Seit Jahren ist er immer wieder der einsatzstärkste Rettungshubschrauber in Bayern und flog auch 2018 zahlreiche Einsätze: Christoph 18. Im vergangenen Jahr wurde er 2062 Mal angefordert und war somit der am häufigsten zu Hilfe gerufene Hubschrauber der gemeinnützigen ADAC Luftrettung im Freistaat. Stationiert ist Christoph 18 seit 1980 an der Main-Klinik in Ochsenfurt – dem kleinsten Krankenhaus Bayerns mit angeschlossener Hubschrauber-Station.
Warum es 2018 für das Team von Christoph 18 so viel zu tun gab, erklärt Julian Küstermann, Ärztlicher Leiter des Luftrettungsstandorts: „Wir haben mit Ochsenfurt einen idealen Standort, um in Stadt und Landkreis Ochsenfurt und Würzburg zu agieren.“ Auch für überregionale Einsätze von Christoph 18 in den Leitstellenbereichen Schweinfurt, Ansbach, Untermain, Schwäbisch Hall und Mosbach sei Ochsenfurt optimal gelegen. Dazu kommt, dass die Zahl der Notärzte in ländlichen Bereichen abnimmt. „Das führt dazu, dass wir in zeitweise unbesetzten Notarztstandorten vermehrt Einsätze haben“, so Küstermann. Eine wichtige Rolle spielt auch die Uni-Klinik Würzburg. Als sogenannter Maximalversorger ist sie die Klinik, die Christoph 18 am häufigsten anfliegt: Dort sind alle Möglichkeiten der Therapie geboten, die im Umfeld zum Teil nicht vorhanden sind.
Spontanität und Erfahrung sind gefragt
Die Anforderungen für das Team eines Rettungshubschraubers – das sich aus Pilot, Notarzt und Notfallsanitäter zusammensetzt – sind hoch. Die 18 Notärzte, die mit Christoph 18 fliegen, sind alle Fachärzte für Anästhesie und Notfallmedizin und unterstehen neben dem leitenden Hubschrauberarzt Julian Küstermann auch dem Chefarzt der Anästhesie und Notfallmedizin an der Main-Klinik, Manfred Knof. „Die große Herausforderung ist, sich jedes Mal innerhalb von kürzester Zeit auf jegliche Art von Notfall in jeder Altersklasse einzustellen“, sagt Küstermann.

Um in der Luftrettung tätig sein zu können, ist neben einem strengen Auswahlverfahren ein hohes Maß an Berufserfahrung ein Muss. „Es hilft unwahrscheinlich, dass man die medizinischen Fähigkeiten, die man als Hubschrauberarzt benötigt, auch im Klinik-Alltag tagtäglich im OP und auf der Intensivstation einsetzt“, so Küstermann. Auch Einsatzbereitschaft, Teamfähigkeit und körperliche Belastbarkeit wird vom Rettungsteam erwartet; regelmäßige Weiterbildungen sind an der Tagesordnung. Da die gesamte Crew eng zusammenarbeiten muss, bilden sich die Mitglieder zudem in speziellen Trainings zusammen weiter – mit dem Ziel, die Kommunikation zwischen den einzelnen Aufgabenbereichen zu perfektionieren.
Pilot, Notarzt und Notfallsanitäter müssen ein eingespieltes Team sein – nicht zuletzt wegen der eingeschränkten Platzverhältnisse im Hubschrauber, die die Behandlung eines Patienten deutlich schwieriger machen als zum Beispiel im Rettungswagen: „Manche Tätigkeiten wie das Einführen eines Beatmungsschlauches oder eines Venenkatheters muss man im Vorfeld des Transports erledigen“, sagt Küstermann.
"Ich trete jeden Dienst mit dem nötigen Respekt an, was mich erwarten könnte."
Julian Küstermann, Ärztlicher Leiter Luftrettungsstandort Christoph 18, Ochsenfurt

