Alles begann 1878 mit einer Idee von drei Würzburger "hochwohllöblichen Herren" an ihrem Stammtisch, die sich für bessere Bedingungen bei Reit- und Zugtieren sowie Schlachtvieh einsetzen wollten. Dieser Wille, der im Archiv des Tierschutzvereins Würzburg dokumentiert ist, wurde über Generationen von Tierschützerinnen und Tierschützern bis heute weitergetragen und entwickelt. Das Tierheim Würzburg ist das drittälteste in Bayern und hat sich seit seiner Gründung massiv gewandelt.
Bau und Entwicklung des Würzburger Tierheims
"Das damalige Anliegen, sich für bessere Bedingungen bei Tieren einzusetzen, war mehr Büroarbeit als praktische Arbeit mit Tieren", erklärt Maxim Iochim, Tierpfleger und Pressesprecher des Tierschutzvereins. "In den Anfangszeiten wurde die Arbeit in größeren Hallen oder am Schreibtisch verrichtet."
Der Bau des Tierheims auf dem heutigen Gelände am Elferweg begann erst 1960, die Anlage hat seitdem viele Um- und Ausbauten erfahren. Inzwischen befinden sich drei Hundehäuser, ein zweistöckiges Katzenhaus sowie ein Kleintierhaus auf dem Gelände. Außerdem verfügt das Heim über mehrere große Außenbereiche, Quarantänestationen und ein Vogelhaus. "All dies muss natürlich finanziert werden. Die Stadt leistet gute Arbeit, aber wir sind trotzdem dringend auf Hilfe angewiesen", so Iochim.

Elisabeth Haasmann ist seit über 45 Jahren die Kassenwartin des Vereins und hat in ihrer Zeit den Bau von fünf Gebäuden betreut. "Wenn ich so zurückblicke, bin ich immer wieder erstaunt, was wir in all den Jahren geleistet haben", sagt die inzwischen 85-Jährige stolz. Ihre Aufgabe sei für sie mehr Berufung als Arbeit.
Freiwillige Helferinnen und Helfer unterstützen bei der Betreuung der Tiere
Mit über 20 Angestellten und einer Vielzahl von Mitgliedern und freiwilligen Helferinnen und Helfern betreut das Tierheim derzeit 46 Hunde, über 90 Katzen und 64 Kleintiere und Reptilien. "Wir haben viele Studentinnen und Studenten, die Mitglieder sind, weil sie selbst keine Tiere halten können. Sie kommen dann zu uns und gehen beispielsweise mit den Hunden Gassi, so haben alle etwas davon. Wir sind auf solche Menschen angewiesen und freuen uns über jeden, der hilft", sagt Maxim Iochim.
Die überwältigende Anzahl an Katzen komme daher, dass viele Menschen ihre Freigängerkatzen nicht kastrieren ließen und die Tiere dann, wenn sie trächtig würden, mit samt Nachwuchs abgäben, sagt Iochim. "Das ist dann besonders tragisch und für uns ein echtes Problem", so der Pfleger weiter. Der Verein fordere daher schon seit längerem eine Kastrationspflicht für Freigänger. "In Aschaffenburg wurde die Pflicht bereits durchgesetzt und hat direkt für eine positive Entwicklung gesorgt, wir hoffen, sie kommt auch bald bei uns", so der Tierpfleger weiter.
Die Corona-Pandemie wirkt noch nach
Auch die Coronapandemie sei immer noch ein spürbares Problem für das Tierheim, meint Iochim. "Während Corona haben sich sehr viele Menschen besonders Kleintiere, wie Kaninchen, angeschafft, um ihre Kinder zu beschäftigen. Jetzt, wo Corona vorbei ist und die Leute wieder raus können, wollen sie die Tiere nicht mehr", sagt der Pressesprecher.

Ein weiteres Problem, das sich jetzt erst bemerkbar mache, sei die mangelnde Hundeerziehung während des Lockdowns gewesen, sagt der 33-Jährige. "Die Leute konnten nicht in die Hundeschule und haben es oft alleine nicht geschafft, die Tiere richtig zu erziehen. Jetzt sind die Hunde langsam erwachsen und sind nicht mehr zu kontrollieren. Wir werden momentan geradezu mit aggressiven Hunden überrannt und mussten Wartelisten für deren Aufnahme einrichten", sagt Iochim.

Als besonders tragisch empfindet der Pfleger die Schicksale schwer zu vermittelnder Tiere und nennt den sechs Jahre alten Foxterrier Rudi und die vierjährige britische Kurzhaarkatze Bella als Beispiele. "Wir haben so viele tolle Tiere, die aber aufgrund ihrer Geschichte nicht zu jedem passen", sagt er. "Rudi ist ein großartiger Hund und sehr intelligent, aber auch territorial (Hinweis der Redaktion: territorial bedeutet verteidigungsbereit). Bella dagegen ist eine Einzelgängerin, die viel Ruhe braucht. Aber beide wären für Menschen, die damit umgehen könnten, ein wahrer Segen", so Iochim.

Der Trend gehe aktuell immer mehr zu exotischen Tieren, erklärt der Pfleger. "Die Leute wollen was Neues und Aufregendes. Sie schaffen sich immer häufiger Reptilien an, geben diese aber wegen der gestiegenen Stromkosten und des hohen Verbrauchs der Terrarien wieder ab", so Iochim. Die neueste Erweiterung des Heims sei daher ein Außengehege für bis zu zehn Schildkröten. Für die Zukunft wünscht sich das Tierheim ein modernes Katzenhaus für eine noch bessere Pflege der Tiere.
Das Herbstfest des Tierheims mit Jubiläums-Flohmarkt findet an diesem Samstag, 23. September, ab 10 im Elferweg 30 statt. Weiterführende Infos zur Arbeit des Tierheims gibt es unter www.tierheim-wuerzburg.de.