Der Kreisverband Würzburg der Alternative für Deutschland (AfD) hat am Wochenende in den Greisinghäusern in der Würzburger Neubaustraße seinen Direktkandidaten für die Bundestagswahl im September gewählt. Er heißt Hansjörg Müller und setzte sich gegen seine Mitkandidaten André Lihl und Thomas Gram durch. Müller sitzt seit 2017 für den Wahlkreis Traunstein/Berchtesgaden für die AfD im Deutschen Bundestag. Er hat sein Wahlkreisbüro im oberbayerischen Aying und will jetzt laut Pressemitteilung in seine Vaterstadt zurückkehren. In seiner über Youtube und Facebook verbreiteten Vorstellungsrede am Wochenende hatte er familiäre Gründe für seine Rückkehr nach Würzburg genannt.

Befürworter einer Verständigung mit Russland
Hansjörg Müller wurde 1968 in Treuchtlingen geboren und wuchs in Würzburg auf. Laut Pressemitteilung war er als Jugendlicher Mitglied in verschiedenen Würzburger Vereinen und spielte dort Fußball und ruderte. Er studierte in Würzburg und Passau VWL und legte 1989 an der Uni Würzburg das Russicum ab.

Müller ist laut AfD-Pressemitteilung Diplom-Volkswirt, arbeitete bis 2017 als Sanierungsgeschäftsführer für international tätige Unternehmen. Mit einer Russin verheiratet tritt er nach eigenen Angaben für eine Verständigung mit Russland ein und ist Außenwirtschaftspolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion. Aktuell leitet er kommissarisch als 1. stellvertretender Landesvorsitzender den bayerischen Landesverband. Er ist seit 2013 Mitglied der AfD und wurde über die Landesliste Bayern in den Deutschen Bundestag gewählt. Bei der Aufstellungsversammlung in seinem alten Wahlkreis war Müller Anfang Januar bei der Wahl des Direktkandidaten seinem Kontrahenten unterlegen.
Müller gehört laut Medienberichten zum rechten Flügel der AfD und war Mitunterzeichner der "Erfurter Resolution", die der Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke mitinitiiert hatte. Laut Bundespolizei soll Müller zu den AfD-Abgeordneten gehört haben, deren Gäste im vergangenen November Abgeordnete im Bundestag während einer Debatte um ein neues Infektionsschutzgesetz bedrängt und belästigt hatten. Der AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland hatte danach eingeräumt, das Verhalten der Gäste sei "unzivilisiert" gewesen und sich entschuldigt. Müller hatte anschließend erklärt, beim Einlass seiner Gäste habe sich "auch eine Bloggerin ohne meine Kenntnis mit Zugang über mein Büro" Einlass verschafft.
Auch Delegierte für einen geplanten Delegiertenparteitag gewählt
Kritik auch aus rechten Reihen erntete er vor wenigen Tagen für sein Verhalten am Frankfurter Flughafen. Dort hatte er nach seiner Ankunft aus Moskau Flughafenangestellte, die sich um die Einhaltung der Corona-Regeln kümmerten, unter anderem als "aufgeplustert" bezeichnet. Ein Video davon veröffentlichte er im sozialen Netzwerk Twitter.

Außer dem Direktkandidaten wählte die Würzburger AfD am Wochenende auch Delegierte für einen eventuell stattfindenden Delegiertenparteitag. Dieser werde notwendig, so die Pressemitteilung, falls ein angestrebter Mitgliederparteitag aufgrund der Coronabeschränkungen nicht stattfinden könne und auch eine Briefwahl nicht möglich sei. Als Delegierte wurden dafür auf den ersten fünf Plätzen gewählt: Mario Cerdini, Erika Lenz, Silvio Kante, Ludwig Mechler und Thomas Bayer.