Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Stadt Würzburg
Icon Pfeil nach unten

Würzburg: Bio statt konventionell: Könnte sich Unterfranken nur mit ökologisch produzierten Lebensmitteln versorgen?

Würzburg

Bio statt konventionell: Könnte sich Unterfranken nur mit ökologisch produzierten Lebensmitteln versorgen?

    • |
    • |
    Ökologische Landwirtschaft ist aufwändiger und die Erträge sind oft niedriger als bei konventioneller Landwirtschaft. Könnten so in Unterfranken dennoch genug Nahrungsmittel für die Region produziert werden? 
    Ökologische Landwirtschaft ist aufwändiger und die Erträge sind oft niedriger als bei konventioneller Landwirtschaft. Könnten so in Unterfranken dennoch genug Nahrungsmittel für die Region produziert werden?  Foto: Nicolas Armer, dpa (Symbolbild)

    Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine steigt weltweit die Angst vor Engpässen bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln. Gleichzeitig möchte die Ampel-Regierung den Anteil der ökologischen Anbaufläche bis 2030 auf 30 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland ausweiten. Während Umwelt- und Klimaschützern die Umstrukturierung der Landwirtschaft zugunsten der Artenvielfalt nicht schnell genug vorangeht, warnen konventionelle Landwirte und Landwirtinnen vor mangelnden Erträgen und Hunger auf der Welt. Sie forderten deshalb von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir die Freigabe von ökologischen Vorrangflächen zur Produktion von Lebensmitteln.

    Wie steht es um den Biolandbau in Unterfranken derzeit? Welche Vor- und Nachteile hätte eine großflächige Umstrukturierung auf ökologische Landwirtschaft? Und was hätte das für Folgen für Verbraucherinnen und Verbraucher? Diese Redaktion hat mit Thomas Lang, Landesvorsitzender des Bioland Landesverbandes Bayern, und mit Thomas Zehnter, Geschäftsführer der unterfränkischen Erzeugergemeinschaft Mainkorn und Mitarbeiter beim Bauernverband Unterfranken, sowie weiteren Expertinnen und Experten aus der regionalen Landwirtschaft gesprochen.

    Wie hoch ist der Anteil an Biolandwirtschaft in Bayern und Unterfranken?

    In Bayern gab es im Jahr 2021 rund 10.098 Biobetriebe. Das geht aus Daten der Regierung von Unterfranken und des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen-Würzburg hervor. Das entspricht rund zehn Prozent der Betriebe, die bayernweit knapp zwölf Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche nach Kriterien des ökologischen Landbaus bewirtschaften.

    In Unterfranken wirtschafteten im Jahr 2021 insgesamt 1177 Betriebe mit einer landwirtschaftlich genutzten Fläche von 64.721 Hektar biologisch. Das entspricht rund zwölf Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe in Unterfranken. 16 Prozent der Flächen im Regierungsbezirk werden nach biologischen Maßstäben bewirtschaftet.

    undefined

    Worin unterscheiden sich konventionelle und biologische Betriebe bei Anbau und Tierhaltung?

    Die Flächen- und Tierangaben der Betriebe in Unterfranken, die nach Kriterien des ökologischen Landbaus wirtschaften, unterscheiden sich laut dem Landwirtschaftsamt im Vergleich zu den der konventionellen Betriebe deutlich. Unterfränkische Biobetriebe bewirtschafteten deutlich mehr Wiesen, Mähweiden und Grünland als konventionelle Betriebe. Im Jahr 2021 wurden 26 Prozent der gesamten Dauergrünflächen Unterfrankens, also rund 18.000 von 86.000 Hektar, von Ökobetrieben bewirtschaftet. Ein konventioneller Betrieb bewirtschaftet im Durchschnitt rund 5 Prozent Grünfläche, ein Ökobetrieb fast 15 Prozent Grünfläche.

    Bei den konventionellen Betrieben dominieren im Ackerbau Winterweizen, Mais, Winterraps, Wintergerste und Zuckerrüben. Auf Biobetrieben werden hauptsächlich Winterweizen und Winterdinkel angebaut. Zudem gibt es laut den Daten des Landwirtschaftsamtes im Ackerbau der ökologischen Betriebe eine größere Fruchtvielfalt auf den Feldern. Dafür benötigt der Ökolandbau aber auch mehr Fläche, um ähnlich hohe Erträge zu generieren. 

