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Zell: Bischof Jung zu Besuch im Kloster Oberzell: „Ein Hilfeangebot, das mir alle Bewunderung abringt“

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Bischof Jung zu Besuch im Kloster Oberzell: „Ein Hilfeangebot, das mir alle Bewunderung abringt“

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    Bischof Franz Jung auf seinem Rundgang, hier in der Begegnung mit den Schwestern im Antonia-Werr-Zentrum in St. Ludwig.
    Bischof Franz Jung auf seinem Rundgang, hier in der Begegnung mit den Schwestern im Antonia-Werr-Zentrum in St. Ludwig. Foto: Anja Mayer

    Der Würzburger Bischof Franz Jung ist beeindruckt. Nach über zehn Stunden, die er in den verschiedenen Einrichtungen der Oberzeller Franziskanerinnen verbracht hat, würdigt er das „differenzierte Hilfeangebot, das mir alle Bewunderung abringt“. Es war der erste offizielle Besuch des Bischofs im Kloster Oberzell seit seinem Amtsantritt im Jahr 2018. Darüber berichtet die Pressestelle der Oberzeller Schwestern in einer Pressemitteilung, der folgender Text entnommen ist. 

    Auf Einladung von Generaloberin Sr. Katharina Ganz lernte der Bischof die Arbeit der Oberzeller Schwestern und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den verschiedenen Einrichtungen kennen, die alle der Gründungsidee von Antonia Werr verpflichtet sind, nämlich Mädchen und Frauen in Krisensituationen Hilfestellung zu leisten. 

    Christine Scheller, kommissarische Einrichtungsleiterin, begrüßte die kleine Abordnung im Antoniushaus, dem klostereigenen Alten- und Pflegeheim. Hier leben aktuell 33 Schwestern und sieben weltliche Frauen. „Auf der einen Seite sind wir ein ganz normales Altenheim, das wie jede andere Einrichtung den gesetzlichen Vorgaben folgen muss,“ wandte sich Christine Scheller an den Bischof, „andererseits sind wir sehr besonders.“ Der Tagesablauf sei stark angelehnt am klösterlichen Leben. Das Konzept zeichne sich unter anderem dadurch aus, dass der Pflegebedarf mit den Bewohnerinnen gemeinsam festgestellt werde und dabei der Erhalt der Selbstständigkeit im Vordergrund stehe. 

    Intensive sozialpädagogische Begleitung

    Nächster Halt: Die Wohngemeinschaft Berscheba in der Peterpfarrgasse in Würzburg, eine sozialtherapeutische stationäre Einrichtung für Frauen zwischen 17 und 30 Jahren mit psychischer Erkrankung. Hier wartete Einrichtungsleiterin Ute Berger, die dem Bischof Konzept und Arbeit vorstellte. Die Wohngemeinschaft Berscheba biete den jungen Frauen einen Lebensraum mit intensiver sozialpädagogischer Begleitung an, an dem sie nach traumatisierenden Lebenserfahrungen und -umständen mit all ihrer Not, mit Scheitern und Misslingen, mit allen Abbrüchen und mit ihren ganz eigenen Überlebensstrategien ankommen dürfen und willkommen seien, so Berger.  

    Nach einem kleinen Rundgang ging es für die Gruppe weiter in die Huttenstraße ins Haus Antonia Werr. Fachbereichsleiterin Karola Herbert schilderte kurz die Geschichte des Hauses. Ursprünglich als Mädchenheim genutzt, steht es seit 1989 für Frauen in Krisensituationen zur Verfügung. 2019 startete eine umfangreiche Sanierung, die im vergangenen Jahr abgeschlossen wurde.

    Schicksalsschläge oder schwerwiegende Ereignisse können Grund für eine kurzzeitige oder längerfristige Aufnahme sein: die Orientierung in problematischen Lebenssituationen, der Verlust der Wohnung, die Neuausrichtung nach dem Aufenthalt in einer psychosomatischen oder psychiatrischen Klinik oder gar nach der Haft, die Suche nach neuen Lebenskonzepten und vieles mehr. „Wir begleiten die Frauen in ihrer Lebenswelt, ihrer Realität“, betonte die Fachbereichsleiterin. 

    Durch sein Ehrenamt in der Bahnhofsmission kennt Bischof Franz Jung solche Krisensituationen  aus der Begegnung mit den Menschen dort und konnte manche Parallelen ziehen. Sowohl im Wohnverbund Berscheba als auch im Haus Antonia Werr fragte er gezielt nach: Wie betroffene Frauen auch in Sachen Ausbildung und Beruf gefördert werden oder wie die Sozialpädagoginnen feststellen, wann eine Frau bereit ist, wieder auszuziehen. 

    Bischof holt sich Rat im Umgang mit Traumatisierten

    Standortwechsel: Im rund 40 Kilometer entfernten St. Ludwig, einem Ortsteil von Wipfeld (Lkr. Schweinfurt), stellten Geschäftsleiterin Anja Sauerer, Erziehungsleiterin Carina Enderes und Schwester Agnella Kestler die Antonia-Werr-Zentrum GmbH (AWZ) vor. Sie ist eine heilpädagogisch-therapeutische Einrichtung der Jugendhilfe für Mädchen und junge Frauen (Alter von elf bis etwa 21 Jahren) in schwierigen, zum Teil aus traumatisierenden Lebenssituationen. Das AWZ ist wie ein eigenes kleines geschütztes Dörfchen mit Wohnhäusern, Parkanlage, Schule und Ausbildungsstätten. Bei seinem Rundgang durfte der Bischof in zwei Wohngruppen eintreten, in denen jeweils ein Mädchen selbst die Führung übernahm. 

    Beim anschließenden Austausch holte sich der Bischof manchen Rat für den Umgang mit traumatisierten Menschen. Er führe selbst oft Gespräche mit Betroffenen, die eine jahrelange Therapie hinter sich hätten, aber einfach nicht von ihrem Trauma loskämen.

    Nach über zehn Stunden an fünf verschiedenen Orten endete der Bischofsbesuch ähnlich wie er begonnen hatte: Ein Gottesdienst in der Oberzeller Kirche hatte den Tag eingeläutet, eine gemeinsame Vesper in der Klosterkirche St. Ludwig rundete ihn ab. Gebete um den Frieden standen zum Jahrestag des Kriegsbeginns in der Ukraine im Mittelpunkt. Auch hier engagieren sich die Oberzeller Franziskanerinnen, denn sowohl im Haus Antonia Werr als auch auf dem Klostergelände leben aus der Ukraine geflüchtete Frauen und Kinder.

    Das Werk von Antonia Werr fortsetzen

    In allen Bereichen setzen die Schwestern und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihrer Einrichtungen den Sendungsauftrag der Gründerin Antonia Werr fort: Antonia Werr hatte eine positive Sicht vom Menschen. Es gab für sie keine „hoffnungslosen Fälle“. 

    Als Kongregation päpstlichen Rechts sind die Dienerinnen der hl. Kindheit Jesu (so der offizielle Name der Oberzeller Franziskanerinnen) nicht dem Diözesanbischof unterstellt und erhalten auch keine Kirchensteuergelder. Aber sie sind Teil der katholischen Kirche und leisten vor Ort bedeutende karitative und seelsorgerische Arbeit. Generaloberin Sr. Katharina gab dem Bischof einen Wunsch mit auf den Nachhauseweg: „Das Kloster Oberzell und seine Einrichtungen sollten im Strategieprozess des Bistums eine Rolle spielen – angefangen beim Erhalt unserer beiden Klosterkirchen bis hin zur finanziellen Unterstützung unserer Arbeit.“

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