Eine Badebucht am Mainufer bei Goßmannsdorf scheint Veronika Schönrock und ihrem Bruder genau der richtige Ort, um einen sommerlichen Samstagnachmittag zu verbringen. Doch gegen Abend gewinnt der unbeschwerte Aufenthalt unerwartet an Spannung. Denn als die 19-Jährige den Main in Querrichtung durchschwimmt, bemerkt sie, dass sie nicht allein ist.
Während ihr 17-jähriger Bruder am Goßmannsdorfer Ufer zurückbleibt, schwimmt Veronika Schönrock zur anderen Mainseite hinüber. Und registriert, dass da noch jemand im Wasser ist. „Ich hörte etwas platschen“, erinnert sich die junge Frau, die derzeit ein freiwilliges ökologisches Jahr im Walderlebniszentrum Gramschatzer Wald macht. Sie dreht sich um und entdeckt schließlich in der Nähe den Kopf eines Tieres, das ihrem Dafürhalten nach nur ein Biber sein kann.
Der Biber schlug mit der Kelle aufs Wasser
Der Biber folgt Veronika Schönrock quer durch den Main. Er bleibt zwar auf Abstand, doch als die 19-Jährige eine Bucht auf der Kleinochsenfurter Seite erreicht, kommt er bis auf etwa drei Meter an die Schwimmerin heran. Sie kann ihn gut beobachten: ein Tier mit einer Körperlänge von etwa 60 Zentimetern. „Er hat immer wieder mit seiner Kelle aufs Wasser geschlagen“, schildert Veronika Schönrock die Situation. Einen direkten Angriff startet das Tier nicht.
Doch ganz geheuer ist der jungen Frau das Verhalten des Bibers auch nicht. Seinen scharfen Nagezähnen möchte sie lieber nicht zu nahe kommen und verlässt das Wasser. Ihr tierischer Mitschwimmer beunruhigt Veronika Schönrock so sehr, dass sie den Rückweg durch den Fluss nicht mehr antreten mag. Durch Handzeichen gibt sie ihrem Bruder auf der anderen Mainseite zu verstehen, dass er ihren Vater anrufen soll, damit der sie abholt. Nur in Badebekleidung möchte die 19-Jährige dann doch nicht nach Hause nach Kleinochsenfurt laufen.
Konflikte wegen überschwemmter Äcker
Ein friedfertiger Vegetarier als Schwimmer-Schreck? Naturschützer sind hocherfreut, dass der streng geschützte Nager mit dem ausgeprägten architektonischen Schaffensdrang mittlerweile im Landkreis Würzburg wieder flächendeckend anzutreffen ist. Im 19. Jahrhundert war der Biber in Deutschland komplett ausgerottet worden.
Seine Wiederansiedlung durch Naturschutzverbände in den vergangenen Jahrzehnten verlief jedoch

. Biber leben inzwischen unter anderem an Main und Tauber, aber auch an vielen kleineren Gewässern in der Region.
Ihre Anwesenheit führt auch immer wieder zu Konflikten mit den Interessen der Menschen. Und zwar dann, wenn die Tiere Gewässer aufstauen und Äcker oder technische Anlagen überflutet werden, indem sie auch der schmackhaften Rinde wegen Bäume zu Fall bringen. Der Ochsenfurter Bauhof etwa musste im Winter in Kleinochsenfurt eine dicht am Rad- und Fußweg stehende Weide fällen, deren Stamm ein Biber fast zur Gänze durchgenagt hatte. Ohne Absprache mit den Naturschutzbehörden darf in die Bauwerke von Bibern nicht eingegriffen werden.
Wahrscheinlich hätte der Biber nicht angegriffen
Von direkten Konfrontationen zwischen Bibern und Menschen weiß man zumindest beim Landratsamt Würzburg nichts zu berichten. Ähnliche Fälle wie der von Veronika Schönrock seien dem Amt bisher nicht gemeldet worden, heißt es von dort auf Anfrage dieser Redaktion. Die Ochsenfurterin habe jedenfalls richtig reagiert. „Für Fälle, in denen ein Biber einem Schwimmenden nahe kommt, wird empfohlen, ans Ufer zu schwimmen, wie es die junge Frau hier richtigerweise getan hat“, teilt die Naturschutzbehörde mit.
Vermutlich habe sich der Biber von ihr gestört gefühlt, heißt es weiter. In diesem Fall sei das Verhalten des Tieres nicht ungewöhnlich gewesen. Damit, dass der Biber tatsächlich zum Angriff übergegangen wäre, war aber den Experten der Naturschutzbehörde zufolge „eher nicht“ zu rechnen. Dennoch sollten sich Schwimmer ihren Badeplatz genau anschauen. Wenn etwa angenagte Bäume zu sehen sind, empfiehlt es sich, anderswo ins Wasser zu steigen. Das Gleiche gilt bei „Biberrutschen“ am Ufer – die meist gut erkennbaren Stellen, an denen das Tier ins Wasser gleitet.
Für den Landkreis Würzburg existiert laut Landratsamt keine exakte Biberkartierung. Deshalb ist nicht bekannt, wie viele der Nager am Main bei Ochsenfurt leben. Veronika Schönrock jedenfalls möchte auf eine erneute Begegnung mit Bibern gern verzichten und wird an dieser Stelle kein weiteres Mal in den Main steigen.