Susann Fiedler ist nicht „Deutschlands beste Sekretärin“. Doch beim Wettbewerb des Büroartikelherstellers Leitz hat sie das Siegertreppchen nur knapp verfehlt. Die Estenfelderin kam auf den vierten Platz. Doch das findet Susann Fiedler nicht schlimm, sie freut sich dabei gewesen zu sein. Sie wurde aus 250 Bewerberinnen unter die besten zehn Office-Managerinnen des Landes gewählt und konnte in Berlin live zeigen, wie gut sie ein Büro unter Kontrolle hat. Moderiert wurde die Veranstaltung von TV-Blondine Sonja Kraus.
„Die Idee, den Vorzimmern im Land ein Gesicht zu geben, Vorurteile und Klischees unserem Beruf gegenüber abzubauen, hat mich überzeugt, mitzumachen“, sagt die Estenfelderin, die seit acht Jahren bei EON IT als „Assistentin Sourcing Management“ arbeitet. Wer die 34-Jährige trifft, merkt sofort wie viel Spaß sie an ihrem Beruf hat. Sie lächelt, ist fröhlich und berichtet vom Wettbewerb als sei es ein schöner Sportausflug gewesen. „Man darf sich da nicht verrückt machen“, sagt sie. Eine Einstellung, die sie auch im Büroalltag hat. „Was bringt es, wenn ich hektisch werde? Wenn mein Chef im Stress ist, muss ich ruhig bleiben“, sagt sie. Privat braucht Susann Fiedler dagegen immer Action. Auf dem Motorrad oder beim Canyoning holt sie sich den Ausgleich für den Arbeitsalltag.
Von einem Chef wünscht sie sich, dass er auch lobt. was in der Alltagshektik aber schon mal untergehen kann. Das darf man dann nicht persönlich nehmen, findet Fiedler. Sie selbst hat Glück: „Mein Chef zeigt mir seine Wertschätzung.“ Doch sie weiß von Freunden, dass es auch anders sein kann.
Susann Fiedlers Chef hat von Anfang gewusst, dass sie am Wettbewerb teilnimmt. Peter Nick hat sie unterstützt und ihr Glück gewünscht. Jetzt ist der Vizepräsident Sourcing Management stolz auf Susann Fiedler und freut sich mit seiner Assistentin, die er aber auch vorher schon als „loyale und vertrauenswürdige Kollegin“ geschätzt hat.
Ums Kaffeekochen und Briefe tippen geht es beim Beruf der Sekretärin schon lange nicht mehr. Eine gute Assistentin, wie Sekretärinnen heute meist genannt werden, muss mehr leisten. Da sind Organisationstalent, Computer- und BWL-Kenntnisse sowie diplomatisches Geschick und Allgemeinwissen gefragt.
Darum ging es auch beim Wettbewerb. In fünf Runden mussten die Kandidatinnen zeigen, was sie drauf haben. In der ersten Runde ging es um das Allgemeinwissen der Kandidatinnen. Querbeet wurden Fragen gestellt, wie „Wer hat die Oper Parsifal komponiert?“, „Welche Maße hat ein DIN A4 Blatt“ oder „Welche Länder haben den Euro?“. Auch ihre Fremdsprachenkenntnisse mussten die Teilnehmerinnen unter Beweis stellen: Ein Begrüßungstext für Gäste sollte ins Englische übersetzt werden.
Die zweite Runde war die schlimmste für Susann Fiedler: „Wir mussten in zwei Minuten aus einem unsortierten Stapel Dokumente, Unterlagen für ein Meeting des Chefs sortieren, lochen und tackern“, berichtet sie. „Das sind Aufgaben, die ich in meinem Arbeitsalltag selten mache. Mein Chef ist viel unterwegs und wir kommunizieren über Telefon und Internet“, sagt sie.
Die dritte Runde hat ihr dafür wieder Spaß gemacht. Sie musste in einem Brief auf Englisch den UEFA-Präsidenten Michel Platini davon überzeugen, dass ihr Chef unbedingt eine Karte fürs Finale der Fußball-EM bekommen sollte. „Das musste in kürzester Zeit geschrieben werden. Das fand ich sportlich“, sagt die Estenfelderin und lächelt zufrieden. Irgendwann hatte sie die Menschen und die Jury um sich herum vergessen: „Ich war total konzentriert, so als wäre ich in meinem eigenen Büro.“
Auch die Aufgabe in der vorletzten Runde war nicht schwer für sie. Eine von Höhenangst geplagte Kollegin, gespielt von Sonja Kraus, musste überzeugt werden, zum Paragliding-Ausflug mit dem Chef mitzukommen. „Das sind Situationen, die hat man oft. Das sind wichtige Aufgabenbereiche in meinem Beruf: diplomatischer Umgang mit Kollegen und Kunden.“
In der letzten Runde hat sich Susann Fiedler regelrecht zuhause gefühlt: Multitasking. Beim Einpacken eines Geschenks mussten sich die Kandidatinnen eine Geschichte anhören. Die Namen aus der Geschichte mussten sie anschließend aufschreiben.
Woran es letztlich lag, dass sie nicht gewonnen hat, weiß Susann Fiedler nicht. Und darüber denkt sie auch gar nicht nach. „Ich weiß, was ich kann und was ich bin.“ Über den vierten Platz ist sie deshalb auch nicht enttäuscht. „Ich habe tolle Menschen kennengelernt, neue Kontakte geknüpft und bin um eine Erfahrung reicher“, sagt Susann Fiedler und wirbt für ihren Beruf: „Die Arbeit ist vielseitig. Ich kann mich selbst einbringen und mich weiterentwickeln und weiterbilden“, erklärt sie mit Blick auf ihre 15 Jahre Berufserfahrung.
Auf die Frage, ob sie bei dem Wettbewerb wieder mitmachen würde, lacht Susann Fiedler. Und lässt die Antwort offen.