Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Stadt Würzburg
Icon Pfeil nach unten

Würzburg: Abstieg der Kaiserstraße in Würzburg: Leerstand und Billigläden trotz Millionensanierung

Würzburg

Abstieg der Kaiserstraße in Würzburg: Leerstand und Billigläden trotz Millionensanierung

    • |
    • |
    In der Kaiserstraße stehen immer mehr Geschäfte leer. Zum Beispiel der Laden, in dem bis vor kurzen das Modegeschäft Benetton war. 
    In der Kaiserstraße stehen immer mehr Geschäfte leer. Zum Beispiel der Laden, in dem bis vor kurzen das Modegeschäft Benetton war.  Foto: Daniel Peter

    Geschäfte wechseln in der Kaiserstraße schon länger schneller ihre Mieter als in der übrigen Innenstadt. Doch jetzt finden hier immer mehr Läden überhaupt keinen Nachmieter mehr: Neun sind es aktuell und einige davon stehen seit Jahren leer. "Der Leerstand in der Kaiserstraße macht uns Sorgen", sagt Volker Wedde, unterfränkischer Bezirksgeschäftsführer vom Handelsverband Bayern. Wie hat sich die Verbindungsstraße zwischen Bahnhof und Innenstadt zum Sorgenkind entwickelt und was kann man jetzt tun?

    Die H&M-Filiale in der Kaiserstraße hat bereits 2018 dicht gemacht, als der Modekonzern deutschlandweit kleinere Läden aufgab. Die Laufgeschäft-Kette Runners Point machte 2020 pleite, die Modekette Orsay im vergangenen Juni. Als nächstes schließt Ende April Gamestop - der Videospielhändler macht jede zweite Filiale in Deutschland dicht.

    "Es liegt also nicht an der Kaiserstraße, dass diese und andere Filialen weg sind", sagt Wolfgang Weier, Geschäftsführer des Stadtmarketingvereins "Würzburg macht Spaß". Allerdings habe die Häufung dieser Schließungen in den vergangenen Jahren Folgen.

    Die Nach-Unten-Spirale der Kaiserstraße in Würzburg

    Denn je mehr der rund 50 Läden leer stehen, desto schwerer lässt sich das ändern: Weil Geschäftsleute glauben, in dieser Umgebung kein Geld mehr verdienen zu können, siedeln sich immer mehr Läden im niedrigeren Preissegment wie Fastfood, Deko-Artikel oder Billigmode an. Weier: "In der Kaiserstraße hat leider ein klassischer Downtrading-Prozess eingesetzt."

    Deutlicher Beweis für die Nach-unten-Spirale im Handel ist die Schließung der Benetton-Filiale Anfang des Jahres. Laut Weier sucht der italienische Modehändler neue Räume: Er will in Würzburg bleiben, aber nicht in der Kaiserstraße.

    Die Kaiserstraße vor der Sanierung im Jahr 2010.
    Die Kaiserstraße vor der Sanierung im Jahr 2010. Foto: Norbert Schwarzott

    Hauseigentümer berichten der Redaktion, dass sie ihre Ladenflächen bis zu einem Drittel günstiger anbieten - und trotzdem keine Mieter finden. An der Frequenz liegt es nicht: Denn durch die rund 300 Meter zwischen Röntgenring und Juliuspromenade laufen viele Menschen. "Doch die bleiben nirgendwo stehen", sagt Handelsverbandsgeschäftsführer Wedde. "Die Kaiserstraße ist eine Durchgangsstraße geworden." Stadtmarketing-Chef Weier nennt sie "Rennstrecke ohne Stopps". 

    Was hat die Umgestaltung der Kaiserstraße in Würzburg für 5,8 Millionen Euro gebracht?

    Dabei sind Umbau und Sanierung der Kaiserstraße erst fünf Jahre her. Für 5,8 Millionen Euro wurden Pflaster und Asphalt durch einen einheitlichen Granitbelag ersetzt, die Beleuchtung wurde erneuert und die Gehsteige abgesenkt. Das Ziel: Die Fußgängerzone sollte zum Schlendern einladen. 

