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Würzburg/Kitzingen: Boden als Investment: Was der unterfränkische Acker kostet und warum Investoren eine Gefahr für Landwirte sind

Würzburg/Kitzingen

Boden als Investment: Was der unterfränkische Acker kostet und warum Investoren eine Gefahr für Landwirte sind

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    Äcker und Böden werden immer teurer. Auch in Unterfranken steigen die Preise seit Jahren, die Zahl der Flächenkäufe von außerlandwirtschaftlichen Investoren steigt.
    Äcker und Böden werden immer teurer. Auch in Unterfranken steigen die Preise seit Jahren, die Zahl der Flächenkäufe von außerlandwirtschaftlichen Investoren steigt. Foto: Dominik Dorsch

    Was knapp ist, ist auch teuer. Dieser Grundsatz gilt immer schon für Flächen in der Landwirtschaft - und der Markt dafür ist umkämpfter denn je. Seit Jahren steigt auch in Unterfranken der Kaufpreis für Böden. Kostete hier ein Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche den Daten des Bayerischen Landwirtschaftsministeriums zufolge im Jahr 2010 im Schnitt rund 18.000 Euro, sind es gut zehn Jahre später fast 30.000 Euro, die dafür verlangt werden.

    Doch im Zuge des Strukturwandels gelangen immer weniger Äcker und Flächen in die Hände aktiver Bäuerinnen und Bauern. Die Politik befürchtet, dass Boden in den kommenden Jahren mehr zum Spekulationsobjekt und Investment agrarferner Käuferinnen und Käufer werden könnte. Wo ist der Boden in Unterfranken am teuersten, wie viel landwirtschaftliche Fläche gibt es und welche Besonderheiten gilt es zu beachten? Die Antworten von Experten im Überblick.

    Wie viel landwirtschaftliche Nutzfläche gibt es in Unterfranken?

    In Unterfranken gibt es laut dem Agrarbericht des Landwirtschaftsministeriums insgesamt 349.253 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche (LF). Laut Definition zählen dazu Äcker, Obst- und Weinbauflächen, Weiden, Ge­mü­se­gär­ten sowie zeit­lich be­grenzte Brachflächen.

    Von den drei fränkischen Regierungsbezirken hat Unterfranken die meiste landwirtschaftliche Fläche. Der Großteil davon ist Ackerboden, sagt Heiko Lukas, Agrarexperte bei der Regierung von Unterfranken. Aufgrund der guten Bodenqualität und der Trockenheit der Region, gebe es in Unterfranken vergleichsweise wenig Wiesen und Weiden. Rund 20 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche sind sogenanntes Dauergrünland.

    Wie viel Hektar besitzt ein durchschnittlicher Betrieb?

    Wie viel Hektar landwirtschaftliche Betriebe in Unterfranken im Durchschnitt besitzen, lasse sich schwer bestimmen, sagt Lukas. Er schätzt, dass ein Betrieb ohne Flächenzukauf in den vergangenen Jahrzehnten im Schnitt zwischen acht und zehn Hektar besitzt. Dazu komme der Anteil an Pachtflächen. Den Daten des Landwirtschaftsministeriums zufolge nehmen diese seit 1949 kontinuierlich zu. In Unterfranken, sagt Lukas, sei der Anteil an gepachteter Fläche besonders hoch.

    Laut Ministerium bewirtschaftet ein durchschnittlicher Betrieb in der Region rund 37,3 Hektar. Damit hat Unterfranken im Schnitt größere Betriebe als der Rest des Freistaats. Dies liege am ausgeprägten Ackerbau und der geringen Anzahl an Viehhalterinnen und Viehaltern in Unterfranken, erklärt Agrarexperte Heiko Lukas.

    Darf ich überhaupt große Flächen kaufen, wenn ich nicht Landwirt bin?

    Wenn jemand, der nicht in der Landwirtschaft tätig ist, eine Fläche von über einem Hektar kaufen möchte, muss dies zuvor vom zuständigen Landratsamt genehmigt werden, erklärt Eugen Köhler vom Unterfränkischen Bauernverband (BBV). Die Landratsämter würden beim Landwirtschaftsamt und dem Bauernverband nachfragen, ob diese dem Verkauf zustimmen. Stimmt der Verband dem Verkauf nicht zu, werde das Geschäft gegebenenfalls durch das Landratsamt untersagt, so Köhler: "Damit geht aber die Fläche nicht automatisch an einen aktiven Landwirt, sondern der Vertrag mit dem außerlandwirtschaftlichen Investor kommt nicht zustande." 

