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Würzburg: Brauchen Unterfrankens Felder und Äcker wieder Hecken? Wie Bauern und Experten die Landwirtschaft im Klimawandel sehen

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Brauchen Unterfrankens Felder und Äcker wieder Hecken? Wie Bauern und Experten die Landwirtschaft im Klimawandel sehen

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    Zum Anbau von Salat wie auf diesem Feld in Sennfeld im Landkreis Schweinfurt braucht man viel Wasser. Doch davon wird es künftig weniger geben.
    Zum Anbau von Salat wie auf diesem Feld in Sennfeld im Landkreis Schweinfurt braucht man viel Wasser. Doch davon wird es künftig weniger geben. Foto: Josef Lamber

    Klimakrise und Landwirtschaft - das klingt nach Dürre und Ernteausfällen. Bei einer Veranstaltung der "Zukunftsinitiative Land(wirt)schaft"  in Unterpleichfeld im Landkreis Würzburg war jetzt aber durchaus auch Positives zu hören. Rund 200 Bürger, Bauern, Behördenvertreter und Politiker diskutierten konstruktiv darüber, wie die Landwirtschaft in Unterfranken zukunftsfit werden kann.

    Wie kann Landwirtschaft im Klimawandel aussehen? Antworten auf zentrale Fragen gaben Dr. Wolfgang Patzwahl von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf sowie Jürgen Eisentraut und Joachim Omert vom Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) Unterfranken.  

    1. Warum muss sich die Landwirtschaft in Unterfranken verändern?

    "Die Landwirtschaft der Vergangenheit hat keine Zukunft", sagt Joachim Omert vom ALE in Würzburg. Die heutige Agrarlandschaft sein im Zuge der Flurbereinigung in den 60er und 70er Jahren entstanden. Um Äcker einfacher und intensiver bewirtschaften zu können, wurden sie vergrößert, Hecken entfernt und Entwässerungsgräben gezogen. 

    Das Ergebnis ist laut Omert eine "Abflusslandschaft", in der der Regen in Vorfluter und Flüsse geleitet wird, anstatt den Grundwasservorrat aufzufüllen. Monokulturen und maschinelle Bearbeitung hätten Erträge vergrößert und den Verbraucherinnen und Verbrauchern billige Produkte beschert. Der Preis dafür: der Verlust an Tier- und Pflanzenarten und sinkende Qualität der Ackerböden.  

    2. Welche Probleme bringt die Klimakrise?

    Mit dem Klimawandel wird es in Unterfranken heißer und trockener. Es regnet im Sommer weniger und wenn, dann häufiger als Starkregen, der wertvollen Ackerboden abschwemmt.   

    Gleichzeitig steigen mit den Temperaturen die Verdunstung und damit der Wasserbedarf. Um 10 bis 15 Prozent wird er in der Landwirtschaft in den nächsten fünf bis zehn Jahren zunehmen, schätzt Agrarwissenschaftler Wolfgang Patzwahl. Besonders viel Wasser braucht Gemüse, das auf rund 2700 Hektar in Unterfranken angebaut wird. Ohne Bewässerung kommen die meisten Sorten nicht aus.

    3. Wie ist die Situation im großen Anbaugebiet Bergtheimer Mulde?

     Die Lössböden in der Bergtheimer Mulde im Landkreis Würzburg sind fruchtbar. Deshalb wird hier viel Gemüse angebaut, die Pachtpreise sind hoch und nur wenige Bäume und ein einzelne Hecken unterbrechen die 13.000 Hektar Ackerflächen. 

    Gleichzeitig ist diese Region sehr trocken, der Grundwasservorrat geht seit Jahren zurück. Die rund 70 Landwirte, die hier Brunnen haben, bekommen deshalb inzwischen nicht mehr so hohe Mengen für Wasserentnahmen genehmigt.    

    4. Wie kann man Agrarwüsten so umgestalten, dass Wasser im Boden bleibt?

    Hecken bieten Schatten und Windschutz. Dadurch verdunstet weniger, der Boden bleibt feuchter.  Laut Patzwahl steigt der Ertrag trotz des Flächenverlusts durch die Hecken um 2 bis 3 Prozent, wenn diese auf den Feldern alle 200 Meter wachsen. Auch Agroforstsysteme mit Baumreihen halten Wasser im Boden. Noch wirksamer ist es dem Agrarwissenschaftler zufolge, zusätzlich die Felder an das Gelände anzupassen: Wenn Ackerfurchen zum Beispiel quer zum Hang laufen, versickert das Wasser dort, anstatt abzufließen.     

    Für Heckenpflanzung und Heckenpflege erhalten Landwirte EU-Gelder. Das Amt für Ländliche Entwicklung fördert Projekte zur Wasserrückhaltung von Kommunen oder Landwirten, die sich zusammenschließen. Ein Beispiel ist die Umgestaltung von Gräben zu Abflussmulden, in denen Wasser versickern kann.

    5. Wie kann die Landwirtschaft in Unterfranken Wasser sparen?

    Weniger Chemie und Bodenbearbeitung, Humusauf- und Zwischenfruchtanbau wurden bei der Veranstaltung als Beispiele genannt, wie Landwirte bereits die Feuchtigkeit im Boden erhöhen. Denn organische Substanzen wie Stroh speichern Wasser und Wurzeln bilden Poren, durch die Regen besser in den Boden eindringt. Auch werden großflächiger Sprenganlagen durch Tropfschläuche im Boden ersetzt.

    6. Was sagen die Bauern zu Maßnahmen auf ihren Feldern?

    Einige Landwirte haben schon Hecken gepflanzt. "Wir dürfen unseren Nachkommen doch keinen verbrannten Boden hinterlassen", formulierte ein Bauer bei der Diskussion in Unterpleichfeld seine Motivation.

    Andere sind skeptischer. Viele der Böden, die landwirtschaftlich bearbeitet werden, sind nur verpachtet. Deshalb würden viele langfristige Entscheidungen wie das Pflanzen von Bäumen oder Hecken scheuen.

    Und: "Viele Kollegen sind der Bürokratie und Vorschriften überdrüssig", sagt Edith Sachse, stellvertretende Vorsitzende  der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) in Franken. So gebe es Bedenken, dass man eine freiwillig gepflanzte Hecke "nie mehr los wird", wenn sich darin beispielsweise ein seltener Vogel ansiedelt.       

    7. Was können Verbraucherinnen und Verbraucher für den Umbau der Landwirtschaft tun?

    "Verbraucher können regionale Produkte kaufen", antwortet Bio-Großlandwirt Martin Schlereth aus Unterpleichfeld auf die Frage, wie die Gesellschaft die Bauern beim Umbau unterstützen kann. Als eine andere Möglichkeit wird die Idee von Patenschaften zur Pflege von Hecken diskutiert. 

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