Mit vielen Ideen, spürbarem Enthusiasmus und einer großen Portion Mut brachten Regisseur und Schauspieler "Orlando" auf die Bühne des Theater Ensembles. Vorlage ist der Roman der Engländerin Virginia Woolf, eine der bedeutendsten Autorinnen der klassischen Moderne und frühe Vertreterin des Feminismus.
"Orlando" beginnt zur Zeit der Regentschaft von Königin Elisabeth I. und handelt vom Lebensentwurf eines jungen, androgynen Edelmanns, der gern ein Dichter wäre. Die Autorin lässt ihn vier Jahrhunderte lang leben, in denen er mit einem berühmten Poeten in Kontakt kommt, zu zweifeln beginnt ("... bin ich der göttlichste Genius oder der größte Tor"), sich hoffnungslos in eine Russin verliebt. Später erhält er einen Stellung als Botschafter in Konstantinopel. Dort verliert er beinahe sein Leben, versinkt in tiefe Bewusstlosigkeit und stellt beim Erwachen fest, das er eine Frau geworden ist.
Zurück in England, sinniert er, bzw. jetzt sie über Geschlechterrollen und ihre eigene Rolle in der Zukunft. Sie gerät in die Mühlen des Gesetzes, da ihr ihr Besitz vorenthalten wird. Im 20. Jahrhundert endet der Roman, der weniger von einer Person erzählt als vielmehr von der Suche nach menschlicher Existenz, einer grüblerischen Person, die dem Zeitgeist nachspürt und verunsichert in Sachen Geschlecht, Sexualität, Lebensziele sinniert.
Kritischer Blick auf die (immer noch) vorherrschende Stellung des Mannes in der Gesellschaft
Virginia Woolf blickt in ihrem Roman kritisch, mit Ironie und Humor auf die (immer noch) vorherrschende Stellung des Mannes in der Gesellschaft. Gleichzeitig macht sie auf das langsam entstehende Bewusstsein der Frau aufmerksam, stellt Thesen auf und hat letztendlich keine Antworten auf brennende Fragen.
Es ist ein herausfordernder Stoff, 1992 mit Tilda Swinton in der Titelrolle verfilmt, den sich die Akteure vorgenommen haben. Das fünfköpfige Ensemble-Team, das für Übersetzung und Bearbeitung verantwortlich ist, verwendet die teilweise in unsere Sprache transportierten Originaltexte, spricht sie nach anfänglicher Nervosität zunehmend artikulierter. Auf einer von Kleiderständern vollgestellten Bühne entstehen durch deren Verschiebungen, durch einen klarsichtigen beweglichen Vorhang und ein schiefes Brett ständig neue Spielebenen, in denen die Schauspielerinnen Jolantha Herting, Fof Brixy, Christa Fischer und die Schauspieler Jonas Gründler und Matthias Blos in ständig wechselnde Rollen schlüpfen – die Garderobe auf den Kleiderständern hilft bei der Identifikation.
Die meist kurzen Szenen, durch Musik oder Lichtspiele untermalt, illustrieren den Text, der entweder vorgetragen oder von den Akteuren in ihren Rollen deklamiert wird. So gelingt neben temporeichen, immer wieder auch lautstarken Szenen der Sprung durch die Jahrhunderte. Zuschauern allerdings sei zum besseren Verständnis angeraten, sich vor Besuch der Vorstellung einen kurzen Einblick in die Romanvorlage zu verschaffen.
"Orlando" von Virginia Woolf wird am Würzburger Theater Ensemble, Frankfurter Strasse 87, gezeigt am 31. März sowie am 1., 6., 7., 8., 12., 13., 14., 15., 20., 21. und 22. April, jeweils um 20 Uhr. Weitere Infos und Karten unter theater-ensemble.net