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Würzburg: Aufruhr wegen "energetischer Sanierung": Würzburger Genossenschaft kündigt ganzer Hausgemeinschaft

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Aufruhr wegen "energetischer Sanierung": Würzburger Genossenschaft kündigt ganzer Hausgemeinschaft

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    Daniela und Thomas Sachs wehren sich gegen eine Kündigung der Wohnungsgenossenschaft Frauenland Würzburg. Die Eltern von drei Kindern fühlen sich von der Genossenschaft unfair behandelt.
    Daniela und Thomas Sachs wehren sich gegen eine Kündigung der Wohnungsgenossenschaft Frauenland Würzburg. Die Eltern von drei Kindern fühlen sich von der Genossenschaft unfair behandelt. Foto: Heiko Becker

    Mobbing, Zwangsräumung, Betrug – das Thema Wohnungsnot ist in Würzburg längst Alltag. Ungewöhnlich ist jedoch ein Konflikt, der aktuell in der Frauenland Wohnungsgenossenschaft ausgetragen wird. Die Genossenschaft hat Anfang Mai allen Wohnparteien in der Frauenlandstraße 12 gekündigt. Eine energetische Sanierung mache dies erforderlich, sagt die Genossenschaft. Die Mieter und Mieterinnen hingegen sehen darin profitorientiertes Handeln auf ihre Kosten.

    "Die Genossenschaft plant eine energetische Sanierung des Hauses im Jahr 2024", heißt es in einem Schreiben, das die Hausgemeinschaft im April erhalten hat. "Um Ihnen die geplanten Arbeiten und die damit verbundenen Notwendigkeiten vorzustellen, laden wir Sie herzlich zu einer Mieterversammlung ein." Bei der Versammlung am 5. Mai fallen die Betroffenen dann aus allen Wolken: Ihnen wird zum 31. Januar 2024 gekündigt. In einem zugehörigen Schreiben heißt es: "Vorsorglich möchten wir darauf hinweisen, dass wir uns bei nicht fristgerechter Rückgabe gezwungen sehen, eine Räumungsklage einzureichen."

    Wohnungsgenossenschaft Frauenland hat 600 Wohnungen in Würzburg

    Nach eigener Aussagen besitzt die Frauenland Genossenschaft rund 600 Wohnungen in der Region. Auf ihrer Webseite wirbt die Genossenschaft mit folgender Garantie: "Erhöhte Sicherheit: Es wird kein Mietvertrag geschlossen, sondern ein Dauernutzungsvertrag. Eine Kündigung der Wohnung von Seiten der Genossenschaft erfolgt nur bei groben Verstößen."

    Dementsprechend schockiert sind die Betroffenen im vorliegenden Fall. Die Notwendigkeit der Sanierung könne er nachvollziehen, sagt Familienvater Thomas Sachs, der sich im Namen der Hausgemeinschaft an die Redaktion gewandt hat. Die Genossenschaft verfolge jedoch weitere Pläne: "Sie möchten das Haus in der Frauenlandstraße 12 nicht nur sanieren, sondern die Grundrisse der Wohnungen grundlegend ändern."

    Aus den bislang zwei Wohnungen pro Etage sollten jeweils drei werden. Die Genossenschaft wolle diese deutlich teurer neu vermieten und habe klargestellt, dass eine Rückkehr in die alte Wohnung zu angepassten Konditionen nicht in Frage komme, sagt Sachs.

    Die Bewohnerinnen und Bewohner des Wohnhauses in der Frauenlandstraße 12 fühlen sich von der Würzburger Wohngenossenschaft Frauenland vor den Kopf gestoßen.
    Die Bewohnerinnen und Bewohner des Wohnhauses in der Frauenlandstraße 12 fühlen sich von der Würzburger Wohngenossenschaft Frauenland vor den Kopf gestoßen. Foto: Heiko Becker

    "Ich fühle mich total vor den Kopf gestoßen", so der 42-Jährige weiter. Seine Frau Daniela Sachs (42) sagt: "Der Druck, den die Kündigung mit der gesetzten Frist verursacht, und die psychische Belastung sind immens hoch, seit der Kündigung habe ich Schlafstörungen, nichts schmeckt mehr und mein Puls rast." Ähnlich wie Familie Sachs sehen das auch andere Hausbewohner. Der Redaktion liegen schriftliche Stellungnahmen vor, denen unter anderem zu entnehmen ist, dass vielen Betroffenen nach der Kündigung kein angemessenes Wohnungsangebot gemacht worden sein soll.

    Mieterin der Würzburger Genossenschaft: "Belastung ist enorm"

    "Die Belastung und das Ohnmachtsgefühl ist enorm", schreibt eine Mieterin. "Wir dachten, dass wir in einer Wohnungsgenossenschaft, die für Gemeinschaft und Soziales steht, gut untergebracht sind. Jetzt kommen uns doch Zweifel am sozialen Gedanken", heißt es in einer weiteren Stellungnahme. "Wir denken, dass hier bezahlbarer Wohnraum unter Umgehung der Mietpreisbremse geopfert wird. Dieses Manöver dient einzig und allein der Gewinnmaximierung", schreibt eine weitere Mietpartei.

    In einem Schreiben der Genossenschaft heißt es dazu: "Durch die gesetzlichen Vorgaben zur Energiewende (...) und die Ansprüche der Mieter an modernen Wohnraum ist es notwendig, die bestehenden Wohngrundrisse zu verändern."

    Auf eine Anfrage der Redaktion schreibt die Frauenland Genossenschaft: "Die Kündigungen waren nötig, um eine Planbarkeit der Maßnahmen sicherzustellen. Das Rechtsmittel der Kündigung wurde auch in der Vergangenheit ergriffen und ist für ein Wohnungsunternehmen, unabhängig von der Rechtsform, normal." Allen Mitgliedern sei inzwischen zugesichert worden, dass sie zu angepassten Konditionen in die – dann offenbar verkleinerten – Wohnungen zurückziehen könnten.

    So begründet die Wohnungsgenossenschaft Frauenland Würzburg ihr Vorgehen

    Auch die Räumungsklage bekräftigt die Genossenschaft: "Es wäre für die gesamte Genossenschaft schädlich, wenn eine Partei nicht auszieht, damit würden Bau- oder Sanierungsvorhaben erheblich verzögert." Man habe für alle Mietparteien Wohnungen im Angebot und finanzielle Unterstützung beim Umzug angeboten. "Dabei kann die Genossenschaft selbstverständlich nicht jedem seine persönliche Traumwohnung garantieren." Es gehe auch nicht um "einen kaltherzigen Rauswurf von Mietern", sondern darum, zukunftsträchtig in den eigenen Bestand zu investieren.

    Diese Argumentation kann ein Großteil der Bewohnerinnen und Bewohner nicht nachvollziehen. In der Vergangenheit seien bestehende Wohnungen auch bei Sanierungen erhalten geblieben, heißt es. Mehrere Mietparteien lassen sich nun anwaltlich beraten und erwägen rechtliche Schritte. Am 14. Juni findet eine ordentliche Mitgliederversammlung der Genossenschaft statt. Die Genossenschaft hat die Redaktion zur Versammlung eingeladen.

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