Nachdem am 19. Dezember 1989 auf dem Bürgerbräu-Gelände in der Zellerau das letzte Bier gebraut worden war, weil die Brauerei wegen Insolvenz geschlossen werden musste, tat sich auf dem 5,2 Hektar großen Areal zunächst nicht allzu viel. Zwar erwarb die Stadt Würzburg noch im gleichen Jahr das Gelände samt seiner historischen Bausubstanz für rund neun Millionen D-Mark (etwa 4,5 Millionen Euro), doch außer dem Einzug des Autonomen Kulturzentrums 1992 (bis zur Insolvenz 2009) sowie der Eröffnung des Siebold Museums im Juli 1995 geschah in der früheren Brauerei nur wenig.
Bis eine Investorengruppe das Gelände Ende 2011 erwarb, um dort ein „kreatives Dienstleistungszentrum“ zu errichten. Seither passiert eine ganze Menge.
Aktuell spielt sich das Baustellengeschehen größtenteils auf der Seite an der Frankfurter Straße ab. Hier entstehen in den historischen Gewölbekellern der Brauerei die neuen Säle des Programmkinos Central sowie sieben Ladengeschäfte. Das Central wird ab Herbst im Bürgerbräu sein neues Zuhause haben, in den drei Kinosälen wird gerade mit dem Innenausbau für die Bestuhlung begonnen.
Auch die sieben Läden werden in den nächsten vier Wochen so weit fertiggestellt sein, dass sie eingerichtet werden können, erzählt Bürgerbräu-Miteigentümer Roland Breunig, der mit einem Team seines Architekturbüros den Baufortschritt steuert. Vier der jeweils 180 Quadratmeter großen Ladenlokale sind bereits vermietet, drei sind noch zu haben. Einziehen werden dort ein Geschäft für innovative Bodenbeläge, ein Laden für Designmöbel sowie eine Tanzschule. Sowohl die Kinosäle als auch die Läden im Kellergeschoss werden barrierefrei erreichbar sein – über Rampen oder einen Aufzugturm.
Neues Schmuckstück: Die Box
Mächtig stolz sind Breunig und Thomas Seitz, der Geschäftsführer der 87 BAR, über die schon seit einiger Zeit genutzte Tagungsbox im Sudhaus. Die Box ist ein etwas anderer multifunktionaler Tagungsraum, der genausogut für Feierlichkeiten wie Geburtstage oder Hochzeiten, für Lesungen und Konzerte, Workshops und Meetings genutzt werden kann.
Die Box ist zunächst als klassischer Tagungsraum konzipiert und enthält moderne Tagungstechnik (Beamer, Leinwand, Audioanlage, Verdunkelung etc.). Sie kann unterschiedlich bestuhlt und eingerichtet werden und bietet dann Platz für 24 bis 90 Personen.
Auch bei der Box hat Roland Breunig Wert darauf gelegt, die Vergangenheit des Gebäudes sichtbar zu machen. Backsteinwände, alte Mauerreste und Stahlträger machen die über hundertjährige Geschichte des Gebäudes erlebbar. Dazu gehört auch die hölzerne Eingangstüre aus dem Jahr 1897, die von der Schreinerei Hartlieb aus Mainbernheim komplett restauriert worden ist, da sie sich in einem extrem schlechten Zustand befand. Jetzt sieht sie wieder aus wie neu.
Benutzer der Box können ganz nach ihren individuellen Wünschen auch das gastronomische Angebot von der Tasse Kaffee bis zum kompletten Menü in Anspruch nehmen. Auch Stadtführungen, Grillabende oder Theateraufführungen können gebucht werden.
Wer sich für einen Termin in der Box interessiert, kann im Bürgerbräu eine Tagungsbroschüre mit allen wichtigen Informationen anfordern. Aber Vorsicht! Auch die unterscheidet sich von den üblichen Info-Broschüren. Sie besteht aus acht postkartengroßen auf Bierdeckelkarton gedruckten Infokarten, die sich auffächern lassen und alle wesentlichen Informationen enthalten.
Wassertanks fassen 240 000 Liter
Die Klimatisierung der Box und auch der meisten Büros im Bürgerbräu erfolgt über eine kombinierte Fußbodenheizung und -kühlung. Hierfür wurden eigens Wassertanks mit einem Fassungsvermögen von 240 000 Litern vergraben, die mit Wasser aus dem eigenen Brunnen gespeist werden. Für die Erwärmung wird warmes, für die Kühlung kaltes Wasser durch die Leitungen der Fußbodenheizung gepumpt.
Auch an den anderen Bürgerbräu-Baustellen geht es zügig voran. Die von der Frankfurter Straße aus anfahrbare Tiefgarage wird ab Oktober benutzbar sein, allerdings nur für Mitarbeiter der Firmen im Bürgerbräu.
In absehbarer Zukunft soll auch ein 450 Quadratmeter großer Kreativraum, in dem in kleinen Einheiten kreatives Coworking ermöglicht werden soll, fertig gestellt sein. Auch die Büros über dem künftigen Kino sind schon komplett bezogen, so dass inzwischen bereits „deutlich über 200 Personen“, so Breunig, im neuen Kreativzentrum tätig sind.
Fertig ist auch der Biergarten vor der künftigen Gastronomie im Sudhaus. Er wird bereits für spezielle Events genutzt und kann in Zukunft noch für mehr Personen bestuhlt werden. Erst im kommenden Jahr wird die Sudhaus-Gastronomie in Betrieb gehen, korrigierte Breunig frühere Terminplanungen. Es sind einfach zu viele Baustellen, die auf dem Bürgerbräu gleichzeitig erledigt werden müssen. Da braucht's dann schon mal auch eine Phase zum Durchatmen.
Aber auch 2017 geht es mit Volldampf weiter. Dann wird im hinteren Geländebereich mit dem Bau eines 28-Zimmer-Hotels begonnen. Dass die Baustellen im Bürgerbräu immer weniger werden, macht Roland Breunig an einer ganz speziellen Beobachtung fest: „Die Zahl der Lkws auf dem Gelände wird immer geringer“, hat er festgestellt.