Es ist ein Szenario, das sich niemand vorstellen will: Man plant eine Großveranstaltung für mehrere Zehntausend Besucher ein ganzes Jahr lang, organisiert, bucht Künstler und stellt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein. Wenn alles getan ist und das Fest beginnen soll, verlässt der Main unversehens sein Bett und spült alle Bemühungen buchstäblich hinweg. Zehn Jahre ist es her, dass genau dieses im Juni 2013 ausgerechnet mit dem 25. Internationalen Africa Festival auf den Würzburger Mainwiesen geschehen ist.
"Eine Überschwemmung des Festivals wäre ein Katastrophe gewesen."
Stefan Oschmann- Festivalchef
Dabei sind Mainhochwasser im Sommer eine Seltenheit. Schaut man im Online-Nachschlagewerk würzburgwiki nach den Daten der "erwähnenswerten" Hochwasserereignisse der Würzburger Geschichte, so ereigneten sich alle in den Monaten zwischen November und März. Nur zwei Ausnahmen sind dort festgehalten: Das sogenannte Magdalenenhochwasser am 21. und 22. Juli 1342 und das besagte Hochwasser am 5. Juni 2013. Dazwischen liegen 667 Jahre.

Es sollte ein Jubiläum werden, das die Festivalmacher so schnell nicht vergessen werden. "Die erste Warnung des Wasserwirtschaftsamtes Schweinfurt erreichte uns schon während des Aufbaus", erinnert sich Festivalchef Stefan Oschmann. "Alle waren schockiert und hofften, dass es nicht stimmen würde." Mitarbeitende rammten deshalb selbst am Mainufer eine Messlatte in den Boden. "Aber der Pegel stieg stetig und wir realisierten schließlich, dass wir wohl umplanen und -bauen mussten", fährt Oschmann fort. "Eine Überschwemmung des Festivals wäre ein Katastrophe gewesen."

Am zweiten Festivaltag wurde beschlossen, wegen des steigenden Wassers wieder abzubauen
"Da laut Wasserwirtschaftsamt der steigende Fluss zuerst den etwas tiefer liegenden Campingplatz fluten würde, haben wir am zweiten Tag beschlossen, alles abzubauen und den Campingplatz zu evakuieren", sagt Oschmann. Loben will er dabei den damaligen Oberbürgermeister Georg Rosenthal, der dafür sorgte, dass die Camper in städtischen Schulgebäuden unterkommen konnten. "Der hat sehr schnell reagiert und sofort geholfen." Rotes Kreuz und Malteser organisierten dafür in kürzester Zeit 500 Feldbetten.

"Als das Wasser dann da war, waren alle Zelte abgebaut, bis auf das große Zirkuszelt, da floss der Main dann durch", so der Festivalchef. Die hölzernen Bodenplatten der anderen Zelte, die aus Zeitgründen nicht mehr entfernt werden konnten, schwammen auf und mussten von der Würzburger Berufsfeuerwehr mit Booten "eingefangen" werden, erinnert er sich.

Eine Katastrophe war das Hochwasser für die Basarleute, die vorzeitig abbauen mussten
Dankbar ist Oschmann dem Betreiber der Posthalle Jojo Schulz. "Der hat zwei kleinere Veranstaltungen verlegt und uns sofort angeboten, die Festivalkonzerte in die Posthalle zu verlegen. In einer immensen Teamleistung haben wir dann die ganze Technik umgebaut, damit die dort stattfinden konnten", berichtet Oschmann

Eine Katastrophe sei das Hochwasser für die Basarleute gewesen, die zunächst nicht an ein Hochwasser glauben wollten, aber trotzdem abbauen mussten. "Es hat ja in Würzburg kaum geregnet, das ganze Wasser kam vom Oberlauf des Mains. Und am dritten Tag des Festivals stand das Gelände komplett unter Wasser, die Entscheidung war also richtig gewesen", sagt er.

"Da hatte jeder verstanden, dass es für uns eine Katastrophe ist"
Oschmann ist heute noch dankbar, dass angesichts der Notlage trotz allem alles so "optimal" verlaufen sei, sagt er. "Da hatte jeder verstanden, dass es für uns eine Katastrophe ist", sagt er. "Und wir haben damals realisiert, wie verletzlich so ein großes Open-Air-Festival ist und was für ein hohes finanzielles Risiko es für einen eingetragenen Verein darstellt, zudem die Wetterextreme zunehmen werden."

In der Folge habe man das Gelände verkleinert, um die Infrastrukturkosten zu verringern, auch das große Zirkuszelt mit seinem aufwändigen Auf- und Abbau gibt es nicht mehr. "Das bedeutet weniger Risiko für uns", sagt Oschmann. Wobei das Hochwasser zum Glück keine finanziellen "Spätschäden" hinterlassen habe, an denen der Verein heute noch zu knabbern hätte, fährt er fort. Das sei vor allem der Verdienst zahlreicher Spendenaktionen, für die der Festivalchef heute noch dankbar ist, wie er sagt. Zudem sei auf Anregung des damaligen Stadtkämmerers und heutigen Oberbürgermeisters Christian Schuchardt die Stiftung Africa Festival gegründet worden, um bei künftigen Problemen eine finanzielle Sicherheitsreserve zu haben.

Auch durch Corona hat sich das Festival nochmals verändert
Nochmals verändert habe sich das Festival dann nochmals durch und nach Corona. "Das Personal ist knapper geworden, die Personalkosten sind deutlich gestiegen", so der Festival-Chef. Im Gegenzug geht es dem Festival wie dem "großen" Sport. "Es gibt wesentlich weniger Sponsoren, die bereit sind, Geld zu geben." Was bedeutet dies für die Zukunft des größten und ältesten Festivals für afrikanische Kultur und Musik in Europa? Im Klartext: "Wie lange es das Africa Festival in dieser Form noch geben kann und wird, das muss im Verein entschieden werden", kündigt Oschmann an.

Zur Eröffnung kommen Landtagspräsidentin Ilse Aigner und der südafrikanische Botschafter
Offiziell eröffnet wird das Festival heuer am Freitagnachmittag, 26. Mai, für geladene Gäste um 17 Uhr mit der bayerischen Landtagspräsidentin Ilse Aigner und dem südafrikanischen Botschafter Seiner Eminenz Phumelele Stone Sizani. Am Freitag um 17 Uhr wird im Foyer der Universität am Sanderring eine Fotoausstellung eröffnet. Ihr Titel: Nelson Mandela - Impressionen eines bewegten Lebens. Gezeigt werden Fotografien des international bekannten Fotografen Jürgen Schadeberg, der 2020 gestorben ist.