    Geklappt hat das nicht. Zum einen dominieren Straßenbahn und Anlieferverkehr weiter die Fahrbahn.  Zum anderen hält die Passanten beim Durchlaufen wenig auf. Wedde: "In der Planung hätte man einiges besser machen können."

    Die  Kaiserstraße nach der Sanierung im Herbst 2022.
    Die  Kaiserstraße nach der Sanierung im Herbst 2022. Foto: Thomas Obermeier

    Dabei waren die Probleme der Straße lange bekannt. Geschäftsleute hatten 1992 die Einführung der Fußgängerzone und vor allem 1998 den Wegfall der Straba-Haltestelle beklagt. Um die Straße neu zu gliedern, waren 2014 deshalb fünf "Inseln" geplant. Ensembles aus Bank, Plakatsäule, Pflanzkübeln und Abfallkorb, die in einem grellen Grün das graue Einerlei der Straße unterbrechen sollten. Verwirklicht wurden dann drei geschwungene Bänke auf der rechten Seite, umstrittene Palmen-Kübel und einige Mülltonnen sowie ein Leuchtband, dessen Leuchten laut Anwohner zum größten Teil kaputt sind.

    "An städtebaulichen Gründen liegt es nicht, dass in der Kaiserstraße einige Geschäfte leer stehen", sagt Peter Wiegand, der im Baureferat den dreijährigen Umbau leitete. Soll heißen: Mehr könne man aufgrund der Gegebenheiten, wie zum Beispiel der Straßenbahn und den Leitungen im Untergrund, die das Pflanzen von Bäumen nicht ermöglichen, aus der Straße nicht machen. "Über die Ästhetik der Umgestaltung kann man streiten", räumt Wiegand ein. "Aber wir würden bei der Gestaltung heute sicher wieder denselben Weg gehen."

    Wie Hauseigentümer die Situation sehen: Die Leute kommen nicht mehr in die Kaiserstraße  

    "Der Umbau der Straße war nötig, aber er hat die Entwicklung nicht verhindert", sagt Hauseigentümer Franz Wohlfart. Denn die Aufenthaltsqualität der Straße sei nicht wirklich verbessert worden. Der 70-Jährige lebt seit seiner Geburt in der Kaiserstraße und ist über den Niedergang seiner Straße traurig.

    Was kann man jetzt machen? Volker Wedde vom Einzelhandelsverband schlägt zum Beispiel vor, dass den Geschäften mehr Werbeschilder erlaubt werden. Stadtmarketing-Chef Wolfgang Weier weiß, dass viele Hausbesitzer bereit wären, Patenschaften für Pflanzen zu übernehmen. "Viele wünschen sich auch wieder besondere Werbeaktionen für ihre Straße." Beide Handelsexperten glauben, dass auch mehr Außengastronomie der Straße helfen würde.

    Die Erlaubnis, mehr Tische und Stühle auf die Gehwege zu stellen, stellt städtischer Projektleiter Wiegand zumindest für die Ostseite der Straße in Aussicht. Er glaubt, dass dadurch mehr Gastronomie in die Kaiserstraße kommt und Passanten länger in ihr bleiben.

    Die Möblierung der Kaiserstraße war 2014 in neongrün geplant. 
    Die Möblierung der Kaiserstraße war 2014 in neongrün geplant.  Foto: Matthias Braun

    Die Entwicklung der Kaiserstraße ist laut Wiegand kein spezifisches Problem, sondern finde in anderen Städten in Straßen in Bahnhofsnähe ähnlich statt. "Dennoch wollen wir das nicht so einfach hinnehmen." Auch Hauseigentümer Wohlfart gibt seine Straße nicht auf und appelliert an Anwohner, Geschäftsinhaber und Vertreter von Stadt und Verbänden: "Wir müssen uns alle zusammensetzen, um das Sterben der Straße aufzuhalten."

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden