Mitten im Fasching wird die Gilde Giemaul von Bildern eingeholt, die ihr wenig Spaß bereiteten: In einem Berufungsprozess hatte es am Dienstag vor dem Landgericht Würzburg erneut um die Frage gehen sollen: Waren die Aufnahmen volksverhetzend und damit strafbar, die ein hoher Funktionär der Faschingsgesellschaft im Würzburger Stadtteil Heidingsfeld mit anderen geteilt hatte? Gegen das Urteil im Juni 2019 legten beide Seiten Rechtsmittel ein, weshalb der Funktionär nun erneut vor Gericht steht und seine Faschingsfreunde sowie die ehemalige Giemaul-Funktionärin in den Zeugenstand müssen.
Doch die Verhandlung am Dienstagvormittag wurde kurzfristig wegen der Erkrankung eines beteiligten Anwalts abgesagt und muss neu terminiert werden.
Bild erreichte traurige Bekanntheit
Traurige Bekanntheit hat vor allem eines der Bilder erlangt, die der Angeklagte in die "11er-Unsinn-Gruppe" auf WhatsApp gestellt hatte: Ein Soldaten der Wehrmacht zielt mit der Mündung des Maschinengewehrs auf den Betrachter. Darunter steht: "Das schnellste deutsche Asylverfahren. Lehnt bis zu 1400 Anträge in der Minute ab." Die WhatsApp-Gruppe war offiziell privat, doch gehörten ihr vor allem Elferräte und andere Funktionäre der Gilde an, auch der Giemaul-Präsident.
Das deutschlandweit vielfach verbreitete Bild erregte sogar Abscheu im Deutschen Bundestag, als bekannt wurde, dass es der AfD-Abgeordnete Stefan Keuter weitergeleitet hatte. Gerichte quer durch Deutschland sahen darin weder Satire "im Stil wie Ostfriesenwitze", wie der Anwalt des Würzburgers vor Gericht verharmlosend angegeben hatte, noch einen Grenzfall. Das Bild sei eindeutig Volksverhetzung, so die Richter. In Prozessen in Neuruppin und Meißen gab es Geldstrafen gegen die Angeklagten – ebenso in Würzburg, wo der Karnevalist in erster Instanz zu 7000 Euro Geldstrafe verurteilt wurde.
Inzwischen Musterbeispiel für Hasspostings
Seit kurzem gilt dieses Bild sogar als Musterbeispiel für jene fremdenfeindlichen "Hasspostings", die Betreiber sozialer Netzwerke künftig dem Bundeskriminalamt (BKA) melden sollen. Auf das Meldeverfahren haben sich Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) geeinigt, die Innenminister der Länder stimmten zu.
In Würzburg hatte der Fall für viel Aufregung gesorgt – auch deshalb, weil die Gilde nicht den Versender attackierte, sondern die stellvertretende Vorsitzende. Sie hatte intern gefordert, solche Äußerungen zu unterbinden. Am Ende wurde sie als Nestbeschmutzerin aus dem Verein geekelt. Der Funktionär wollte ihr jede Äußerung dazu gerichtlich verbieten – doch das Gericht gab der Frau Recht, der Fall wurde öffentlich bekannt.
Später öffentlich davon distanziert
Als sich auch der Würzburger Oberbürgermeister Christian Schuchardt öffentlich distanzierte und andere Faschingsvereine ihr Befremden zeigten, betonte die Gilde, dass sie Fremdenfeindlichkeit ablehne. Der Funktionär legte sein Amt nieder. Doch als Angeklagter sah er sich als das eigentliche Opfer. Sein Anwalt argumentierte vor Gericht, das Bild mit dem Maschinengewehr sei nur in der internen Gruppe einsehbar gewesen.
"Der Angeklagte konnte nicht darauf vertrauen, dass die Bilder in der WhatsApp-Gruppe bleiben. Damit ist der Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt," machte Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach indes im Prozess deutlich. Auch bei einem weiteren Bild sah er den Angeklagten in der Pflicht.
Wann der Berufungsprozess nachgeholt wird, steht noch nicht fest.