Das genossenschaftliche Central-Kino in der Mozartschule ist mit jährlich 45 000 Zuschauern und 1700 Vorstellungen im Jahr eine Erfolgsgeschichte. Daran haben die ehrenamtlichen Mitarbeiter einen wesentlichen Anteil. Mit dem 2016 anstehenden Umzug auf das Bürgerbräu-Gelände soll der Kinobetrieb völlig neu strukturiert werden: mit eigener Betriebsgesellschaft und festem Personal – und ohne die Ehrenamtlichen als tragende Säule. Das sorgt für Unmut bei etlichen Helfern, die sich abgeschoben fühlen. Es gibt aber auch Zustimmung für die verstärkte Professionalisierung des Programmkinos.
Am kommenden Montag entscheiden die Genossen, wie es weitergeht. Heidrun Podszus, Vorstandsvorsitzende und Kino-Chefin im Ehrenamt, hält das neue Konzept mit Festangestellten für das dann größere Kino in der Zellerau – drei statt bislang zwei Säle, über 300 statt 180 Zuschauerplätze – für unumgänglich.
Podszus betont aber, dass man weiterhin ehrenamtliche Mitstreiter brauche. Weniger im Alltagsgeschäft an der Kasse oder beim Filmvorführen, das sollen künftig rund 15 Kräfte auf 450-Euro-Basis unternehmen. „Das vereinfacht die Organisation und sorgt für kürzere Wege im Ablauf.“ Die „Freien“ könnten und sollen sich dagegen bei der Programmauswahl und bei zwei neuen Filmfestivals engagieren, die man künftig jährlich veranstalten will.
An der neuen Betriebsgesellschaft wären zu 75 Prozent die Genossenschaft und zu 25 Prozent das Ochsenfurter Casablanca-Kino beteiligt. Podzsus, die derzeit „zwischen 30 und 40 Stunden“ wöchentlich für eine Aufwandsentschädigung ehrenamtlich arbeitet, wäre die festangestellte Geschäftsführerin. Dazu käme ein Co-Geschäftsführer des Casablanca. Mit diesem arbeitet das Central schon seit Jahren zusammen. „Mit dessen Know-how wären wir gemeinsam stärker gegen die Konkurrenz“, begründet Podszus die geplante Kooperation. Zudem habe man „das gemeinsame Anliegen Programmkino“.
Warum dafür jetzt eine eigene Gesellschaft mit hauptamtlichen Kräften und über 100 000 Euro Personalkosten? „Weil das größere Kino mit einem Drittel mehr Vorstellungen noch mehr Organisation und Verwaltungsaufgaben mit sich bringt,“ erklärt Podszus. Außerdem sei die „Marktverzerrung“, zu der das kostenfreie Ehrenamt führt und damit Ärger mit Mitbewerbern. Dies könnte ansonsten auch zu Problemen bei der Filmbelieferung führen.
Durch die Kinovergrößerung will man das Programm erweitern und variabler gestalten. Kommen bislang 45 000 Zuschauer pro Jahr ins Central, sollen und müssen es künftig zwischen 65 000 und 70 000 sein, um im Betriebsergebnis auf eine schwarze Null zu kommen. „Den Löwenanteil der zusätzlich benötigen Kinobesucher wollen wir durch längere Laufzeiten erfolgreicher Filme erreichen“, sagt Podszus. Jedenfalls ist nicht geplant, vom Programmkino-Anspruch abzuweichen und publikumsträchtige „Blockbuster“ vorzuführen.
Die Finanzierung des neuen Kinos ist ambitioniert: Rund 700 000 Euro kosten Innenausbau, Einrichtung und Technik. Die Kalkulation: 40 Prozent Zuschüsse, 25 Prozent Eigenmittel, 20 Prozent Darlehen, der Rest Spenden. Podszus: „Ich bin vorsichtig optimistisch, dass die Rechnung aufgeht.“ Sollten sich die Kinobesitzer – die 520 Genossenschaftsmitglieder – gegen die neue Betriebsform entscheiden, will Podszus aussteigen.
Dass die Kino-Chefin „uns die Pistole auf die Brust setzt, finden viele nicht so schön“, sagt Marlene Kuch, Sprecherin für die rund 60 ehrenamtlichen Mitarbeiter. Die Stimmung sei angesichts der geplanten Neuerung „nicht besonders gut, es herrscht viel Frustration.“ Man sei „zu einem guten Team zusammengewachsen, es klappt doch mit mit unserer Arbeit“, sieht Kuch eine gute Basis dafür, so weiterzumachen wie bisher.
Ob die freiwilligen Helfer auch den neuen Kinobetrieb stemmen könnten? „Dazu sind wir nie gefragt worden“, sagt Kuch. „Ich denke aber schon, dass wir das könnten.“ Die Leistung der Ehrenamtlichen, mit der einiges an Kapital erwirtschaftet wurde, werde schließlich auch von den Verantwortlichen anerkannt. Keinen Zweifel gebe es allerdings an der fachlichen Kompetenz von Heidrun Podszus mit viel Kinoerfahrung und eigenem Filmverleih. Und das wichtigste sei letztlich, „das Kino zu erhalten.“
Das sieht auch ihr Sprecherkollege Jürgen Penka so. Er macht „nur bei einem kleinen Teil“ schlechte Stimmung aus und begrüßt, wenn das Central professioneller betrieben wird. Penka, von Anfang an als Ehrenamtlicher dabei: „Wir haben unser Ziel Programmkino doch erreicht.“
Das Central-Kino
Die Geschichte beginnt im Oktober 2009: Als bekannt wird, dass das Corso-Kino in der Kaiserstraße schließt, werden in nur zwei Wochen 2500 Unterschriften für ein Programmkino gesammelt. Kulturreferent Muchtar Al Ghusain sichert seine Unterstützung zu. Im September 2010 wird die Programmkino-Genossenschaft gegründet – mit 230 Mitgliedern.
Über 100 Filmfreunde wollen ehrenamtlich den Kinobetrieb stemmen. Die Stadt genehmigt die Übergangsspielstätte Mozartschule. Helfer bauen die Aula zum Kinosaal mit knapp 200 Sitzplätzen um. Rund 100 freiwillige Helfer kümmern sich um den Betrieb. Im September 2011 sind mittlerweile 475 Genossen dabei, die ehrenamtliche Baugruppe baut 150 richtige Kinosessel ein. Eine große Mehrheit befürwortet im November 2012 den Umzug des Kinos auf das Bürgerbräu-Gelände. Im Juli 2014 taucht die Idee mit dem Saalbau Luisengarten als möglichem Standort auf. In einer knappen Entscheidung gibt es aber eine Mehrheit für die Spielstätte in der Zellerau. Dort entstehen drei Säle für über 100 Zuschauer. Eröffnung soll in 2016 sein.