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Würzburg: Alleinerziehend durch die Weihnachtszeit

Würzburg

Alleinerziehend durch die Weihnachtszeit

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    Hat man seinen Partner verloren, hat man es in der Weihnachtszeit besonders schwer. 
    Hat man seinen Partner verloren, hat man es in der Weihnachtszeit besonders schwer.  Foto: GettyImages (Symbolfoto)

    Den 8. April 2001 wird Ulrike Langhans nie wieder vergessen. Das ist der Tag, an dem sie ihren Mann verloren hat. Der Tag, an dem sie alleinerziehende Mutter von drei Kindern geworden ist. „Er lag im Krankenhaus, ich habe noch mit ihm telefoniert, dann hat er auf einmal gesagt, dass ihm schlecht sei, er wurde bewusstlos.  Das war das letzte Mal, dass ich mit ihm gesprochen habe“, erinnert sich die heute 56-Jährige. Ihr Mann litt an Herzinsuffizienz, galt aber als stabil.

    Diese Erfahrung, plötzlich für die Erziehung alleine verantwortlich zu sein, müssen viele Elternteile machen. Langhans hat damals lange mit der Situation zu kämpfen gehabt, hat gemerkt, dass niemand sie versteht, hat Hilfe gesucht, aber keine bekommen. Deshalb fasste sie drei Jahre später den Entschluss, selbst zu helfen, und gründete 2003 die Selbsthilfegruppe „Alleinerziehend durch Todesfall“ über das Aktivbüro der Stadt Würzburg. In diesem Jahr feiern sie 15-jähriges Jubiläum.

    Gerade die Weihnachtszeit sei eine besondere Herausforderung für alleinerziehende Mütter und Väter, sagt Langhans. Weihnachten, als das Fest der Liebe, der Familie und der Zusammengehörigkeit, bringt einen zum Nachdenken – mehr als unter dem Jahr schon. "Man sollte anfangen Weihnachten zu 'planen'", rät sie, "in sich hineinhören, was ich wirklich will, wie will ich Weihnachten in dieser schweren Zeit erleben, was ist erträglich für mich?" Weihnachten könne auch einfach mal ausfallen. Sie beispielsweise konnte in der ersten Zeit ihre Mutter nicht sehen. "Ich wusste, dass sie mich einfach verrückt machen würde."

    "Leider gibt es kein Patentrezept in der Trauer."

    Ulrike Langhans, Leiterin der Selbsthilfegruppe "Alleinerziehend durch Todesfall"

    Rituale seien in der Zeit des Trauerns besonders wichtig, weiß sie. "Während ich anfangs das Arbeitszimmer meines Mannes nicht betreten konnte, haben wir uns später als Familie jeden Abend dort versammelt", erzählt sie. "Wir", das sind Langhans und ihre drei Söhne. Eins, drei und acht Jahre waren sie alt, als sie sich von ihrem Vater verabschieden mussten. Gemeinsam haben sie dort gebetet, Gedichte gelesen und einfach getrauert. "Das hat uns Kraft und Halt gegeben", sagt sie. Genau das empfiehlt die Würzburgerin auch den Teilnehmern ihrer Trauergruppe. Man solle in sich hinein horchen, was man jetzt am meisten braucht. "Leider gibt es kein Patentrezept in der Trauer.".

    Telefonisch mit Trauernden in Verbindung

    Zehn Mitglieder kann Langhans regelmäßig bei ihren Treffen, die etwa alle sechs Wochen stattfinden, begrüßen. "Oft kommen aber auch nur sechs oder sieben", erzählt sie. 80 Prozent davon seien Frauen. "Männer sind einfach verschlossener", weiß die Würzburgerin. Leiden würden sie aber genauso sehr, sie gehen nur anders um mit ihrer Trauer. Kinder kommen in der Regel nicht mit.

    Neben den Treffen steht Langhans viel telefonisch mit den Menschen in Verbindung. Wenn sie weiß, dass es einer Person besonders schlecht geht, wird sie aktiv und ruft an. "Es ist wichtig, auf die Trauernden zu zugehen", weiß sie. Hat eine Person erst vor kurzem einen geliebten Menschen verloren, seien ihre Sinne besonders geschärft. "Man merkt sofort, wenn jemand einem aus dem Weg geht." Auch Langhans hat diese Erfahrung machen müssen. "Ich habe damals viele Freunde verloren, aber auch neue hinzugewonnen", erinnert sie sich.

    Ulrike Langhans hat 2003 die Selbsthilfegruppe ins Leben gerufen.
    Ulrike Langhans hat 2003 die Selbsthilfegruppe ins Leben gerufen. Foto: CSU

    Bei den monatlichen Gruppentreffen wird viel geredet, aber auch unternommen. So fanden beispielsweise schon Trauerwanderungen statt, Gedichtslesungen oder gemeinsame Friedhofsbesuche. Zur Weihnachtszeit gebe es keine vermehrten Gruppentreffen, erzählt die Leiterin, sie sei jedoch jederzeit über die Telefonberatung erreichbar. Ihre Hilfe ging sogar schon so weit, dass sie an Heiligabend zu sich eingeladen hat. „Drei Frauen, ein Mann und deren Kinder kamen dann zu uns“, erinnert sie sich. Es gab einen unförmigen Weihnachtsbaum, leckeres Essen und vor allem Zusammengehörigkeit. „Keiner hat sich in diesem Moment alleine gefühlt“, sagt sie.

    Jeder Mensch trauert anders

    Etwa alle zwei bis drei Jahre wechseln die Teilnehmer der Selbsthilfegruppe, viele kommen nach einiger Zeit einfach nicht mehr. „Die ersten Phasen des Trauerns sind dann vorbei“, erzählt Langhans. Einige jedoch sind auch nach Jahren noch dabei. „Jeder trauert auf seine eigene Art und Weise.“ Ihr persönlich helfe es, anderen zu helfen. Das empfiehlt sie auch ihren Mitgliedern. Eine Mutter habe beispielsweise nach dem Tod ihres Mannes ehrenamtlich bei der Höchberger Tafel angefangen. „Das hat ihrer Psyche gut getan“, weiß Ulrike Langhans. „Viele kleine Schritte, die bei jedem anders aussehen, helfen in der Trauer“ - ob an Weihnachten oder unter dem Jahr.

    Langhans wird Heiligabend wie jedes Jahr mit der Familie verbringen, mit ihren Kindern und einigen Freunden. Es wird Raclette geben und ihr Sohn wird Gitarre spielen – so wie ihr Mann es getan hat. „Ich weiß, dass mein verstorbener Mann stolz auf seine drei Söhne sein kann.“ Und für diejenigen, denen es noch nicht so gut geht wie ihr, steht sie telefonisch zur Verfügung.

    Telefondienst an WeihnachtenUlrike Langhans bietet an allen drei Weihnachtsfeiertagen einen Telefondienst an. Trauernde können sich bei ihr melden, um über ihre Probleme zu reden. Langhans ist erreichbar an Heiligabend sowie am 25. und 26. Dezember von 14 bis 16 Uhr. Per E-Mail kann sie jederzeit kontaktiert werden: ullilanghans@gmail.com. Der Trauergruppe kann jederzeit beigetreten werden, Ulrike Langhans bittet um ein vorheriges Telefongespräch zum Kennenlernen. Telefon: 0178 206 3263.

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