Unter dem Motto "Besser leben im Bischofshut" hat am Donnerstag ein breites Bündnis von Stadtratsfraktionen einen überparteilichen Grundsatzantrag zur Verkehrspolitik vorgestellt. Ziel der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, FW-FWG, FDP/Bürgerforum, Die Linke und ÖDP sowie von Stadträten der Würzburger Liste und Zukunft für Würzburg ist es, einen gemeinsamen Verkehrskonsens für eine zukunftsgerichtete Mobilität in Würzburgs Innenstadt zu erarbeiten.
Nach fünfmonatiger Vorbereitung hatte das Bündnis Vorschläge zur Verbesserung des öffentlichen Personen-Nahverkehrs (ÖPNV), der Rad-und Fußwege sowie der Parkplatzsituation präsentiert – laut eigener Aussage immer mit Blick auf eine gute Erreichbarkeit der Innenstadt. Der Plan: So könnten kurz bis mittelfristig erhebliche Flächen für Menschen, für Grün, für Handel und Wandel gewonnen werden.
Was Bürgermeister Heilig zu seinem Vorgehen sagt
Außer den zwei Stadträten der AfD waren auch zwei Stadtratsfraktionen an der Erarbeitung des Antrags nicht beteiligt worden: CSU und SPD. Beide Fraktionen waren erst kurz vor der Pressekonferenz über die Pläne informiert worden. Martin Heilig (Bündnis 90/Grüne), der bei dem Bischofshut-Plan in seiner Eigenschaft als Würzburger Klimabürgermeister federführend war, gab sich am Freitag zu den Gründen dafür schmallippig. "Ich würde das Thema gern offenlassen", sagte Heilig auf Anfrage. Man habe beiden Parteien aber signalisiert, dass man sie "gern dabeihaben möchte".

Zunächst sei es aber darum gegangen, dass die Beteiligten vertraulich miteinander sprechen konnten: "Wir wollten unbedingt eine sichere Mehrheit im Stadtrat haben." Mit Blick auf die CSU sagte Heilig: "Wenn man die Stellungnahme der CSU sieht, kann man sich ja vorstellen, warum die CSU jetzt nicht der erste Ansprechpartner ist." Und warum blieb die SPD draußen? "Das mag ich nicht beantworten." Am Montag wolle er aber erneut mit der SPD-Fraktion sprechen.
OB Schuchardt: Wurde zwei Tage vorher informiert
Mit Oberbürgermeister Christian Schuchardt hatte sich Heilig offenbar nicht abgestimmt, aber: "Sie können davon ausgehen, dass der Oberbürgermeister alles mitbekommt, was im Rathaus passiert." Zudem habe der OB einen "präsidialen Führungsstil" und gebe "dem Bürgermeister und der Bürgermeisterin sowie den Referentinnen und Referenten viele Freiheiten, und das ist ja auch seine große Stärke", so Heilig.
"Mich hat Herr Heilig zwei Tage vorher darüber informiert", sagte OB Christian Schuchardt am Freitag auf Nachfrage der Reaktion und ließ auch durchblicken, was er vom Vorgehen Heiligs hält: "Das ist ein Alleingang ohne CSU und SPD, den er da hinlegt, also ohne zwei sehr große Kräfte, und auch ohne weite Teile der Verwaltung." Diese Art des Vorgehens sei "eine Frage des Selbstverständnisses, und da muss sich sicherlich auch Herr Heilig noch in die Aufgabe finden".

Den Vorstoß selbst kommentierte Schuchardt mit Blick auf Heilig kühl: "Da gibt es einen Leistungsdruck, als Umweltreferent zu liefern, dem versucht er gerecht zu werden." Das vorgelegte Papier enthalte indes "wenig neue Gedanken".
Was sagt die CSU-Fraktion?
Die CSU-Fraktion hat schnell auf den überparteilichen Grundsatzantrag reagiert, über den sie erst am Mittwoch informiert worden war. Es werde hier "alter Wein in neuen Schläuchen" aufgetischt, so Fraktionschef Wolfgang Roth in einer am Freitag verbreiteten Stellungnahme. Neu sei lediglich "der gemeinsame interfraktionelle Auftritt und die damit erzwungene öffentliche Aufmerksamkeit".
In der Stellungnahme setzt sich Roth auch inhaltlich mit den Themen des Fraktions-Bündnisses auseinander. Während beispielsweise das Bündnis vorsieht, die Talavera zu bewirtschaften und dort Park&Ride-Plätze zu schaffen, "lehnt die CSU dies strikt ab". Weiter setzt sich das Bündnis dafür ein, dass nahezu alle Oberflächenparkplätze im Bischofshut und darüber hinaus entfallen sollen. "Auch das lehnt die CSU ab!", so Roth. Lediglich punktuell könne darüber gesprochen werden.
Parkraum in der Ludwigstraße
Auch das Thema Parkraum in der Ludwigstraße sei kein neues, schreibt der Fraktionsvorsitzende und nimmt Bezug auf den Vorschlag des Bündnisses, auf dem ehemaligen Sparkassengelände, das 2018 von der Stiftung Bürgerspital erworben wurde, ein "Parkhaus Bürgerspital" zu errichten. Erst diese Woche hatte die CSU in einem Schreiben an Oberbürgermeister Christian Schuchardt gefordert, 300 neue Parkplätze in der Ludwigstraße zu schaffen.

