Nikolaus Emmerling ist nachdenklich: "70 Jahre, wenn man überlegt, was wir da alles gemacht haben." Er und seine Frau haben zum Beispiel gemeinsam vier Söhne großgezogen, ein Haus ausgebaut und ein Alter von 93 Jahren erreicht. Am 1. Mai hat das Ehepaar Gnadenhochzeit gefeiert. Mit der Familie waren sie in der Würzburger Hofbräu, wo es zur Feier des Tages Haxen gab. "Mein Mann ist ein Haxen-Esser", erklärt Margarete Emmerling. "War wieder gut", bestätigt dieser.
Das Ehepaar sitzt nebeneinander in ihrer Küche in Versbach. Im selben Raum, um den kleinen Tisch mit der Eckbank, drängten sich bei ihrer Hochzeitfeier vor 70 Jahren 15 Gäste. Getraut wurden sie 1952 vom Bruder des Bräutigams, extra an einem Feiertag, so habe sich niemand frei nehmen müssen. Was es zum Hochzeitsessen gab, wissen sie nicht mehr. "Was Essbares wird es gewesen sein", schmunzelt Nikolaus Emmerling. An den Tag denken die beiden gerne zurück , es sei eine "sehr schöne Feier gewesen", sind sie sich einig. Im Anschluss ging es für das junge Paar aber nicht auf Hochzeitsreise - das frisch bezogene Haus musste renoviert werden.

Sie spielte einen Engel, er verliebte sich
Margarete Emmerling kommt aus Eibelstadt, ihr Mann aus Versbach. An ihr Kennenlernen erinnern sich beide noch lebhaft. In einer Theateraufführung hat sie einen Engel gespielt, er die Kulissen geschoben. "Den Engel will ich", habe er damals gedacht, erinnert sich Nikolaus Emmerling. Als sie sich auf dem Heimweg dann zufällig begegnet sind, hat er ihr angeboten, sie nach Hause zu begleiten. "Gell, du spinnst!", hat Margarete zunächst entgegnet. Wie es dann weiterging? "Er spinnert heute noch". Sie hingegen sei immer noch sein Engel. "Ein E-Engel, kein B-Engel", stellt der Ehemann klar.
"Wenn man noch zu zweit ist, das ist gut."
Margarete Emmerling
Beide leben noch in dem Haus, in das sie damals frisch verheiratet eingezogen sind. Einer ihrer vier Enkel wohnt bei ihnen im ersten Stock und hilft bei Bedarf. "Ein guter Kerl", lobt die Großmutter. Die meisten aus ihrer Familie wohnen noch in der Nähe. Doch die beiden stützen sich auch gegenseitig. Damit haben sie Erfahrung. Seit bei einer Operation vor 70 Jahren ein Nerv verletzt wurde, hört Nikolaus Emmerling schlecht. Wenn er etwas nicht versteht, wiederholt es seine Frau für ihn und er versteht ihre sanfte Stimme sofort. Gerade hat sie eine Hand im Gips, also schneidet er das Brot und begleitet sie zum Arzt. "Wenn man noch zu zweit ist, das ist gut", so Margarete Emmerling.

Was ändert sich in 70 Jahren?
Wie man es schafft, so lange glücklich verheiratet zu sein? Ein Geheimrezept haben die Emmerlings nicht. Man müsse eben "gut zueinander sein" so Margarete. Dass die beiden gut zueinander sind, merkt man. Gemeinsam erzählen und ergänzen sie ihre Erinnerungen, ohne sich dabei ins Wort zu fallen. Sie ist eher ruhig und besonnen, ihr Mann wirkt aktiv und scherzt viel.

Viele Jahre war das Ehepaar in der katholischen Kirchengemeinde in Versbach aktiv. Heute haben sie "keine Verpflichtungen mehr". Jetzt, mit 93, müssen sie etwas langsamer machen. Sie klagen nicht, sie finden Lösungen: Den Gottesdienst schauen sie sich jetzt lieber im Fernsehen an und wenn sie spazieren gehen, ist der Rollator mit dabei. "Die Beine sind nun mal nicht mehr so gut", so Nikolaus Emmerling.
"Auf Händen tragen kann ich sie nicht mehr."
Nikolaus Emmerling
Die Welt um das Paar hat sich verändert seit den 50ern. Beim Lesen der Main-Post stolpern sie manchmal über fremde Wörter. Die müssen ihnen dann die Enkel erklären. Was ihnen zum Schluss noch wichtig ist? "Wir sind sehr glücklich." Das sagen beide und man glaubt es ihnen. Denn ihre Beziehung hat sich nicht verändert. Nur: "Auf Händen tragen kann ich sie nicht mehr", bedauert Nikolaus Emmerling.