    Thomas Zehnter, Geschäftsführer der unterfränkischen Erzeugergemeinschaft Mainkorn und Mitarbeiter beim Bauernverband Unterfranken, hält eine allein auf ökologische Landwirtschaft ausgerichtete Lebensmittelproduktion für utopisch. Er arbeitet sowohl mit konventionellen als auch mit ökologischen Höfen zusammen. 
    Thomas Zehnter, Geschäftsführer der unterfränkischen Erzeugergemeinschaft Mainkorn und Mitarbeiter beim Bauernverband Unterfranken, hält eine allein auf ökologische Landwirtschaft ausgerichtete Lebensmittelproduktion für utopisch. Er arbeitet sowohl mit konventionellen als auch mit ökologischen Höfen zusammen.  Foto: Marcel Dinkel

    Auch was die Tierhaltung betrifft, unterscheiden sich konventionelle und ökologische Betriebe deutlich. Das geht aus den Daten des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen-Würzburg und der Regierung von Unterfranken hervor. In Biobetrieben wurden im Jahr 2021 durchschnittlich weniger Schweine gehalten als in konventionellen Betrieben. Von insgesamt 247.065 Schweinen in Unterfranken im vergangenen Jahr, wurden lediglich 4389 unter ökologischen Bedingungen gehalten. Insgesamt ist der Schweinebestand in Unterfranken seit 2018 um rund 14 Prozent zurückgegangen.

    Wäre es möglich, eine Region wie Unterfranken nur mit ökologischer Landwirtschaft zu versorgen?

    Ganz Unterfranken allein auf ökologische Landwirtschaft umzustellen, hält Thomas Zehnter, Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Mainkorn und Mitarbeiter beim Unterfränkischen Bauernverband, für utopisch. Aufgrund der stark schwankenden Erträgen bei der biologischen Erzeugung sei man auf die konventionelle Landwirtschaft angewiesen, um stabilisierend in den Markt einzugreifen, sagt er.

    Zudem wären Gegenden wie der Spessart und die Rhön, in denen es viele Grünlandflächen gibt, auf die hohen Tierbestände der konventionellen Landwirte angewiesen. "Die Grünflächen lassen sich für die Landwirte nur über Tierhaltung verwerten, ansonsten liegen diese brach und bringen den Landwirten nicht genug Ertrag", sagt Zehnter. 

    Anders sieht das Thomas Lang, der Landesvorsitzender des Bioland-Verbands Bayern: "Meiner Meinung nach ist der Ökolandbau die Zukunft", sagt er. Selbst bei einer Umstrukturierung der Landwirtschaft auf 100 Prozent ökologisch, sieht Lang die Versorgungslage nicht als gefährdet an.

    Das funktioniere aber nur, wenn nicht mehr so viele Lebensmittel wie derzeit verschwendet und weggeworfen würden. Außerdem dürfte auf den Äckern nicht mehr so viel Tierfutter angebaut werden, wie das im Moment der Fall ist. Denn der Anbau von Tierfutter braucht viel Fläche. Die freien Flächen könnte dann zur Produktion von Getreide und anderen Nahrungsmitteln verwendet werden. Dafür müssten aber alle ihren Konsum von Fleisch und anderen tierischen Produkten wie Milch und Käse reduzieren.

    Welche Folgen hätte eine komplette Umstellung auf ökologische Landwirtschaft für Verbraucherinnen und Verbraucher?

    Für den Verbraucher und die Verbraucherin würde eine komplette Umstellung auf ökologische Landwirtschaft bedeuten, dass es in den Supermärkten generell weniger Fleisch und weniger tierische Produkte zu kaufen geben würde. Bei einer rein auf ökologischer Landwirtschaft basierten Versorgung müssten, um die gleiche Anzahl an Menschen zu versorgen, weniger Tierfutter angebaut und damit auch weniger Tiere insgesamt gehalten werden. "Das heißt aber nicht, dass wir alle Veganer oder Vegetarier werden müssen", sagt Bioland-Vertreter Thomas Lang. 

