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Kirchheim: Aggressivität hat massiv zugenommen: Grüne im Landkreis Würzburg wappnen sich mit Hilfe aus Berlin gegen Angriffe

Kirchheim

Aggressivität hat massiv zugenommen: Grüne im Landkreis Würzburg wappnen sich mit Hilfe aus Berlin gegen Angriffe

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    Stimmungsmache gegen die Grünen, wie hier auf einer Demonstration im Aschaffenburg im vergangenen Jahr, ist häufig das Ergebnis gezielter Kampagnen im Internet.
    Stimmungsmache gegen die Grünen, wie hier auf einer Demonstration im Aschaffenburg im vergangenen Jahr, ist häufig das Ergebnis gezielter Kampagnen im Internet. Foto: Stefan Gregor (Archivbild)

    Mit Kunstblut beschmierte Politiker-Strohpuppen in Würzburg, aggressive Demonstrationen in Aschaffenburg, Wackersteine vor dem Parteibüro in Hammelburg: Die Grünen in Unterfranken fühlen sich zunehmend bedroht. Grund dafür sind häufig organisierte Kampagnen im Internet.

    Auch tatsächliche Angriffe auf Politikerinnen und Politiker der Grünen haben stark zugenommen, wie eine Auswertung der Bundesregierung Anfang des Jahres ergeben hatte: 224 solcher Vorfälle gab es demnach deutschlandweit im vergangenen Jahr. Das sind fast 100 mehr als im Vorjahr und fast doppelt so viele wie gegen die AfD, die laut Auswertung an zweiter Stelle steht.

    "Bald wirft der erste hin": Eindringliche Warnung von Rechtsanwalt Chan-jo Jun 

    "Das macht etwas mit einem", sagte am Sonntag Jessica Hecht, Vorsitzende der Grünen im Landkreis Würzburg. Unter dem Motto "Hass im Netz – Gefahr für die Demokratie?" hatten die Grünen in Kirchheim zum Jahresempfang geladen. Gekommen waren etwa 100 Parteimitglieder sowie einige Vertreterinnen und Vertreter von CSU und SPD.

    "Ich finde es sehr schön, dass wir über Parteigrenzen hinweg zusammengekommen sind", sagte Kirchheims ebenfalls anwesender grüner Bürgermeister Christian Stück. Leider sehe die Realität anders aus, sobald man sich als Grüner im Internet bewege.

    HateAid-Gründerin Anna-Lena von Hodenberg (links) hatte Ratschläge gegen Online-Hetze für die Grünen im Landkreis Würzburg.
    HateAid-Gründerin Anna-Lena von Hodenberg (links) hatte Ratschläge gegen Online-Hetze für die Grünen im Landkreis Würzburg. Foto: Patty Varasano

    Das war das Stichwort für Rechtsanwalt Chan-jo Jun, Würzburgs prominentester Stimme gegen Hass im Internet, der eine Videobotschaft aufgenommen hatte. Die Demokratie auf kommunaler Ebene sei bedroht, sagte Jun. Wenn unliebsame Stimmen nur intensiv genug angegriffen würden, verstummten diese: "Bald wirft der erste hin. Nie wieder ist jetzt. Der Hass ist mächtig."

    Daran knüpfte Rednerin Anna-Lena von Hodenberg, Gründerin der Organisation HateAid an. HateAid berät und unterstützt Betroffene von politischer Hassrede und Gewalt. Die gemeinnützige Organisation aus Berlin hat schon Grünen-Politikerin Renate Künast und Klima-Aktivistin Luisa Neubauer vertreten. "Wir beobachten eine Erosion der Säulen der Demokratie in der Fläche", sagte von Hodenberg.

    Ungeschützte Daten im Internet werden oft als Angriffsfläche genommen

    Der Mord am hessischen Politiker Walter Lübcke, der Tankstellenmord-Mord von Idar-Oberstein und die zunehmende Gewalt auch gegen Rettungskräfte seien kein Zufall: "Wir wissen, dass ein Großteil der organisierten Hasskampagnen aus dem rechtsextremen Bereich kommt", sagte von Hodenberg.

    Rund 100 Parteimitglieder waren zum Jahresempfang in die Turnhalle in Kirchheim gekommen.
    Rund 100 Parteimitglieder waren zum Jahresempfang in die Turnhalle in Kirchheim gekommen. Foto: Patty Varasano

    Über Telegram würden Shitstorms organisiert. Durch Mobbing, Beleidigung und sexualisierte Gewalt würden insbesondere junge Frauen mundtot gemacht. Angriffsfläche böten etwa Daten wie Fotos und Adressen, die oftmals ungeschützt abrufbar seien. IT-Sicherheit in Form von sicheren Passwörtern sei unverzichtbar. Auch eine Auskunftssperre im Melderegister sei wichtig, um den eigenen Wohnort zu schützen. Zudem, sagte von Hodenberg, müssten Plattformbetreiber gezwungen werden, besser gegen Hass vorzugehen.

    Grünen-Politiker Sebastian Hansen aus Waldbüttelbrunn wurde mehrfach bedroht

    Nachwuchspolitiker Sebastian Hansen, zweiter Bürgermeister von Waldbüttelbrunn, wurde schon mehrfach bedroht: Als Bundestagskandidat der Grünen war er während der Corona-Pandemie stark exponiert: In Telegram-Chatgruppen ergoss sich Hass und Häme gegen ihn, auf der Straße wurde er von einem einschlägig vorbestraften Täter verfolgt, beleidigt und bedroht.

    Auch Hansens Adresse hatte der Mann ausfindig gemacht. Was macht das mit einem Nachwuchspolitiker? "Den Hass im Netz lasse ich nicht mehr an mich ran", sagte Hansen am Sonntag im Gespräch mit der Redaktion. Aber: "Auf der Straße bin ich vorsichtiger und schaue mich öfter um."

    Grünen-Kommunalpolitiker Sebastian Hansen aus Waldbüttelbrunn wurde schon mehrfach bedroht. 
    Grünen-Kommunalpolitiker Sebastian Hansen aus Waldbüttelbrunn wurde schon mehrfach bedroht.  Foto: Patty Varasano

    Viele der Anwesenden fühlten sich angegriffen, sagte die Kreisvorsitzende Jessica Hecht. Jedoch gebe es auch positive Entwicklungen, wie etwa die Demonstrationen gegen Deportationsfantasien der AfD, die deutschlandweit Tausende auf die Straße treiben: "Was für eine Ermutigung, was für ein Hoffnungszeichen", sagte Hecht.

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