In einem Würzburger Wohnblock hatte eine Mieterin - von fünf Vorstrafen unbeeindruckt - einer anderen Hausbewohnerin Post aus dem Briefkasten gestohlen: Erst einen Brief von deren Bank mit eine neuen EC- Karte und einige Tage später einen Briefumschlag mit der neuen Pin-Nummer. Vom Schöffengericht ist die Frau dafür jetzt zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Mit der Karte hatte zunächst ihr Mann, bevor er wegen anderer Sache ins Gefängnis kam, und schließlich sie selbst kräftig Geld abgehoben. Nachweislich 27 Mal innerhalb von sechs Monaten wurde die Nachbarin um 5500 Euro erleichtert.
Man kennt sich, aus dem Gerichtssaal: "Wir sehen uns schon wieder", sagte Richter Mark Kurzawski zur Begrüßung und die Angeklagte versicherte:" Das ist aber wirklich das letzte Mal". Und wie bei der letzten Verhandlung, als es um Diebstahl bei der Abendmesse im Dom ging, erinnerte der Vorsitzende die Frau daran, dass sie mit dem Ehemann, der gerade auch für längere Zeit weggesperrt ist, "die Kurve nicht kriegt". Sie müsse neu anfangen, ohne ihn, wenn sie eines Tages nach Verbüßen mehrerer Strafen in die Freiheit entlassen werde. Von ihrem Mann, würde sie nur ausgenutzt, meinte der Richter.
Geld für den Lebensunterhalt verwendet
Die gestohlene EC-Karte plus PIN habe sie, so die Angeklagte, erst ihrem Mann "hingelegt". Der hatte mittels der EC-Karte etliche kostenpflichtige Internet-Seiten aufgerufen. Als er wegen anderer Sachen in Untersuchungshaft kam, schritt sie selbst zur Tat. Sie versicherte, dass sie das Geld nur für den Lebensunterhalt der Familie verwendet habe, gelegentlich auch für Wünsche der Kinder, die man mit Hartz IV nicht erfüllen könne. Die finanziellen Verhältnisse seien damals für sie sehr eng gewesen, beteuerte die Angeklagte.
Doch warum war der bestohlenen Kontoinhaberin, die als Zeugin geladen war, das monatelange Abheben nicht aufgefallen? Es sei nicht das übliche Konto für Einkommen und Ausgaben, sondern ein reines Sparkonto für den Urlaub gewesen, erklärte diese. Die Auszüge darüber habe sie nicht regelmäßig überprüft. Zudem hatte sie zu Beginn vermutet, dass Post verschwindet. Der Einwurf-Schlitz an den Briefkästen der Wohnanlage sei sehr großzügig gewesen, da habe man problemlos reinlangen und die Hand mit Inhalt wieder rausziehen können. Auch aus dem Kellerabteil sei manchmal etwas verschwunden.
Dem Antrag auf Bewährung folgte das Gericht nicht
Regelmäßig überprüften dafür die Angeklagte und ihr Ehemann, ob auf dem Sparkonto neue Einzahlungen eingegangen waren. Diese blieben nicht lange auf dem Konto. An den ganz großen Zufall, dass die Angeklagte beim ersten Zugriff gleich an Post von der Bank geraten war, wollte das Gericht zwar nicht glauben, aber die Angeklagte schwieg dazu.
Seine Mandantin sei damals in einer hoffnungslosen Situation gewesen, sagte ihr Verteidiger. Sie habe einen Strafprozess vor sich gehabt, weil sie im Dom ausgerechnet eine Security-Frau beklaut hatte. Dafür sitzt sie gerade elf Monate ab. Dem erheblich vorbestraften, dominanten Ehemann sei sie hörig gewesen und ihre Stimmung beschrieb er mit "jetzt ist eh alles wurscht". Wenn sie aus dem Gefängnis wieder herauskomme, wolle sie den angerichteten Schaden selbstverständlich - wenn auch in kleinen Beträgen - wieder gutmachen.
Die vom Verteidiger angeregte Bewährung wollte das Gericht allerdings nicht geben. Verurteilt wurde die Frau wegen Diebstahls in mehrfacher Hinsicht sowie Beihilfe zum Computer-Betrug ihres Mannes. Die Freiheitsstrafe von zwei Jahren wurde sofort rechtskräftig. Staatsanwalt und Angeklagte verzichteten auf Rechtsmittel.