Schwerer Schlag für die Katholiken im Bistum Würzburg: Eine 44-jährige Frau beschuldigt den früheren langjährigen Personalreferenten und ehemaligen Missbrauchsbeauftragten der Diözese, sie als 17-Jährige im Diözesanexerzitienheim Himmelspforten in Würzburg sexuell missbraucht zu haben. Gleichzeitig wirft das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ dem Bistum vor, den Fall bis heute geheim zu halten.
Der Fall ist bereits zu den Akten gelegt. Im Dezember 2015 hat die Kongregation für die Glaubenslehre an Bischof Friedhelm Hofmann geschrieben, dass das kirchliche Verfahren einzustellen sei.
In seiner jüngsten Ausgabe schildert der „Spiegel“ die Erfahrungen einer heute 44 Jahre alten Frau mit einem Priester im Jahr 1988. Die Frau sagt, sie sei im Alter von 17 Jahren von dem Geistlichen in einem Besprechungszimmer in Himmelspforten zum „Oralverkehr“ gezwungen worden. Die Frau beschuldigt den damaligen Personalreferenten und ehemaligen Missbrauchsbeauftragten des Bistums.
Strafrechtsprofessor Klaus Laubenthal, der heutige Missbrauchsbeauftragte der Diözese, bestätigt am Karsamstag auf Nachfrage: Alle Angaben, die im Zusammenhang mit seiner Person im „Spiegel“-Bericht stehen, stimmen. Demnach ist er aus allen Wolken gefallen, als er die schriftlich verfassten Vorwürfe der Frau im Januar 2014 gelesen habe.
Er habe ihre Angaben überprüft und sei zu den Schluss gekommen, „dass tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht eines sexuellen Missbrauchs an einer minderjährigen Person“ vorliegen. Der Beschuldigte habe die Tat in einer ersten schriftlichen Stellungnahme sogar „beinahe“ zugegeben mit dem Satz: „Als Ort eines missbräuchlichen Übergriffs käme wohl nur Himmelspforten infrage“. Ebenso, dass er am 17. September 1988 tatsächlich eine Weile allein mit dem Mädchen in einem Raum gewesen sei. Er habe sich sogar – über zwei Jahrzehnte später – daran erinnern können – was die damals 17-Jährige anhatte. Jeden sexuellen Übergriff habe er jedoch bestritten.
„Die Diözese Würzburg und Bischof Hofmann weisen die im ,Spiegel‘-Bericht geäußerten Vorwürfe zurück“, heißt es auf Nachfrage dieser Redaktion. „Der Diözese Würzburg und Bischof Hofmann ging es von Anfang an um eine saubere und minutiöse Aufarbeitung“, teilt Pressesprecher Bernhard Schweßinger mit.
Nach einem Gespräch mit den Eltern im November 2012 habe Professor Laubenthal noch im September 2013 schriftlich bestätigt, dass keinerlei substanziierter Missbrauchsvorwurf vorliegt, heißt es weiter in dem Statement der Diözese. Erst nach Gesprächen mit der Frau und dem Beschuldigten im Januar 2014 sei Laubenthal zu einem anderen Ergebnis gekommen. Daraufhin sei sofort eine kirchenrechtliche Voruntersuchung in die Wege geleitet und – wegen der Gefahr der Befangenheit der eigenen Richter – in München durchgeführt worden.
„Der Beschuldigte war in seinen Aussagen klar und konstant, dass der Vorwurf in keiner Weise zutrifft“, schreibt Schweßinger. Daran habe sich nichts geändert. „Dem beschuldigten Priester vertraut der Bischof voll, ohne dass dies Einfluss auf das Verfahren gehabt hätte.“
Laut einer auf der Internetseite des Bistums veröffentlichten „Chronologie“ lag der Abschlussbericht von Prälat Lorenz Wolf, Offizial der Erzdiözese München und Freising, im August 2015 vor. Darin heißt es, dass die Behauptung der Frau, sexuell missbraucht worden zu sein, nicht bewiesen werden könne. Im September 2015 wurden den Angaben zufolge die Akten an die Kongregation für die Glaubenslehre in Rom übersendet. Diese habe im Dezember 2015 Bischof Hofmann schriftlich mitgeteilt, „dass das Verfahren einzustellen sei“.
Der Beschuldigte war von 2002 bis 2010 Missbrauchsbeauftragter der Diözese Würzburg. In seiner Amtszeit hat er laut Bernhard Schweßinger 20 Missbrauchsvorwürfe bearbeitet. „Rund 80 Prozent konnten zu einem Ergebnis geführt werden.“ Auch hätten der damalige Generalvikar Karl Hillenbrand und der beschuldigte Priester jahrelang eng zusammengearbeitet und sich auch gut gekannt.
Der im „Spiegel“ wiedergegebene Satz von Karl Hillenbrand gegenüber dem Beschuldigten, „ . . . vielleicht hast du so ein bisserl liebevoll den Arm um sie gelegt oder so“ habe der Beschuldigte dem Generalvikar laut Untersuchungsbericht in den Mund gelegt. Laut Diözese wurden dem Beschuldigten „weder irgendwelche Vorteile in dem Verfahren gewährt, noch wurde von ihm ein Antrag auf Einblick in die Personalakte gestellt“. Demgegenüber schreibt der „Spiegel“, dass Generalvikar Hillenbrand dem Beschuldigten erlaubt hätte, „alle für Außenstehende unzugänglichen Akten zu seinem Fall einzusehen“.
Wenige Tage bevor der Voruntersuchungsbericht nach Rom geschickt wurde, hat der jetzige Generalvikar Thomas Keßler laut der „Chronologie“ im September 2015 einen Brief an die Rechtsanwältin der Frau geschickt. Darin macht er das Angebot, mit ihr und ihrer Mandantin in einem persönlichen Gespräch die Ergebnisse zu erläutern – unter Hinzuziehung eines Psychologen. „Das von der Rechtsanwältin abgelehnte Angebot . . . besteht nach wie vor“, sagt Pressesprecher Bernhard Schweßinger. Bischof schweigt im Ostergottesdienst
Mit keinem Wort ist Würzburgs Bischof Friedhelm Hofmann im feierlichen Ostergottesdienst am Sonntag im Dom auf den neuerlichen Missbrauchsfall eingegangen, der die Mainmetropole erschüttert. Hofmann blieb bei dem vorbereiteten Predigttext. Die biblische „Hoffnungsbotschaft“ müsse im Leben der Christen konkret werden, so Hofmann in einer relativ kurzen Predigt vor rund 2700 Gläubigen.
Hofmann rief die Christen auf, sich von der Botschaft der Auferstehung Jesu ergreifen zu lassen. Aus dieser Perspektive heraus sollten sie ihre Lebensentscheidungen fällen. Nur dann könne diese „sensationelle biblische Nachricht“ auch ihre Wirkung zur Verbesserung der Welt entfalten.