In Sachen Freilichtkino gehört das Ochsenfurter Casablanca zu den Pionieren. Seit 1994 sind die Kinomacher regelmäßig an ungewöhnlichen Schauplätzen unterwegs, um dem Publikum Filmkultur näherzubringen. Dabei zieht es Gerd Dobner und Hannes Tietze auch schon mal in den Kuhstall, ins Freibad oder auf den Acker. Nach zwei Jahren Corona-Pause steht am kommenden Wochenende wieder Sommerkino im Weingut Meintzinger in Frickenhausen auf dem Programm.
Seit 40 Jahren gibt es das Casablanca inzwischen. Während seitdem viele kleine Kinos aufgeben mussten, stellt sich das Casa trotzig dem Trend und räumt für sein herausragendes Filmangebot beinahe im Abonnement Preise auf Bundes- und Landesebene ab. Das Rezept: Gerd Dobner und Hannes Tietze entziehen sich dem Mainstream und folgen lieber ihren eigenen Qualitätsansprüchen, ihrem Geschmack und einer Mission: auch die Menschen zu begeistern, die sonst eher selten den Weg in den Kinosaal fänden.
Mit selbst gebautem Equipment fing es an
Mit selbst entwickeltem und zusammengebautem Equipment war das Casablanca anfangs losgezogen, um das Kino beispielsweise in den Ochsenfurter Stadtgraben oder auf den Marktplatz zu bringen, erinnert sich Gerd Dobner. Das überregionale Interesse ließ nicht lange auf sich warten. Bis nach Aschaffenburg und Frankfurt reiste Dobner mit seinem Team, um auf der grünen Wiese Projektor, Soundanlage und Leinwand aufzubauen.
Damals war Open-Air-Kino ein willkommenes wirtschaftliches Standbein für das kleine Programmkino und fand Nachahmer. Doch 2005 trat das Casa auf die Bremse. "Es war damals einfach nicht mehr zu schaffen", sagt Hannes Tietze, "und die Open-Airs, wie sie andere machen, die wollten wir nicht."
"Wir haben uns auf unsere fränkische Heimat konzentriert, auf Orte, die uns gefallen und auf Leute, die uns sympathisch sind."
Gerd Dobner, Casablanca-Kino
Also weg von den großen Festwiesen und Sportplätzen, zurück in die Region. "Wir haben uns auf unsere fränkische Heimat konzentriert", so Gerd Dobner, "auf Orte, die uns gefallen und auf Leute, die uns sympathisch sind." Fündig wurden sie dabei unter anderem im Frickenhäuser Weingut Meintzinger. Inzwischen ist es 14 Jahre her, dass dort der erste Film unter dem Sternenhimmel über die Leinwand flimmerte.
Am Anfang war Michaela Meintzinger skeptisch, gesteht sie, wie Kino und Wein zusammengehen. Die Zweifel sind schnell verflogen. "Es ist eine ganz andere Atmosphäre als im Kino oder bei einem Weinfest", sagt Meintzinger. Und ganz im Sinne von Gerd Dobners Mission: "Die Idee ist, das Kino nach außen zu vertreten und zu zeigen, dass das gemeinsame Kinoerlebnis auch in Zeiten von Netflix durch nichts zu ersetzen ist."
Die Verbindung von Wein und Kino hat Schule gemacht. Seit Jahren gastiert das Casa auch im Winzerkeller Sommerach, in diesem Jahr vom 20. bis 24. Juli. Was ungewöhnliche Schauplätze angeht, sind die Kinomacher mit ihrem Latein aber noch nicht am Ende. Gemeinsam mit dem Ochsenfurter Geschichtsarbeitskreis war die Filmreihe "Ochsentour" erfunden worden, um das Kino an geschichtsträchtige Orte zu bringen. Die Stadtbefestigung, die alte Mainbrücke und zuletzt sogar das Ochsenfurt Maininselbad wurden so zur Kulisse für einen Kinoabend.
Traktor-Kino geht in die dritte Auflage
Während viele der Open-Air-Events in den vergangenen beiden Jahren pausieren mussten, hat die Corona-Pandemie sogar den Erfindergeist der Kinobetreiber beflügelt. Gemeinsam mit dem Ochsenfurter Werkstattbetreiber Christian Halbig riefen Tietze und Dobner 2020 das "Traktoren-Kino" ins Leben, das Ende August auf einem Acker nahe dem Landturm seine dritte Auflage erfährt. Außerdem ist auf der Mainlände von Eibelstadt gemeinsam mit der kommunalen Allianz Maindreieck ein weiterer Kinoabend geplant.
"Wir probieren aus, was nach Corona funktioniert und was auch von den Filmen her passt", sagt Tietze. Beim Sommerkino in Frickenhausen fiel die Wahl auf die politische Filmkomödie "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush" (14. Juli), das amüsante Familiendrama "Wanda, mein Wunder" (15. Juli), den Spielfilm "Wunderschön", der sich kritisch-humorvoll mit dem Wahn zur Selbstoptimierung auseinandersetzt (16. Juli) und dem autobiografischen Film "Belfast" über eine Jugend im nordirischen Bürgerkrieg.
Reservierungen unter Tel. (0 93 31) 13 28. Einlass ab 19.30 Uhr, Filmbeginn gegen 21.20 Uhr. Weitere Infos unter www.casa-kino.de.