Nicht neu seien auch die Planungen des Bündnisses für ein Park&Ride-Parkhaus an der Feggrube: "Die Planungen für den Bereich s.Oliver-Arena existieren schon sehr lange." Die Feggrube sei kein guter Standort, längst sei geprüft worden, dass die Idee, die Straßenbahn dorthin zu verlängern "nicht mit vertretbaren finanziellen und zeitlichen Ressourcen umsetzbar ist", so Roth. Er wirft ein, dass eine Beschleunigung der bereits bekannten Baumaßnahmen, unter anderem zur Schaffung von Parkraum, "regelmäßig von der derzeit größten Fraktion, den Grünen, blockiert worden ist".
Einen Beitritt oder eine Zustimmung seiner Fraktion zum interfraktionellen Antrag, "ohne diesen im Detail zu kennen", bezeichnet Roth als unwahrscheinlich. Es gebe zu viele unterschiedliche Sichtweisen.
Stellungnahme der SPD
Von Seiten der SPD heißt es: "Vorab gab es keine Information, dass ein interfraktionelles Bündnis an einem Verkehrs- und Parkkonzept arbeitet. Die Botschaft der Grünen im Gespräch mit den Vertreter/-innen der SPD war eindeutig: Die SPD-Stadtratsfraktion kann sich gerne am Konzept beteiligen, die Mehrheit steht, Änderungen wird es nicht mehr geben."

Diese Botschaft habe seine Fraktion zur Kenntnis genommen, so Alexander Kolbow. Eine Entscheidung über Zustimmung oder Ablehnung sei in der Kürze der Zeit aber nicht möglich, sagt er und verweist auf die nächste Fraktionssitzung der SPD am kommenden Montag.
Inhaltlich, so Kolbow, stehe er dem Gesamtkonzept des Bündnisses wohlwollend gegenüber. Auf den ersten Blick sei festzustellen, "dass sich viele Inhalte mit den Zielen der SPD decken". Von der SPD-Fraktion seien zahlreiche Anträge in die gleiche Richtung eingebracht worden, so beispielsweise die Reduzierung der Parkplätze hinter dem Dom oder das Familienticket für den ÖPNV.
Kein Schnellschuss, sondern Abwägen gefragt
"Gleichzeitig wird sich die SPD-Stadtratsfraktion nicht an Schnellschüssen beteiligen und ihre Entscheidungen immer gut abwägen", sagt der Fraktionsvorsitzende in der Stellungnahme. Hoch umstritten sei beispielsweise, ob die Parkplätze auf der Talavera zukünftig bewirtschaftet und dementsprechend kostenpflichtig werden. "Von vielen Gesprächen mit Zellerauerinnen und Zellerauern wissen wir, dass es im Stadtteil an Parkplätzen fehlt und es sich bei der Talavera auch um einen wichtigen Quartiersparkplatz handelt." Gleichzeitig sei die Talavera ein unverzichtbarer Parkplatz für Berufspendlerinnen und -pendler.

Positiv bewertet die SPD-Fraktion indes das "Eingeständnis" der Grünen, dass Parkraum nicht einfach wegfallen kann, sondern in Parkhäusern ersetzt werden müsse. "Das hätte man auch schneller haben können, wenn die Grünen dem Parkhaus unter dem Kardinal-Faulhaber-Platz zugestimmt hätten."
Ob die SPD enttäuscht ist, nicht früher ins Boot geholt worden zu sein – dazu hält sich Kolbow bedeckt: "Es geht mir hier um Inhalte und einen konstruktiven Austausch."