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Würzburg: Blutkonserve in Stanzzylindern gesammelt und mit einem Wattebausch verschlossen: 75 Jahre Transfusionsmedizin und Hämotherapie am Uniklinikum Würzburg

Würzburg

Blutkonserve in Stanzzylindern gesammelt und mit einem Wattebausch verschlossen: 75 Jahre Transfusionsmedizin und Hämotherapie am Uniklinikum Würzburg

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    Die allogene Stammzellspende ist fester Bestandteil des heutigen Leistungsspektrums des Instituts für Klinische Transfusionsmedizin und Hämotherapie.
    Die allogene Stammzellspende ist fester Bestandteil des heutigen Leistungsspektrums des Instituts für Klinische Transfusionsmedizin und Hämotherapie. Foto: UKW / Angie Wolf

    Aus heutiger Sicht ist das kaum mehr vorstellbar: Blut gesammelt in Stanzzylindern – verschlossen mit einem Wattebausch. . . Doch genau so stellten im Jahr 1948 – vor 75 Jahren – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Chirurgischen Klinik der Universität Würzburg ihre erste Blutkonserve her. Heute zählt das Institut für Klinische Transfusionsmedizin und Hämotherapie zu den zentralen Einrichtungen des Uniklinikums Würzburg (UKW). „Wir versorgen das gesamte Krankenhaus mit umfassenden transfusionsmedizinischen Leistungen – sowohl in der Diagnostik, als auch in der Therapie“, verdeutlicht Prof. Markus Böck, der Leiter des Instituts in einer Pressemitteilung, der folgende Informationen entnommen sind.

    Erste Blutspendezentrale im Freistaat

    Zwei Jahre lang wurde mit Stanzzylindern und Wattebausch hantiert, dann kamen erstmals Vakuumflaschen für die Blutspende zum Einsatz. Von dieser Zeit an gab das UKW Konserven auch an andere Kliniken ab – und fungierte damit als erste Blutspendezentrale in Bayern. Ausgehend von anfänglich etwa 500 Konserven, stieg die Jahresproduktion in der Folge immer weiter an, so dass zu Beginn der 1960er Jahre schon rund 6000 Blutkonserven am Würzburger Uniklinikum hergestellt werden konnten.

    Vorreiter in der Plasmapherese

    In den 1960er und den Folgejahren erweiterte sich unter der Leitung des späteren Professors Dieter Wiebecke auch das sonstige Leistungsspektrum der Blutspendezentrale. Beispielsweise wurde damals die präparative Plasmapherese eingeführt. Bei diesem Verfahren wird außerhalb des Körpers die Plasmafraktion von den Blutzellen abgetrennt. Das Plasma wird gesammelt, die Blutzellen erhält der Spender oder die Spenderin zurück. Was zu Beginn noch manuell durchgeführt werden musste, übernahmen später automatisiert in einem extrakorporalen Kreislauf sogenannte Zellseparatoren. Zunächst ging es dabei hauptsächlich um das Gewinnen von Passivimpfstoffen –zum Beispiel gegen Tetanus oder Pocken – sowie von anderen Antikörpern, die bereits damals bei Patientinnen und Patienten klinisch eingesetzt wurden.

    Später wurde auf Basis der Plasmapherese auch gefrorenes Frischplasma hergestellt. „Mit diesen Entwicklungen zählte das Uniklinikum Würzburg seinerzeit zu den bundesweiten Vorreitern der Transfusionsmedizin“, betont Böck.

    Therapeutische Zellseparation ab den 1970er Jahren

    Im Jahr 1970 dann wurde die Blutspendezentrale umbenannt in „Abteilung für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie“ und mit Wirkung vom 1. November 1974 erhielt sie den Status einer selbstständigen Abteilung. Diese schaffte 1977 den ersten Zellseparator für die Therapie an. Das Gerät wurde zunächst für Plasmaaustauschbehandlungen, später auch für sogenannte therapeutische Zytapheresen eingesetzt. Dabei lassen sich gezielt Plasma oder bestimmte zelluläre Bestandteile aus dem Blut von Patientinnen und Patienten entfernen. Diese Methode kommt bei vielen Autoimmunerkrankungen, aber auch bei verschiedenen Leukämie-Formen zur Anwendung.

