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Region Würzburg: Boviste zum Nachtisch

Region Würzburg

Boviste zum Nachtisch

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    Der honiggelbe Hallimasch: Man sollte ihn mindestens zwanzig Minuten garen. In diesem Herbst kommt er besonders häufig vor.
    Der honiggelbe Hallimasch: Man sollte ihn mindestens zwanzig Minuten garen. In diesem Herbst kommt er besonders häufig vor. Foto: Fotos: wilma wolf/Rudio Markones

    Seit genau zehn Jahren gibt es in der Region eine lose „Schwammerlvereinigung“, die sich Pilzfreunde Mainfranken nennt. Selbst bezeichnen sie sich als „Pilznarren in verschiedenen Stadien der Begeisterung und der (Er)Kenntnisse“. Gründer und „spiritus rector“ ist der Kister Arzt Rudi Markones, der nicht nur in Mainfranken als Pilzkoryphäe gilt.

    Wie er zu seinem Hobby kam, beschreibt der humorige Mediziner so: „Das erste Mal haben mich die Pilze gefunden, als ich mit zwei Jahren mit meinen Eltern in die Schwammerl ging.“ Neben seiner Mutter kriechend, zog er drei gesunde Steinpilze aus dem Waldboden. Da war es um ihn geschehen. In den nächsten Jahren lernte er Rotkappen, Birkenpilze, Maronen, Pfifferlinge und flockenstielige Hexenröhrlinge kennen.

    Als wichtigsten Giftpilz zeigte ihm sein Vater den schönen roten Fliegenpilz. Außerdem bekam er den Rat, keine außer den ihm bekannten Arten zu sammeln. Daran hielt er sich allerdings nicht lange. Schon bald versuchte er seinen Eltern auch andere, unbekannte Pilze unterzujubeln. „Nach einigen Sommern gelang es mir tatsächlich, den Perlpilz, der zu den Knollenblätterpilzen gehört, vom Geruch des Giftpilzes und vom Kompost zu befreien und ihn für die Pfanne zu retten“, erzählt er.

    Immer neue Arten lernte Markones vor allem im Studium kennen. „Ich habe öfter mal zehngängige Pilzmenüs gekocht und all unsere Gäste haben das überlebt“, erzählt er schmunzelnd. Seine Liebe zu den nicht essbaren Arten entdeckte er bei einer Tagung der Deutschen Gesellschaft für Mykologie. „Da habe ich ganz neue Seiten an den Schwammerln gesehen. Mit meinen zweihundert gefundenen Arten konnte ich dort gar nicht mehr angeben“, erinnert er sich.

    Da habe es Spezialisten gegeben, die sich mit Pilzfamilien beschäftigten, die er vorher gar nicht kannte. Manche erkannten Pilze im Wald, die nicht einmal in seinen Büchern auftauchten. Und noch etwas Wichtiges erfuhr er: Viele Pilze kann man nur mit Hilfe des Mikroskops und chemischer Reaktionen genau bestimmen. Seitdem findet er immer mehr seltene und merkwürdige Exemplare.

    So wie im Februar 2012, als er mit Maria Grünsfelder den Roten Becher entdeckte und „vor Ehrfurcht in die Knie ging“. Nach einigen mikroskopischen Untersuchungen stand für ihn fest: Es ist der „Österreicher“, der Sarcoscypha austriaca, der blutrote oder österreichische Kelchbecherling. Zum allerersten Mal konnten die beiden den „wunderschönen Fund“ für Nordbayern beschreiben.

    Die Suche nach seltenen Pilzen treibt Markones unaufhörlich durch die Wälder und lässt ihn für immer weniger Pilze immer mehr Literatur und dickere Wälzer kaufen. „Immer öfter schaut mich dann meine Frau etwas komisch an“, schmunzelt er. Doch sein Ehrgeiz zahlt sich aus: Inzwischen kann der Pilzfachmann im Wald rund 500 Arten erkennen und nach weiterer Untersuchung etwa 1000 Arten sicher bestimmen.

    Mit ihm unterwegs zu sein, bedeutet für Laien aber nicht nur, essbare von nicht essbaren Pilzen zu unterscheiden, sondern auch sehr viel Amüsantes zu erfahren. „In früheren Jahrhunderten benutzen Schamanen die Fliegenpilze als Hauptfahrzeug, um in Trance zu geraten“, erzählt er bei einer Wanderung mit der Bund Naturschutz-Gruppe Kist. Manche versuchten auch heute noch, solche „geistbewegenden Fahrten“ durchzuführen, weiß er.

    Davor warnt er jedoch eindringlich: Starke Übelkeit, Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall seien die Folgen. Weil das Gift des Fliegenpilzes die Passage durch den menschlichen Körper unbeschadet überlebt, wurde früher der Urin eines Menschen, der Fliegenpilz gegessen hatte, hoch bezahlt. Der Vorteil sei, dass man sich auf diese Weise die üblen Nebenwirkungen spart. Keine Nebenwirkungen und mittelgut zum Essen seien die Hallimasch-Arten, vorausgesetzt, man gare sie mindestens 20 Minuten. „Sie enthalten Gerbsäure, man hat sie früher bei Magen-Darm-Beschwerden und Hämorriden verwendet. Daher auch der Name Hallimasch, was eigentlich „Heil im Arsch“ heiße.

    Menschen, die sich mit Pilzen nicht gut auskennen, rät er generell, sich erst einmal auf Röhrlinge zu beschränken: „Da gibt es bei uns keinen tödlich giftigen, nur der Satanspilz kann heftige Bauchschmerzen machen.“ Blätter- oder Lamellenpilze dagegen seien für Anfänger sehr schwierig zu bestimmen. Und noch etwas sei wichtig: Keine Pilze roh verzehren, denn die meisten, sogar Rotkappen, seien roh giftig.

    Größte Vorsicht ist beim Sammeln von Stockschwämmchen geboten. Die haben nämlich einen tödlich-giftigen Doppelgänger: den Gifthäubling. Dagegen seien die ebenfalls ähnlich aussehenden grünblättrigen Schwefelköpfe vergleichsweise harmlos. Mit denen versaue man sich zwar das Essen, mit dem Gifthäubling allerdings das ganze Leben, meint der Experte. Dass man Pilze auch mal süß serviert, ist für die Teilnehmer überraschend. „Ganz kleine Boviste kann man in der Pfanne mit Zucker kandieren und als Nachspeise verzehren“, hat Markones getestet. Ansonsten schmeckten sie, sagt er, wie Styropor.

    Pilzsachverständige

    Die Pilzfreunde Mainfranken veranstalten zu ihrem zehnjährigen Bestehen am kommenden Wochenende in Höchberg eine Fachtagung mit Exkursionen. Interessantes und Wissenswertes rund um die Pilze gibt es unter www.pilzseite.de.

    Pilzsachverständige in Mainfranken:

    Praxis Rudolf Markones in Kist, Tel. (093 06) 89 82, Mo-Do 9-12 Uhr, Mi/Fr 10-14 Uhr, Mo 16-19 Uhr, Di 16-18 Uhr;

    Thomas Wallner in Eisingen, Tel. (0 93 06) 9 98 80 (nicht nach 21 Uhr);

    Renate Schoor in Höchberg, Tel. (0931) 4 52 76 00

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