In der Galerie Neu-Wredanien herrscht zurzeit maritimer Flair. Zu sehen sind die Fotografien Walter Orts, der sich Owi nennt, sowie Drucke des 1972 verstorbenen Frans Masereel, die als Vorlage seiner Werke dienten. Der ursprünglich aus Lohr am Main stammende Walter Ort hat sich in seiner Wahlheimat Hamburg auf Spurensuche nach den Motiven seines künstlerischen Vorbilds Masereel gemacht. Später erweiterte er diese Spurensuche auf Antwerpen, die zweite Hafenstadt, die in Masereels Werken Beachtung findet. Ergänzt hat der Künstler diese Motive durch aktuelle, wie die Elbphilharmonie in Hamburg, die es zu Zeiten Masereels noch nicht gab, die aber ebenfalls seine Aufmerksamkeit hätten geweckt haben können. Er habe die Arbeit des verstorbenen Künstlers dadurch "kongenial erweitert", so die Galeristin Angelika Summa bei ihrer Eröffnungsrede zur Ausstellung.
Neben der Ergänzung der Motive wäre es ein Ziel des Künstlers gewesen, Veränderungen seit der Nachkriegszeit – wie beispielsweise die Entwicklung der Containerschifffahrt – mit aufzugreifen: "Viele der beliebten Hafenmotive Masereels sind nicht mehr zu entdecken oder werden heute als kitschig wahrgenommen", so Walter Ort. "Damit war klar, dass dies heute nicht mehr so plakativ darzustellen ist, wie zu Masereels Zeit."
Während Masereel seine Werke zu den Thematiken "Großstadt" und "Hafenleben" als Drucke anfertigte, setzt Walter Ort seine Ideen fotografisch um. Er stellt den Holzschnitten Fotografien gegenüber, die er bewusst auf wenige Farben reduzierte. "Mir war klar, dass eine fotografische Umsetzung mit harten Schwarz-Weiß-Fotos nicht die gleiche Wirkung erzielen könnte wie die Originale", erklärt der Künstler.
Auf diese Weise verleiht er seinen Werken einen modernen Touch, hebt gewisse Bildbereiche farblich hervor und lässt andere im tiefsten Blau nahezu verschwinden. Entstanden ist so ein Projekt, das sich zwar in Bezug auf Motive und Thematik an die Werke Masereels anlehnt, sich in der Ausführung aber deutlich abhebt – allein durch die moderne Farbgestaltung, die wenig mit den schwarz-weißen Originalen gemein hat. Jeder der beiden Künstler steht für seine ganz eigene Zeit und Stilrichtung. Die Ausstellung lädt die Besucherinnen und Besucher ein, Vergleiche zu suchen, fordert jedoch keine Wertung beider Stile. Da jede für sich steht und sie gut nebeneinander erscheinen können, treten sie nicht in Konkurrenz zueinander.