Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Stadt Würzburg
Icon Pfeil nach unten

WÜRZBURG: Ausverkauf bei Praktiker: Kunden lassen die Sau raus

WÜRZBURG

Ausverkauf bei Praktiker: Kunden lassen die Sau raus

    • |
    • |
    Fast alles ist schon raus: Die Stimmung im Praktiker-Baumarkt ist schlecht.
    Fast alles ist schon raus: Die Stimmung im Praktiker-Baumarkt ist schlecht. Foto: Foto: THOMAS OBERMEIER

    Praktiker ist pleite, die Regale am Handelshof sind ziemlich leer, die wenige Ware, die noch da ist, ist drastisch reduziert. Das lockt Schnäppchenjäger in den Baumarkt. Einige von ihnen schikanieren das Personal.

    Schon im Eingang steht ein großes Schild. Es weist die Kunden unter anderem darauf hin, dass die insolvente Baumarkt-Kette keine Gutscheine mehr einlöst. Dennoch versucht ein älteres Paar sein Glück. „Den haben mir meine Kinder geschenkt“, mault der Mann eine Praktiker-Mitarbeiterin an und hält ihr einen 100-Euro-Coupon unter die Nase, „dafür haben sie bezahlt und damit will ich jetzt einkaufen“. Die Verkäuferin erklärt geduldig, dass die Insolvenzverwaltung des Unternehmens das nicht zulasse. „Scheiß-Laden“, schimpft der Mann, „ihr braucht euch nicht wundern, dass ihr arbeitslos werdet“. Die Verkäuferin schluckt.

    „Was manche Kunden sich rausnehmen ist menschenunwürdig.“

    Praktiker-Mitarbeiterin

    „Was manche Kunden sich zurzeit rausnehmen ist menschenunwürdig“, erzählt eine ihrer Kolleginnen, die, wie alle Praktiker-Mitarbeiter, anonym bleiben will. „Wir können doch an den Vorgaben der Insolvenzverwaltung nichts ändern“, sagt sie, „und weil viele Kunden das nicht einsehen, werden wir heftig angegangen, bedroht und beleidigt“.

    Zum Beispiel von der Frau, die eine Glasabtrennung für ihre Duschekabine umtauschen will. „Wir dürfen nichts mehr zurück nehmen“, erklärt ihr der Verkäufer. „Aber sie passt doch nicht“, sagt die Frau. Die Frage, ob sie das Teil selbst ausgemessen habe, bevor sie es bestellt hat, bejaht die Kundin. „Auch vor der Insolvenz haben wir nichts umgetauscht, wenn der Kunde die falschen Maße angegeben hat“, sagt der Verkäufer, auf den sich nun eine Schimpftirade ergießt, in der Ausdrücke wie „Saftladen“, „unfähig“ und „mieser Service“ fallen.

    So etwas passiere mehrmals täglich, erzählt eine Praktiker-Mitarbeiterin, die „eigentlich nicht mit der Presse sprechen darf“. Aber das Verhalten mancher Kunden müsse „doch mal öffentlich gemacht“ werden. Dann berichtet die Frau, dass kürzlich ein Kunde einem ihrer Kollegen „richtig an den Kragen gegangen“ sei. Angezeigt habe der Verkäufer den rabiaten Mann nicht. „Wir haben uns dran gewöhnt, dass man uns für die Fehler des Praktiker-Managements verantwortlich macht.“

    „Ihr braucht euch nicht wundern, dass ihr arbeitslos werdet.“

    Praktiker-Kunde

    Derweil will ein Kunde von einer Kassiererin wissen, ob er denn auch Garantie für seinen zum Schnäppchenpreis erstandenen Akku–Schrauber habe. „Ja“, sagt die Frau an der Kasse freundlich, „im Fall des Falles müssen sie sich nur an den Hersteller wenden“. „Naja“, sagt der Mann missmutig, „wenigstens etwas funktioniert hier noch“. Von den Mitarbeitern, die derzeit in dem Baumarkt tätig sind, haben viele noch keine neue Anstellung in Sicht. Besonders die Älteren unter den Praktiker-Beschäftigten hätten „auf dem Arbeitsmarkt doch keine Chance“, klagt ein Verkäufer.

    Der Leiter des Praktikermarkts ist nicht bereit, Auskünfte zu den Vorfällen geben. Für Presseauskünfte sei das Praktiker-Pressecenter in Hamburg zuständig. Dort konnte man, wie zu erwarten war, zu den Zuständen in Würzburg nichts sagen. „Da kann ich nicht weiterhelfen“, erklärte ein Sprecher des Unternehmens am Telefon.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden