Sie gehören zu den Leidtragenden aus der Zeit des Nationalsozialismus, über die vermutlich mit am wenigsten gesprochen wird. So genannte "Asoziale" und "Berufsverbrecher" hatten ebenfalls in großer Zahl unter dem NS-Regime zu leiden und doch wurden sie erst 2020 vom deutschen Bundestag als Opfer des Faschismus anerkannt.
Unter diesen beiden Begriffen werden die Menschen zusammengefasst, die damals als unzuträglich für die Gesellschaft angesehen wurden. Als Beispiele kann man Obdachlose, Arbeitslose, Prostituierte oder Alkoholkranke aufzählen. Man kategorisierte sie als "Ballastexistenzen" und entzog ihnen jede Art von menschlicher Würde. Das Schicksal war für viele der Tod im Konzentrationslager. Die deutsche Nachkriegsgesellschaft sah die Inhaftierung dieser Menschen zunächst nicht als ungerechtfertigt an. Ein Umdenken erfolgte erst spät.

Nun kann man im Foyer des Würzburger Rathauses spannende Einblicke zu diesem Thema bekommen. Bis 21. Juni findet dort die Ausstellung "Asoziale und Berufsverbrecher im Nationalsozialismus" statt. Diese wird gemeinsam von der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. und dem Arbeitskreis Stolpersteine Würzburg umgesetzt. Mehrere Texttafeln informieren über die Situation in der damaligen Zeit und beleuchten die Einzelschicksale von Würzburger Opfern.
Akten von Polizei und Gestapo durchforstet
Die Wanderausstellung ist ein Teil einer größeren Reihe von Informationsveranstaltungen, die sich mit der Situation der "Asozialen" und "Berufsverbrecher" in der NS-Zeit befasst. Für die Aufbereitung der Infotafeln durchforstete man zahlreiche Polizei- und Gestapo-Akten in den Archiven und rekonstruierte so die Lebensläufe von Betroffenen.
Die Koordinatorin des Würzburger Arbeitskreises Stolpersteine und langjährige Stadträtin Benita Stolz bedankte sich bei der Eröffnung bei den zahlreichen Gästen. Neben Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Kultur waren auch soziale Einrichtungen wie die Caritas oder die Diakonie vertreten, die das Projekt auch unterstützten. Stolz erwähnte die aufwändige und nicht immer reibungslos verlaufende Organisation und lobte die Mitarbeit aller Beteiligten.
Verbrecherischer Rassenwahn
Auch Oberbürgermeister Christian Schuchardt merkte zur Relevanz des Themas an: "Nach 1945 wurde in unserem Land mit verschiedenen Gruppen von NS-Opfern sehr unterschiedlich umgegangen. Die Ausstellung legt ganz bewusst den Fokus auf eine Opfergruppe mit der sich sowohl der Staat als auch die Gesellschaft besonders schwergetan hat. Diese Gruppe wurde von drei Punkten fast ausgeschlossen. Das wäre erstens der Punkt des Gedenkens, zweitens der Punkt der Rehabilitation und drittens auch der Punkt der Wiedergutmachung." Die Verfolgung und Tötung solcher Menschen sei aus demselben menschenverachtenden, verbrecherischen Rassenwahn geschehen wie der Völkermord an Juden oder den Sinti und Roma. Er sieht in der Ausstellung einen Beitrag zum Kampf gegen die Stigmatisierung von bestimmten Gruppen und erhofft sich lehrreiche Erkenntnisse für die Bürgerinnen und Bürger von Würzburg.
Die Ausstellung ist zu den Öffnungszeiten des Rathauses jederzeit zu besuchen. Der Zugang ist barrierefrei. Es werden außerdem Führungen für Schulklassen angeboten.



