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Auf die Farm nach Kanada

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Auf die Farm nach Kanada

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    Ein Mäher in Kanada bei der Arbeit: Dieser schneidet das Getreide 30 bis 40 Zentimeter über dem Boden ab.
    Ein Mäher in Kanada bei der Arbeit: Dieser schneidet das Getreide 30 bis 40 Zentimeter über dem Boden ab.

    Erst Thüringen, dann Kanada“ – so lautete die Überschrift über einem Artikel vom 29. Januar 2010, in dem die Main-Post über die Lehrzeit und den Aufenthalt von Barbara Fiederling in einer ehemaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) in Ostdeutschland berichtet.

    Die Ausbildung zur landwirtschaftlichen Gehilfin in der LPG Gleichamberg nahe Königshofen ist mittlerweile abgeschlossen, auch die erste Berufserfahrung als landwirtschaftliche Gehilfin auf einem Familienbauernhof in Bundorf hat sie hinter sich gebracht, ebenfalls drei Monate als Betriebshelferin in einem 700-Bullen-Mastbetrieb in Eßleben bei Schweinfurt.

    Schon Anfang 2010 hatte die inzwischen 21-jährige Helmstadterin angekündigt, in Kanada ihr Wissen zu bereichern und Erfahrungen zu sammeln. Vor wenigen Tagen ist sie von dort zurück gekehrt.

    Von Ende März bis Mitte Dezember atmete sie die mit rund 20 Prozent Luftfeuchtigkeit viel, viel trockenere Luft von Wildwood (Wilder Wald) in der Prärieprovinz Alberta. Verständigungsschwierigkeiten gab es nicht: Der Farmer Anton Knoll ist erst vor sechs Jahren aus dem deutschen Emsland nach Übersee ausgewandert.

    Mit seiner Frau Helene, zwei weiteren Berufspraktikanten und dem Schwiegersohn bewirtschaftet er eine Ranch mit 100 Mutterkühen und 650 Hektar Ackerland. Sommerweizen, Sommergerste und Sommerraps sind die Hauptfrüchte, außerdem baut er Hafer an. Letzterer wird wie 80 Prozent des kanadischen Getreides in alle Welt importiert.

    „Der Hafer für unsere Haferflocken wird in Kanada für die ganze Welt angebaut. Bei uns wächst er höchstens noch für die Pferdeliebhaber“, erklärt Barbara Fiederling. Großabnehmer der anderen Getreidesorten ist Asien und dort wiederum China. Knoll exportiert auch, braucht aber das Meiste als Futter.

    Erstaunt war Barbara Fiederling über die Pflanzenbau-Phasen: Drei Wochen bleiben für die Aussaat, dreieinhalb Monate fürs Wachstum und drei Wochen für die Ernte. Mehr Spielraum hat man in Alberta nicht. Alles passiert von Mitte April bis Mitte, Anfang September. Zugaben gibt es nicht, denn der Winter kommt rasch und pünktlich.

    Künstliche Reife

    Wenn in Kanada das Getreide noch nicht die angestrebte Reife erreicht hat, schneidet der Farmer es etwa 30, 40 Zentimeter über dem Boden ab und lässt die Halme samt Ähren auf den hohen Stoppeln liegen. Durch den Abstand zum Boden wird eine Luftzirkulation erreicht, die die Körner austrocknet, bis eine künstlich herbeigeführte Reife eintritt. Dieser Prozess wird immer dann eingeleitet, wenn der Wetterbericht für den eigentlichen Reifezeitpunkt Regen voraussagt. „Was bis dahin nicht in der Scheune ist, kann man vergessen“, erklärt die junge Helmstadterin.

    Auch das Abkalben bei den Rindern wird geplant. Alle Tiere müssen in einem bestimmten Zeitfenster zur Welt kommen, besonders wegen der Kälteperiode. Bei uns kalben die Rinder fast das ganze Jahr in den Ställen. „Das Vieh in Kanada steht 365 Tage draußen, die grimmige Winterzeit ist lang und die Tiere müssen deshalb auch in der kalten Jahreszeit kräftig gefüttert werden. Die Rinder fühlten sich ohnehin im Wald oder im Buschwerk am wohlsten, besonders wenn es 20, 30 Grad minus hat. Wo ich war, herrscht mindestens 100 Tage lang tiefster, schneereicher Winter.“

    Und noch eines beeindruckte Barbara Fiederling: die Weite des Landes. „Der Provinz-Kanadier rechnet, wenn er in eine Stadt fährt, nicht in Kilometern, sondern in Fahrzeiten.“ Die nächste Nachbarfarm der Knolls liegt vier Meilen entfernt. Das schweißt dennoch zusammen, denn einer ist auf den anderen angewiesen. In Bayern leben rund 250 Menschen auf dem Quadratkilometer, in Alberta sind es gerade mal 0,4.

    Lange Arbeitszeiten

    Die langen Arbeitszeiten schrecken die junge Frau überhaupt nicht. Der Tag beginnt kurz nach 7 Uhr mit dem Füttern der Tiere und wird mit dem Pflanzenbau fortgesetzt – bis gegen 21 oder 22 Uhr das Tagwerk vollbracht ist. Demnächst fliegt Barbara noch einmal über den großen Teich, diesmal nach Humboldt, einer Stadt in der Provinz Saskatchewan (mittlere der Prärieprovinzen Kanadas). Dort arbeitet und lernt sie auf einer reinen Getreidefarm.

    Was sie an Wissen und Erfahrung mitbringt, wird sie gut gebrauchen können. Nächstes Ziel ist die Landwirtschaftstechniker-Schule in Landsberg am Lech oder in Triesdorf. Danach wird sie nach erfolgreichem Studium staatlich geprüfte Agrartechnikerin im Landbau sein.

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