Plötzlich wird es dann doch noch hektisch. „Stehen bleiben. Motor ausmachen“, ruft Stefan Oschmann dem etwas irritierten Marktverkäufer zu, der gerade seinen vollbepackten Wagen wegfahren wollte. In letzter Minute hält er sein Auto an, schon fährt das erste Polizeifahrzeug vor den Rathauseingang. Während sich Africa-Festival-Organisator Oschmann gemeinsam mit Oberbürgermeister Christian Schuchardt, Moderatorin Sara Bergh und Geschichtenerzähler Ibrahima Ndiaye entlang des Roten Teppichs aufstellt, rollt ein schwarzer Wagen nach dem nächsten an. Aus dem mittleren steigt der Mann, der als künftiger Präsident ganz Tansanias gehandelt wird: Der Präsident der teilautonomen Insel Sansibar, Ali Mohamed Shein. Und wie es sich gehört, ist er nicht allein.
In bunten Gewändern und schwarzen Anzügen schreiten die First Lady Mwanamwena Shein, Minister für Landwirtschaft, Kultur und internationale Beziehungen, ein Privatarzt, persönliche Assistenten, Sicherheitsbeamte, ein Hausfotograf und Personal über den Teppich ins Rathaus. Im Wenzelsaal des Grafeneckart wartet Bürgermeister Adolf Bauer mit Mitgliedern des Stadtrates auf die 24 Gäste. In einem kurzen Grußwort heißt OB Schuchardt die Teilnehmer sogar namentlich Willkommen – auch wenn seine Aussprache bei dem ein oder anderen Gast zu einem Schmunzeln führt.
„Würzburg ist ein Zentrum des Dialoges und des Austausches zwischen Deutschland und Afrika“, betont Schuchardt und der Präsident nickt. Ali Mohamed Shein ist zum ersten Mal in Würzburg, da sein Land der Schwerpunkt des Africa Festivals 2015 ist. Die Stadt kennt der Politiker allerdings schon aus seiner Zeit als Gesundheitsminister von Tansania. Denn die Missionsärztliche Klinik Würzburg arbeitet schon länger eng mit dem Bugando Hospital in Mwanza zusammen. Das ist der Grund, dass nun ein Besuch der Würzburger Uniklinik auf dem Programm des studierten Mediziners und seiner Delegation steht.
Doch zunächst kommen die offiziellen „Müsser“: Kurze Ansprache, Eintrag in das Goldene Buch der Stadt, Dankesworte des Präsidenten, Übergabe von Geschenken (Der „Tanzende Schäfer“ aus Porzellan tanzt nach Sansibar, eine afrikanische Miniatur-Holztüre kommt nach Würzburg), ein alkoholfreier Sektempfang (fast alle Sansibaren sind Muslime) und eine kurze Führung durch das Rathaus. Immer geht der 67-jährige Präsident voran, seine Ehefrau mit Assistentin folgt, dahinter Minister und Personal. Zur Erholung geht es ins Vier-Sterne-Maritim Hotel, in dem die gesamte Delegation während ihres Besuches untergebracht ist.
"The next one will be the queen of Sweden." Der Präsident von Sansibar, Ali Mohamed Shein, trägt sich gerade in das Goldene Buch der Stadt ein. (Video: Meike Rost) #afwue15 Posted by Main-Post Redaktion Würzburg on Freitag, 5. Juni 2015
Um sieben Uhr in der Früh waren die Sansibaren am Donnerstag auf dem Frankfurter Flughafen gelandet. Den ersten Tag nutzte die Gruppe für einen Besuch auf den Mainwiesen. „Ich komme aus Afrika, was soll ich sagen, ich liebe das Africa Festival“, sagt der Politiker und fügt mit einem Grinsen hinzu, „Wir haben so ein Festival auch bei uns.“
Und noch eine Gemeinsamkeit gibt es zwischen Würzburg und der Insel Sansibar: Beide haben ein Weltkulturerbe zu bieten. Denn das historische Zentrum der Inselhauptstadt, bekannt als „Stone Town“, steht seit dem Jahr 2000 unter dem Schutz der Unesco, die Residenz seit 1981. Grund genug für den Shein, mit seinem Gefolge an einer Führung durch das Weltkulturerbe teilzunehmen. Um sicher dorthin zu gelangen, steht ein ganzer Tross Autos, Sicherheitsmänner und ein Shuttlebus auf der Straße vor dem Maritim – und zieht die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich.
„Was ist denn da los? Ist da ein König da oder was?“, fragt ein irritierter älterer Herr mit Strohhut und Bermuda-Hosen in die Runde. Ohne eine Antwort abzuwarten, zückt er seine Digitalkamera und knipst los. „Wann hat man schon mal so 'ne Möglichkeit“, schwärmt er – unbeeindruckt davon, dass die Wagen alle noch leer stehen. Nach und nach kommen die ersten Assistenten aus der Eingangshalle, setzen sich in den eigens gemieteten gelben Bus mit der Nummer „999“ – und warten. Erst als der Präsident und seine Gattin in den jeweiligen Wagen sitzen (sie fährt mit Assistentin und Sicherheitsmann vor, sein Chauffeur hinterher), setzt sich auch der Bus in Bewegung. Unter der Mainbrücke durch geht es über die Neubaustraße an amerikanischen Touristengruppen vorbei direkt vor den Eingang der Residenz.
Hier warten schon die nächsten Händeschüttler auf die Gruppe. Der Chef der Schlossverwaltung, Gerhard Weiler, und sein Kollege Adrian Börner führen die 24 Gäste in englischer Sprache durch die Eingangshalle über die breiten Treppen in den Spiegelsaal, erklärt die Wandgemälde und Materialien. „Möchten Sie hier entlang gehen?“, fragt Börner den Präsidenten höflich. Shein nickt freundlich, das Gefolge folgt.
Nur einer ist das Programm bei 30 Grad irgendwann zu anstrengend: Während sich ihr Mann in der Residenz über das Material der Böden ausfragt, setzte sich die First Lady erschöpft auf eine kleine Bank, greift in ihre Tasche, zückt das Handy – und zeigt ihrer Assistentin lustige Bilder ihrer Enkelkinder.