Die Situation um die Genehmigung einer B 19-Umgehungsstraße für Giebelstadt, Herchsheim und Euerhausen scheint weiterhin verfahren. Mehr Klarheit hatten sich die Beteiligten von einem Expertengespräch im Staatsministerium für Bauen, Wohnen und Verkehr versprochen. Nach dem Gespräch wird das Ergebnis allerdings unterschiedlich interpretiert. Während Landrat Thomas Eberth von einem "Hoffnungsschimmer" spricht, äußert sich Giebelstadts Bürgermeister Helmut Krämer skeptisch, ob die acht Kilometer lange Ortsumfahrung auf der geplanten Trasse überhaupt noch verwirklicht werden kann.
Die Regierung von Unterfranken hatte das Planfeststellungsverfahren im April 2022 nach jahrelanger Vorarbeit gestoppt, weil Belange des Artenschutzes nicht ausreichend gewürdigt seien. Der Bau der Umgehung bedeute einen erheblichen Eingriff ins Brutgebiet der streng geschützten Wiesenweihe. Die gewählte Trasse liegt zum Teil im Vogelschutzgebiet. Deshalb könne eine Umgehungsstraße nur dann gebaut werden, wenn dafür die am wenigsten schädliche Trasse gewählt wird, so die Begründung.
War die artenschutzrechtliche Bewertung ein Gefälligkeitsgutachten?
Tatsächlich wurde die Straße trotz eines Alternativenvergleichs auf einer Trasse geplant, die seit den 1980er Jahren feststeht und damals im Rahmen der Flurbereinigung bereits an den Bund übereignet wurde. Von einer "Gefälligkeitsbewertung" durch das beauftragte Umweltbüro sei deshalb im Fachgespräch die Rede gewesen, "damit herauskommt, was herauskommen soll", teilte Bürgermeister Krämer in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates mit.

Ähnliche Kritik hatte bereits der Landesbund für Vogelschutz (LVB) im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens geäußert. LBV-Geschäftsstellenleiter Marc Sitkewitz hatte damals aber gegenüber der Redaktion die Einschätzung vertreten, dass ein angemessener ökologischer Ausgleich auf der gewählten Trasse möglich sei, "wenn sauber gearbeitet wird". Der Bund Naturschutz (BN) hingegen lehnt die Planung grundsätzlich ab und will nach eigenem Bekunden in jedem Fall gegen einen Planfeststellungsbeschluss klagen. Auch deshalb komme für die Fachbehörden nur eine Lösung in Frage, die einem Gerichtsverfahren standhält, sagt Bürgermeister Krämer.
Krämer: Neue Trasse würde das Verfahren um mindestens 15 Jahre verzögern
Wie das Landratsamt in einer Pressemitteilung berichtet, sei das Staatliche Bauamt in dem Fachgespräch aufgefordert worden, erneut Alternativen mit den Naturschutzbehörden zu diskutieren. Bürgermeister Krämer verspricht sich davon nicht viel. "Wenn es diese günstigere Trasse tatsächlich geben sollte, fangen wir wieder bei Null an", meint er. Weil die Flächen dann erst noch erworben werden müssten, hält er ein Flurbereinigungsverfahren für unumgänglich. Zeithorizont: "Mindestens 15 Jahre." Hinzu kommt, dass der aktuelle Bundesverkehrswegeplan, in dem die Umfahrung samt der Finanzierung als "vordringlicher Bedarf" festgeschrieben ist, nur bis 2030 gilt.
Einen "klitzekleinen Hoffnungsschimmer" schöpft Landrat Thomas Eberth aus einem weiteren Treffen aller Beteiligter, das für Anfang Oktober angesetzt ist. Weniger zuversichtlich klingt Bürgermeister Helmut Krämer: "Das Gespräch in München war sehr ernüchternd." Dass ihm dabei ausgerechnet Gemeinderat Ernst Rauh widerspricht, der als Sprecher der Bürgerinitiative pro Umgehung an dem Fachgespräch teilgenommen hat, überrascht. "Ich sehe das gar nicht so negativ", meint Rauh. Bisher habe er das Gefühl gehabt, dass die Behörden "das Thema aussitzen wollen". Jetzt sei wenigstens "ein gewisser Bewegungsspielraum" entstanden.
Dieser Spielraum bezieht sich auch auf kurzfristige Maßnahmen zum Schutz der Anwohner vor Lärm und Verkehr, etwa weitere Überquerungshilfen für Fußgänger oder Tempo 30. Solche Regelungen seien unabhängig vom Fortgang des Planfeststellungsverfahrens auch jetzt schon möglich, zitiert der Bürgermeister die Einschätzung der Behörden.