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WÜRZBURG: Bischof von Würzburg wollte ein weiteres Gutachten

WÜRZBURG

Bischof von Würzburg wollte ein weiteres Gutachten

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    Nun hat auch die Diözese Würzburg offiziell mitgeteilt, dass die Ermittlungen des Missbrauchsbeauftragten gegen einen ihrer Geistlichen beendet sind. Wie diese Redaktion bereits berichtete, hat Professor Klaus Laubenthal das Verfahren Ende Januar eingestellt.

    Insgesamt hatte der Ordinarius für Kriminologie und Strafrecht an der Uni Würzburg zwei Vorwürfe sexuellen Missbrauchs gegen den Priester geprüft. Den ersten hat Alexandra W. 2013 erhoben. Zu diesem ersten Vorwurf gab es eine kirchenrechtliche Voruntersuchung. Dieses Verfahren wurde im Dezember 2015 eingestellt. Nach weltlichem Strafrecht war der Fall verjährt.

    „Keine zureichenden Anhaltspunkte“

    Laut Pressemitteilung des bischöflichen Ordinariats hatte Laubenthal ab April 2016 einen zweiten Vorwurf, der gegen den Geistlichen im Raum stand, untersucht. Seine Prüfung habe ergeben, dass es für ihn „nach derzeitigem Stand der Ermittlungen keine zureichenden Anhaltspunkte“ gibt. So weit sind die Fakten bekannt.

    Die Pressemitteilung, die auch auf der Bistums-Homepage nachzulesen ist, weist jedoch auf einen bislang öffentlich nicht bekannten Aspekt hin: auf ein zweites aussagepsychologisches Gutachten. Bis zu dieser Mitteilung hat die Diözese Würzburg nur auf ein einziges Gutachten von Norbert Nedopil hingewiesen. Es wurde laut Bistum im Mai 2015 erstellt, also innerhalb der kirchenrechtlichen Voruntersuchung.

    Berliner Aussagepsychologe

    Aktuell ist von einem zweiten Gutachten über Alexandra W. die Rede, das allerdings erst im August 2016 „durch einen der bundesweit renommiertesten Aussagepsychologen der Charité Berlin“ erstellt worden sei. Auf Nachfrage heißt es von Bistumsseite: Bei dem Gutachter handelt es sich um Max Steller, emeritierter Professor für Forensische Psychologie.

    Die beiden Gutachten unterscheiden sich in ihrem Ergebnis. Gutachter Norbert Nedopil zufolge konnte ein sexueller Übergriff durch den Geistlichen aussagepsychologisch nicht belegt werden. Laut Professor Laubenthal stellte das Nedopil-Gutachten allerdings zuvor klar, dass das gefundene Ergebnis nicht notwendigerweise bedeute, dass das von Alexandra W. berichtete Ereignis nicht stattgefunden habe; kurz: Es kann sein und es kann nicht sein, dass eine sexuelle Nötigung stattgefunden habe, so Laubenthal.

    Gutachter Max Steller kommt laut Mitteilung der Diözese zu folgendem Schluss: Die von Alexandra W. erhobene Anschuldigung weise „inhaltliche Widersprüche“ auf. Und: Zu keinem Zeitpunkt habe eine begründete Wahrscheinlichkeit für einen tragfähigen Anfangsverdacht auf einen sexuellen Übergriff durch den beschuldigten Priester bestanden.

    Fragen zum zweiten Gutachten

    Zum zweiten Gutachten von Max Steller gibt es mehrere Fragen: Dürfen Unterlagen nach Abschluss eines kirchenrechtlichen Verfahrens willkürlich aus der Akte herausgenommen und einem Gutachter übergeben werden? Wurde Alexandra W. darüber informiert? Hat sie ihr Einverständnis dazu gegeben? Warum wurde ein weiteres Gutachten eingeholt?

    Das Bistum Würzburg hat in dieser Angelegenheit mittlerweile den Würzburger Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochen Schrepfer beauftragt, Presseauskünfte zu geben: Das zweite Gutachten sei von Max Steller im Auftrag des Bischofs erstellt worden. „Er wollte sich dadurch vergewissern, dass der betreffende Geistliche der Diözese Würzburg seine Tätigkeiten uneingeschränkt ausüben kann.“

    „Eigentum des Bischofs“

    Weiter führt Rechtsanwalt Schrepfer aus: „Mit Abschluss des kirchenrechtlichen Verfahrens steht die Akte quasi im Eigentum des Bischofs, der die Akte verwahrt und eigenständig über eine etwaige Herausgabe der Akte oder von bestimmten Unterlagen aus der Akte entscheidet.“ Und: Es wurde „eine gutachterliche Stellungnahme nach Aktenlage eingeholt“. Daher sei Alexandra W. über den Gutachtensauftrag nicht in Kenntnis gesetzt worden.

    Wäre dieses Vorgehen auch nach weltlichem Recht möglich? Dazu gibt Professor Klaus Laubenthal Auskunft – nicht in seiner Funktion als externer Missbrauchsbeauftragter der Diözese Würzburg, sondern als renommierter Strafrechtler.

    Gutachten als Teil des Ermittlungsverfahrens

    Er sagt: „Wenn das weltliche Ermittlungsverfahren eingestellt ist, dann kommt es nicht in Betracht, dass die Ermittlungsbehörde – ohne Kenntnis der beschuldigenden Person – ein neues aussagepsychologisches Gutachten über sie erstellen lässt.“ Dazu müsste man das Ermittlungsverfahren wieder aufnehmen. Denn, so Professor Laubenthal, „die Erstellung eines Gutachtens zu einem möglichen strafrechtlich relevanten Vorwurf ist ja Teil des strafprozessualen Ermittlungsverfahrens“.

    Überhaupt sei es verwunderlich, „dass ein Gutachten nach Aktenlage erstellt wurde, ohne zuvor das Opfer angehört zu haben, das unter anderen über die Medien erklärt hat, aussagebereit zu sein“. Zudem, so fügt Professor Laubenthal hinzu, wäre es in einem weltlichen Ermittlungsverfahren nicht ausgeschlossen, dass dort auch ein Gutachten über den Beschuldigten eingeholt wird.

    Was kirchenrechtlich also offenbar möglich ist, ist nach weltlichem Recht nicht möglich.

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