    Thomas Lang, Landesvorsitzender des Bioland Landesverbandes Bayern sagt: "Meiner Meinung nach ist der Ökolandbau die Zukunft."
    Thomas Lang, Landesvorsitzender des Bioland Landesverbandes Bayern sagt: "Meiner Meinung nach ist der Ökolandbau die Zukunft." Foto: Silvia Gralla

    Viele Menschen könnten sich dann aber wohl nicht mehr täglich Fleisch leisten. Durch eine Umstellung auf ökologische Landwirtschaft würden die Lebensmittel im Schnitt nämlich teurer werden, sagt Thomas Zehnter von der unterfränkischen Erzeugergemeinschaft Mainkorn. Um wie viel teurer, lasse sich aber schwer abschätzen. Vor allem der Preis für tierische Produkte wie Fleisch würden absehbar steigen, so Zehnter.

    Laut Mechthild Cloppenburg von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft, lag der durchschnittliche Verbraucherpreis für ein Kilogramm naturbelassenes Bio-Schweineschnitzel zu Beginn des Jahres 2022 bei 13,56 Euro. Zum Vergleich: ein Kilogramm konventionell erzeugtes Schweineschnitzel kostete im selben Zeitraum etwa 8,29 Euro. Laut einem Bericht der "Wirtschaftswoche" waren Biolebensmittel im Jahr 2016 insgesamt im Schnitt rund 42 Prozent teurer als konventionell erzeugte Lebensmittel.

    "Bei mehr Bio müssen die Leute dazu bereit sein, mehr Geld für Lebensmittel auszugeben", sagt Zehnter. Auch Thomas Lang von Bioland schätzt, dass durch mehr ökologische Landwirtschaft die Preise von Lebensmittel vermutlich steigen werden. Wenn aber mehr Bioprodukten auf dem Markt seien, würden sich die Preise auch wieder anpassen. 

    Wie gut sind die Bedingungen für den Ökolandbau in Unterfranken angesichts des Klimawandels?

    In Unterfranken ist es vor allem trocken und warm. Für den Ökolandbau sei das eine günstige Situation, sagen Expertinnen und Experten des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen-Würzburg. Denn aufgrund des trockenen Klimas würde es weniger Pilzbefall bei Getreide und Pflanzen auf den Feldern geben. Auch seien das gute Bedingungen dafür, dass der Stickstoff im Boden bleibt, den die Pflanzen zum Wachsen benötigen.

    Dieser Ansicht ist auch Bioland-Vorstand Thomas Lang. Gerade was das Speichern von Wasser betrifft, habe die ökologische Landwirtschaft einige Vorzüge bei der Bodenbewirtschaftung. "Die biologische Landwirtschaft leistet mit ihrem Humusaufbau einen elementaren Beitrag zum Wasserschutz", sagt Lang. Durch die bessere Durchwurzelung könne der Boden das Wasser besser halten. 

    Welche Vor- und Nachteile haben die ökologische und die konventionelle Landwirtschaft im Vergleich?

    Der größte Vorteil im Ökolandbau ist laut dem Vorsitzenden des Bioland-Verbands, dass keine synthetischen Pflanzenschutzmittel verwendet werden. Auch beim Thema Wasserschutz würde die ökologische Landwirtschaft punkten, denn die Böden könnten durch die vielen Wurzeln und ihre Beschaffenheit mehr Wasser speichern. Und diese Form der Landwirtschaft schützt auch die Artenvielfalt.

    Stabilere, bessere und wetterunabhängigere Erträge sind hingegen ein Vorteil der konventionellen Landwirtschaft, erklärt Bauernverband-Mitarbeiter Thomas Zehnter. Dafür seien konventionelle Landwirte aber abhängig von Düngemitteln. Hier müsse sich auch die konventionelle Landwirtschaft Gedanken machen, wie sie sich weiterentwickeln könne, sagt Zehnter.

    Viel wichtiger, als die Debatte, ob Bio oder konventionell, ist es aber laut Zehnter, dass sich Verbraucherinnen und Verbraucher darüber informieren, woher ihre Nahrung kommt und wer sie wo herstelle. "Egal ob biologisch oder konventionell, wichtiger wäre es, wenn die Verbraucher zu regionalen Produkten mit nachvollziehbaren Labels zurückgreifen", sagt er.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden