In einem knapp einstündigen Video hat sich das "Universelle Leben" (UL) zum Tod seiner "Prophetin" Gabriele Wittek geäußert. Der Film mit dem Titel "Ein Abschiedsbrief an alle, die Gabriele noch gekannt haben" kursiert seit spätestens Mittwoch auf den TV-Kanälen, die die umstrittene Sekte betreibt.
"Nun ist die Zeit gekommen, dass Gabriele, die Prophetin und Botschafterin Gottes, zurückkehrt in das ewige Vaterhaus", geben darin zwei Mitglieder der UL-Spitze den Tod Witteks etwas umständlich bekannt.

"Als Mensch Gabriele wollte sie nie etwas Besonderes sein. Aus Liebe zu Gott und dem Reich Gottes hat sie das schwere Los des Prophetenamtes angenommen und fünf Jahrzehnte getragen", heißt es in dem Film, der der Redaktion vorliegt. Und weiter: "Über ihre hohe geistige Herkunft zu wissen, war ihr immer eine Last, die sie als Mensch zu erdrücken schien."

Unterdessen bleibt unklar, wann Wittek, die am 7. Oktober 1933 geboren worden war, gestorben ist. Die zuständigen Meldeämter in Marktheidenfeld (Lkr. Main-Spessart) und Hettstadt (Lkr. Würzburg) bestätigen zwar den Tod, geben aber keine Auskunft über das Sterbedatum und verweisen auf rechtliche Gründe. Das UL ließ eine Anfrage der Redaktion zum Tod der selbsternannten "Posaune Gottes" unbeantwortet.
UL-Video: Letzte Offenbarung im Mai und Abschiedsbrief im August
In dem Video heißt es, dass Wittek im Mai 2024 eine letzte Offenbarung erhalten habe. Am 16. August habe Gott "durch Gabriele, seine Prophetin und Botschafterin", darum gebeten, einen Abschiedsbrief zu schreiben. Dabei sei es "Gabi", wie einer der Sprecher sie nennt, da "dem Alter entsprechend gut" gegangen.
Sie wusste, dass sie heimgeholt werde, "ganz kurz, bevor der Untergang der Menschheit beginnt", heißt es weiter. Sie habe "nicht daran gezweifelt, dass das Massenaussterben der Menschheit unmittelbar bevorsteht".

Es sind diese "klaren Endzeitbotschaften", die Dr. Matthias Pöhlmann in dem Video besonders auffällig findet. So sei auch davon die Rede, dass sich die Materie auflöse, erklärt der Beauftragte für Sekten- und Weltanschauungsfragen bei der evangelischen Landeskirche. Und es werde darauf Bezug genommen, dass schon mehrfach vor dem Ende der Welt gewarnt worden sei.
Er beobachte in dem Beitrag, dass die Rolle der "Prophetin" weiterhin zunehmend überhöht werde, sagt Pöhlmann. Sie werde zur "Inkarnation der göttlichen Weisheit" erhoben. Der sogenannte Abschiedsbrief werde "im Wesentlichen als medial empfangene Botschaft von Jesus selbst dargestellt".
Weltanschauungsbeauftragter: Witteks Tod ist eine Zäsur
Der Weltanschauungsbeauftragte des Bistums Würzburg, Dr. Jürgen Lohmayer, nennt den Tod von Gabriele Wittek eine Zäsur. Allerdings sei unklar, "wie stark und wie bestimmend" die betagte Sektengründerin noch tatsächlich gewirkt habe. Spirituell sei das UL in den vergangenen Jahren ohnehin "eher unsichtbar" gewesen.
Lohmayer ist deshalb auch nicht überrascht, dass das UL um den Tod von Wittek kein Aufhebens macht. Wie viele Anhängerinnen und Anhänger das UL hat, dazu macht die Glaubensgemeinschaft keine offiziellen Angaben. Experten gehen mittlerweile von weniger als 1000 Mitgliedern aus.
Die zahlreichen Betriebe im Umfeld würden ohnehin weiterlaufen, ist Lohmayer sicher. Die religiöse Komponente des UL werde jedoch stagnieren: "Das Spirituelle wird weiter ausdünnen." Spätestens dann, wenn auch die Anhänger der ersten Stunde, die der UL-Spitze zuzurechnen sind, gestorben sind.
Kein neues Kreuz an "Gedenkstätte" am "Zelt Gottes" in Altfeld
Eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger Witteks wird es jedenfalls nicht geben. Das hat das UL selbst immer wieder betont. Pöhlmann glaubt, man werde nun das Erbe der "Prophetin" verwalten. Eine Archivierung ihrer "sogenannten Prophezeiungen hat ja längst stattgefunden", sagt der Sektenexperte: "Man hatte auch genügend Zeit, sich auf die Post-Gabriele-Ära vorzubereiten."
Was in der öffentlichen Wahrnehmung bleibt, sind sich die Weltanschauungsbeauftragten einig, seien die diversen Bautätigkeiten des UL. Einerseits habe das UL "immer auf die Kirche als Institution und auf Kirchen aus Stein geschimpft", erinnert Pöhlmann. Andererseits trete "seit geraumer Zeit eine Institutionalisierung beim UL selbst ein" und es existierten Bauten wie das "Zelt Gottes" in Altfeld (Lkr. Main-Spessart).

In dem riesigen Kuppelbau mit angeschlossener UL-Bibliothek wies auch am Donnerstag nichts auf den Tod Witteks hin. Hinter dem sakralbauartigen Gebetszelt stehen 17 große Kreuze. Eine "Gedenkstätte für alle wahren Gottespropheten" – von Abraham über Jesus bis Stephanus. Ein Kreuz für Gabriele Wittek fehlt.