geschlagen hat, rechtfertigt er mit der Bibel. Die billige Schläge als Erziehungsmittel. „Sie haben sich zum Richter über andere aufgeschwungen“, sagt dagegen der Vorsitzende Richter. Das Urteil: acht Monate Haft auf Bewährung wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen.

    Fünf Fälle sind angeklagt, drei bleiben nach der Einstellung von zwei Vorwürfen am Ende übrig. Demnach hat der 53-Jährige im Jahr 2001 einen seiner Söhne mit dem Stock zum Öffnen einer Dachluke auf die Oberschenkel geschlagen und den anderen im Jahr darauf mit einem Radiokabel auf den Rücken. 2006 schließlich züchtigte er wieder einen der Jungen mit einer Rute aufs Gesäß. Der Grund: Sie waren ungehorsam, haben gestritten oder der Mutter widersprochen.

    Was der Staatsanwalt vorgelesen hat, sei alles übertrieben, sagt der gelernte Elektriker, seit 2004 Frührentner. Dass er seine Söhne geschlagen hat – mit Stöcken und Kabeln – räumt er zwar ein, und er fühlt sich bis zum Schluss des Verfahrens dazu auch berechtigt, aber es sei nicht so fest gewesen, dass sie Striemen und blaue Flecken davongetragen hätten. „Höre ich das richtig, dass Sie sich nichts vorzuwerfen haben?“, fragt der Anklagevertreter. Antwort: „Es steht in der Bibel, wenn die Kinder nicht gehorchen, muss man sie erziehen.“ Der Vorsitzende erklärt ihm, dass in diesem Land „weltliche Gesetze gelten, nicht die Bibel“.

    Nun ist dem Angeklagten seit 2004 das Leiden an einer schizophrenen Psychose ärztlich bestätigt. Seit kurzem wurde auch noch eine schwere Krebserkrankung bei ihm attestiert. Zu seinen Gunsten wertete das Gericht sein Geständnis, dass die Taten lange zurückliegen und es allesamt minderschwere Fälle seien; zu seinen Lasten, dass er damals gegenüber seinen zehn und elf Jahre jungen Kindern – Schutzbefohlenen eben – so gewalttätig geworden war.

    Immerhin aber ersparte der 53-Jährige, der in einem Dorf nahe Schweinfurt lebt, mit seinem Geständnis den Familienmitgliedern Aussagen vor Gericht. Seine Frau hat sich seit längeren von ihm getrennt und mittlerweile auch scheiden lassen. Sie und ihre beiden Söhne konnten den Gerichtssaal mit den Anträgen auf Zeugenentschädigung gleich wieder verlassen.

    Vorbestraft ist der Mann nicht. Das Urteil – acht Monate – hat das Gericht zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Dass der Mann auch am Ende der Verhandlung noch meinte, er habe mit seinen bibelgestützten Erziehungsmethoden im Grunde nichts falsch gemacht, „ist auch eine Art rohe Gesinnung“, befand der Vorsitzende Richter.

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