    Warum werden Flächen an Nicht-Landwirte verkauft?

    Das Problem sei, rechtzeitig von einem Kaufvertrag zu erfahren und dann kurzfristig einen kaufwilligen Landwirt zu finden, sagt der Bezirksgeschäftsführer des BBV Unterfranken. Oft zahlten  Nicht-Landwirte einen höheren Preis für die Fläche, Bäuerinnen und Bauern könnten bei den Gebotenen kaum mithalten. "Wir wollen deshalb auch bei kleineren Verkäufen automatisch vom Landratsamt benachrichtigt werden und eine rechtlich durchsetzbare Handhabe gegen aus wirtschaftlicher Sicht überhöhte Preise", fordert Köhler.

    Wie viel Ackerland befindet sich in Unterfranken noch in Bauernhand?

    Exakte Zahlen dazu könne man nicht nennen, erklärt Heiko Lukas von der Regierung von Unterfranken. Was sich angeben lasse, sei die Anzahl von landwirtschaftlichen Betrieben, die in den vergangenen Jahren aufgehört haben: Seit dem Jahr 1991 haben 7712 Höfe in Unterfranken den Betrieb eingestellt. Das entspreche einem Rückgang von rund 45 Prozent, erklärt Lukas.

    Aktuell gibt es in Unterfranken noch 9395 Höfe. Bei einem geschätzten Eigentum von acht bis zehn Hektar pro eingestelltem Betrieb entspreche das einem Rückgang von 20 Prozent (70.000 Hektar) der Flächen im Besitz der aktiven Landwirtschaft durch den Strukturwandel in den vergangenen 30 Jahren, sagt der Experte der Regierung von Unterfranken. Gleichzeitig nehmen die Anzahl der Pachtflächen sowie die Pachtpreise in ganz Bayern laut Ministerium seit Jahren kontinuierlich zu. 2020 lag der Pachtpreis bei zirka 379 Euro pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche.

    Wie teuer sind die Flächen in den einzelnen Landkreisen und wo wurden die meisten Flächen verkauft?

    In Unterfranken wurden 2020 laut Ministerium 1194 Hektar Nutzfläche veräußert. Im Vergleich zu 2010 stieg der Kaufwert der Flächen in ganz Unterfranken um 21 Prozent. Die Dunkelziffer der Veräußerungen dürfte allerdings weitaus höher liegen, sagt Agrarexperte Lukas. Bei der Zahl des Ministeriums handle es sich maximal um die Veräußerungen, die die Verwaltungen registrieren. Er schätzt die Anzahl der Fälle auf zirka 2500 pro Jahr.

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    Die Nachfrage bei den Landratsämtern zeigt, dass die meisten Verkäufe im Jahr 2021 an Haupt- oder Nebenerwerbs- und Forstwirte getätigt wurde. Bei einigen Fällen handle es sich um forstwirtschaftliche Flächen oder um Übergaben im Zuge der Erbfolge, teilt etwa Nathalie Bachmann vom Landratsamt Bad Kissingen mit. "Die Anzahl der interessierten Nichtlandwirte hat in den letzten Jahren jedoch zugenommen", so Bachmann.

    Im Landkreis Kitzingen wurden laut Pressesprecherin Corinna Petzold-Mühl von 112 Kaufverträgen etwa 30 an Investoren ohne landwirtschaftlichen Hintergrund ausgestellt. In Main-Spessart habe es ebenfalls einige Kaufinteressenten aus dem nicht-landwirtschaftlichen Bereich gegeben, teilt Pressesprecher Markus Rill mit. Wie viele genau könne nicht beantwortet werden, allerdings seien  einige Kaufvorhaben abgelehnt worden, da die Voraussetzungen nicht erfüllt waren. In einem Fall sei eine gerichtliche Entscheidung nötig gewesen. 

    Warum sind Großinvestoren ein Problem für die Landwirtschaft?

    Das Problem bei landwirtschaftsfremden Investoren sei, dass diese eventuell ein anderes Interesse an der Fläche haben als die Bewirtschaftung, sagt der Agrarexperte der Regierung von Unterfranken. Die Flächen seien dann eher zu Ausgleichszwecken, zur Aufforstung oder der Erschließung von Gewerbegebieten gedacht. "Wichtig ist aber, dass die Flächen der aktiven Landwirtschaft zur Verfügung stehen", sagt Lukas. 

