Ebenso wie der Kirschenanbau hat in Leinach auch die Ernte der Kiefernzapfen zur Saatgutgewinnung eine lange Tradition. Seit 1950 vermarktet die Forst- und Waldsamenhandlung Steingaesser aus Miltenberg die Leinacher Kiefernzapfen und versendet deren Samen in alle Welt. Mit der Leinacher Wucht wurde im oberen Leinach einst sogar ein eigener Verein, dem ausschließlich Junggesellen angehörten, aus der Taufe gehoben. Dessen Mitglieder hatten sich die Ernte der im örtlichen Sprachgebrauch „Höppägäß“ genannten Kiefernzapfen zur Aufgabe gemacht. Die Samen der Leinacher Schwarzkiefern gelten als weltweit begehrtes Saatgut.
Während die „Leinacher Wucht“ ihre Aktivitäten in der Vergangenheit zunehmend auf die Pflege kulturellen Brauchtums beschränkte, werden die Kieferzapfen nach wie vor noch geerntet – allerdings von mutigen Freiwilligen, die sich mit einer langen Leiter auf die hohen Schwarzkiefern trauen. Etwa zehn mutige Zapfenrupfer beteiligten sich heuer an der beschwerlichen Ernte und lieferten sie an einer zentralen Sammelstelle ab.
Der Preis für das Saatgut richtet sich nach der Ausbeute aus den Zapfen, die ganz unterschiedlich sein kann. So waren bei Schnittproben der diesjährigen Ernte durchschnittlich vier kleine Samen nachweisbar. In guten Jahren können die Schwarzkieferzapfen aber auch bis zu acht Samen enthalten, berichtet Revierförster Wolfgang Fricker. Insgesamt wurden heuer in Leinach 1976 Kilogramm Kieferzapfen geerntet. Genaue Rückschlüsse auf die Menge des darin enthaltenen Saatguts sind aber nicht möglich, weil die Zapfen den Samen erst bei der Trocknung freigeben.
Für die Qualität des Saatguts gibt es konkrete Vorgaben, verdeutlicht Fricker. So dürfen zur Saatgutgewinnung nicht irgendwelche Kieferzapfen verwertet werden. Vielmehr ist ein Stammzertifikat für Vermehrungsgut als Nachweis der Saatgutquelle erforderlich, das Rückschlüsse auf den Standort der Bäume zulässt. In der Leinacher Gemarkung dürfen deshalb zur Saatgutgewinnung nur Kieferzapfen aus den zertifizierten Bereichen Wartturm und Ziegelrain verwendet werden. Die ursprünglich aus dem Wiener Wald stammenden Leinacher Schwarzkiefern wurden vor mehr als einhundert Jahren gepflanzt, da wegen des kargen Bodens auf der fränkischen Platte keine anderen Waldbäume anzusiedeln waren.
Nach Frickers Prognose kommt den Schwarzkiefern beim Klimawandel eine Bedeutung zu. In unserer Region haben sie sich innerhalb eines Jahrhunderts als besonders kälte- und hitzeresistent entwickelt. Allerdings bedroht seit einigen Jahren ein Pilz (Diplodia) die Kiefern.