    Erstes GMP-Labor des UKW installiert

    Nach dem Ausscheiden von Prof. Wiebecke übernahm Prof. Böck 1999 die Leitung der Abteilung. Unter seiner Führung wurde im Herbst 2001 ein neuer, hochtechnisierter Laborbereich für die hochsterile Herstellung von Stammzellkonzentraten in Betrieb genommen. „Als erstes GMP-Labor des UKW konnten wir die strengen EU-Vorschriften für die eigene Herstellung von Stammzellkonzentraten erfüllen und erhielten die entsprechende behördliche Zulassung“, berichtet Böck und fährt fort: „Bis heute werden dort in quasi vollständig staub- und keimfreier Luft Stammzellkonzentrate bearbeitet und in flüssigem Stickstoff tiefgefroren.“

    Im Juli 2007 änderte sich erneut der Status der Transfusionsmedizin am UKW: Die „Abteilung für Transfusionsmedizin“, die bis dahin der Chirurgischen Klinik I zugeordnet war, wurde in das eigenständige „Institut für Klinische Transfusionsmedizin und Hämotherapie“ umgewandelt. Seit dieser Zeit verfügt das UKW über eines der beiden einzigen universitären transfusionsmedizinischen Institute in Bayern.

    Weiter wachsende Leistungsvielfalt seit der Jahrtausendwende

    Heute versorgen 66 Beschäftigte das gesamte UKW und einige umgebende Kliniken mit allen transfusionsmedizinischen Leistungen eines modernen Universitätsklinikums. Hierzu gehören nicht nur die Bereitstellung von rund 70.000 Blutkomponenten jährlich, sondern auch die komplette immunhämatologische Labordiagnostik mit über 250.000 Analysen pro Jahr sowie die gesamte HLA-Diagnostik des Klinikums. Letztere spielt vor allem bei der Spendersuche in der Transplantationsmedizin eine wichtige Rolle. 

    Im Spendebereich werden neben Vollblutspenden vor allem die am UKW in steigender Zahl benötigten Thrombozytenkonzentrate sowie gefrorene Frischplasmen hergestellt.

    Betreiber der Stammzellspenderdatei „Netzwerk Hoffnung“

    Als Besonderheit betreibt das Institut unter dem Namen „Netzwerk Hoffnung“ eine international akkreditierte Stammzellspenderdatei. Diese Datei wurde vor 20 Jahren anlässlich einer Spendersuche für einen Patienten mit Leukämie gegründet und vermittelt seitdem Stammzellspenden von Spenderinnen und Spendern aus Franken in alle Welt. Sie führt regelmäßig Aktionen durch, um immer mehr Menschen zu motivieren, sich als potenzielle Stammzellspender zur Verfügung zu stellen.

    Gewonnene Stammzellen werden im GMP-Reinraumlabor unter hochsterilen Bedingungen tiefgefroren und in speziellen Stickstofftanks bei Temperaturen unter -140 °C gelagert.
    Gewonnene Stammzellen werden im GMP-Reinraumlabor unter hochsterilen Bedingungen tiefgefroren und in speziellen Stickstofftanks bei Temperaturen unter -140 °C gelagert. Foto: UKW / Daniel Peter
    Prof. Markus Böck, der Leiter des Instituts für Klinische Transfusionsmedizin und Hämotherapie, im Gespräch mit einem Thrombozyten-Spender.
    Prof. Markus Böck, der Leiter des Instituts für Klinische Transfusionsmedizin und Hämotherapie, im Gespräch mit einem Thrombozyten-Spender. Foto: UKW / Anja Haas
    Das Bild aus den 1980er Jahren zeigt Prof. Dieter Wiebecke¸ den damaligen Leiter der Abteilung für Transfusionsmedizin, bei der Durchführung einer Plasmapherese.
    Das Bild aus den 1980er Jahren zeigt Prof. Dieter Wiebecke¸ den damaligen Leiter der Abteilung für Transfusionsmedizin, bei der Durchführung einer Plasmapherese. Foto: UKW / Archiv Transfusionsmedizin
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