    Der Kauf von Flächen durch zahlungskräftige Nicht-Landwirte führe zwangsläufig zu steigenden Preisen, fürchtet der Experte. Am Ende würde der Acker den Landwirtinnen und Landwirten schlicht zu teuer und deren Gewinn nicht mehr ausreichen, um die Kosten zu decken. Schon heute sei der Kauf von 5 bis 15 Hektar Land vergleichbar mit dem Bau eines Stalls, sagt Lukas. Wie beim Wohnraum könnten sich viele Flächen auf wenige Investoren verteilen, die den Markt bestimmen. 

    Eine breite Eigentumsstruktur bei ortsansässigen und heimatverbundenen Personen sei in der Regel unproblematischer als Eigentum bei größeren ortsfremden Investoren, meint auch Eugen Köhler vom unterfränkischen Bauernverband. "Der persönliche Kontakt von Eigentümer und Bewirtschafter bindet zusammen und erhält ein Interesse an der heimischen Landwirtschaft", sagt Köhler. "Geht's dem Landwirt gut, wird die Fläche vernünftig bewirtschaftet, kommt eine angemessene Pacht."

    Was den Verlust von landwirtschaftlich genutzten Flächen betrifft, sieht der BBV-Bezirksgeschäftsführer Baulandplanungen der Kommunen kritischer als den Erwerb von Land durch Nicht-Landwirte. Der Bau von Straßen, Leitungen oder großflächigen Fotovoltaikanlagen auf bestem Ackerland treibe sowohl Kauf- als auch die Pachtreise der Flächen nach oben. "Da appellieren wir dringend an die Gemeinden, Planungen zusammen mit den örtlichen Landwirten zu entwickeln und auf ertragsschwache, ungünstig strukturierte Flächen zu gehen", sagt Köhler.

    Wie ist die aktuelle Situation in Unterfranken?

    Was die unterfränkische Landwirtschaft betreffe, seien agrarfremde Investoren derzeit noch kein großes Problem, sagt Heiko Lukas von der Regierung von Unterfranken. Das liege unter anderem an der Realteilung in der Region, bei der Landbesitz einer Familie unter allen Erben gleichermaßen aufgeteilt wird und die zu einem hohen Anteil an Pachtflächen geführt hat. "Heute gibt es eine breite Eigentumsstreuung innerhalb der Landbevölkerung", so Lukas.

    In der regionalen Landwirtschaft nehme man jedoch eine stetig steigende Anzahl an Investoren wahr, erklärt Gertrud Schwab, CSU-Stadträtin in Kitzingen. Die ehemalige Bauern-Obfrau setzt sich seit Jahren gegen zunehmende Flächenversieglung ein. "Wenn es um Ackerland geht, sind es eher Privatleute, die sich an der Bebauungsgrenze einer Stadt Flächen ausgucken, die sich zur Bebauung lohnen würden und Erfolgsversprechen sind", sagt Schwab.

    In Regionen wie den Landkreisen Kitzingen oder Schweinfurt oder auch  dem Ochsenfurter Gau kam es Experte zufolge in der Vergangenheit häufiger zu Fällen, in denen Rohstoff-Betriebe Muschelkalk, Kies, Sand oder Ton auf erworbenen Ackerflächen abbauten. In der Regel, so Getrud Schwab, handle es sich dabei aber um Flächen, die für die Landwirtschaft nicht interessant seien. "Da kann ich auch als Bäuerin nichts dagegen sagen." Weitere Investoren, die auf den Markt drückten wie etwa in Biebelried, seien Fotovoltaikfirmen, die teils riesige Flächen für Solaranlagen pachten. Mit den hohen Preisen, die die Firmen auszahlten, könnten kleinere landwirtschaftliche Betriebe nicht mithalten, so die Landwirtin aus Kitzingen.

    Wie will die Politik Großinvestoren in der bayerischen Landwirtschaft verhindern?

    Die Grünen im Bayerischen Landtag wollen in der Debatte mehr Druck auf die Staatsregierung ausüben. "Seit 2005 sind in Deutschland die Preise für landwirtschaftliche Flächen um 200 Prozent gestiegen. Bayern liegt bei dieser Entwicklung an der Spitze", sagt Gisela Sengl, Landwirtschafts-Expertin der Grünen. Ihre Partei fordere deshalb ein Bodenregister, eine Frist-Verlängerung beim Vorkaufsrecht von Landwirten auf drei Monate und mehr Personal für die landwirtschaftliche Verwaltung.

    Der CSU zufolge ist zunächst eine ausreichende Datenbasis nötig, um zu erkennen, wo Handlungsbedarf bestehe. Dazu habe die Staatsregierung eine Analyse des Bodenmarkts in Bayern in Auftrag gegeben.

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