Gleichzeitig hat sich die medizinische Ausstattung der Rettungshubschrauber stetig weiterentwickelt: „Wir haben heute auch in der Luft alle Geräte und Medikamente, die auf einer Intensivstation eingesetzt werden“, so Küstermann. Dazu gehören moderne Beatmungsgeräte, Monitoring, Spritzenpumpen und bald auch Herz-Ultraschallgeräte, um die Patienten optimal diagnostizieren, behandeln und transportieren zu können. In Christoph 18 ist außerdem der „Flug unter Wiederbelebungsbedingungen“ möglich. Küstermann erklärt, was dazu nötig ist: „In kleinen Hubschraubern ist es sehr schwer, Patienten zu transportieren, die immer wieder wiederbelebt werden müssen. Wir haben seit 2015 ein mechanisches Reanimationsgerät an Bord, mit dem man auch auf engstem Raum eine Herzdruckmassage ausführen kann.“
Bei der Mehrzahl der Einsätze von Christoph 18 handelt es sich um internistische Notfälle wie zum Beispiel akute Herz- und Kreislauferkrankungen. Auffällig ist laut Jochen Oesterle, Sprecher der ADAC Luftrettung, die Anzahl an chirurgischen Notfällen im Bundesvergleich. „Wir haben bei Christoph 18 einen hohen Anteil von Trauma-Patienten – wobei unter Trauma jede Art von Verletzung zu verstehen ist, egal, ob es sich um einen Schul-, Arbeits-, Freizeit – oder Verkehrsunfall handelt“, erläutert Küstermann. Die Gegend rund um Ochsenfurt verfüge über Landwirtschaft und einen hohen Freizeitwert; mit der A 7, der A 3 und der A 81 gebe es außerdem viele unfallträchtige Autobahnen und Autobahnkreuze. Und: „Oft kommt es bei schweren Verkehrsunfällen oder bei Notfällen, in die Kinder verwickelt sind, dazu, dass man parallel zum Notarztwagen auch einen Rettungshubschrauber alarmiert“, so Küstermann.

Wenn die Hilfe aus der Luft über Leben oder Tod entscheidet
2062 Einsätze ist Christoph 18 im vergangenen Jahr geflogen, 2017 waren es 1926. Diesen leichten Anstieg verbucht Jochen Oesterle unter „normaler regionaler Schwankung“. Wie oft und weshalb ein Hubschrauber angefordert wird, hänge zum Beispiel auch vom Wetter ab: „In einem heißen Sommer gibt es mehr Einsätze wegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, in einem kalten Winter wegen Glatteis-Unfällen.“
Christoph 18 hebt von Sonnenaufgang bis -untergang ab; daneben gibt es laut Oesterle bundesweit drei 24-Stunden-Stationen des ADAC, an denen Rettungseinsätze auch in der Dunkelheit möglich sind. In Senftenberg in Brandenburg etwa kommen hierfür spezielle Nachtsichtbrillen zum Einsatz. Die schnelle Hilfe aus der Luft entscheidet nicht selten über Leben oder Tod, daher sei es „wichtig, in den einzelnen Regionen regelmäßig den Bedarf zu überprüfen“, betont Oesterle. Bestehe Bedarf, so müsse das zuständige Bundesland der jeweiligen Organisation, zum Beispiel der ADAC Luftrettung, den Auftrag geben, tätig zu werden. Die Uhrzeit, zu der sich ein medizinischer Notfall ereignet, sollte nicht darüber entscheiden, ob man zum lebenslangen Pflegefall werde, so Oesterle.
Julian Küstermann ist sich seiner Verantwortung als Hubschrauberarzt bewusst: "Ich trete jeden Dienst mit dem nötigen Respekt an, was mich erwarten könnte.“ In seinem Beruf ist er oft mit schlimmen Situationen, schwerst verletzten Menschen oder gar dem Tod konfrontiert –und doch ist das Fazit des Arztes ein sehr positives: „Als flugbegeisterter Arzt die Möglichkeit zu haben, die beiden anspruchsvollen Felder Fliegen und Notfallmedizin zu kombinieren, macht große Freude.“
Luftrettung und "Christoph 18"Deutschland hat ein fast flächendeckendes Luftrettungssystem, das den bodengebundenen Rettungs- und Notarztdienst ergänzt. Die Luftrettung ist Ländersache; die Länder greifen dabei auf unterschiedliche Organisationen, wie etwa die ADAC Luftrettung, zurück.Die ADAC Luftrettung ist laut eigenen Angaben eine der größten Luftrettungsorganisationen Europas: 2018 haben die Rettungshubschrauber in 54 356 Einsätzen rund 3,3 Millionen Kilometer zurückgelegt und waren je Einsatz durchschnittlich rund 30 Minuten in der Luft. Das Bundesland mit der größten Einsatzdichte war Bayern, wo sich auch die meisten der insgesamt 36 ADAC-Luftrettungsstationen befinden.Die Rettungshubschrauber werden über die Notrufnummer 112 angefordert und sind im Notfall für jeden zur Stelle. Bundesweit arbeiten über 1000 Personen für die ADAC Luftrettung, darunter rund 160 Piloten, 230 Notfallsanitäter und 580 Notärzte. Das Team einer Station besteht in der Regel aus drei Piloten, fünf Notfallsanitätern und 15 Notärzten.In Ochsenfurt bilden drei Piloten, 18 Notärzte der Main-Klinik Ochsenfurt und der Universitätsklinik Würzburg sowie sechs Rettungsassistenten des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) und des Malteser Hilfsdienstes das Team von "Christoph 18". Der Rettungshubschrauber ist seit 1980 in Ochsenfurt stationiert und wird seit 2011 von der ADAC-Luftrettung betrieben. Sein Einsatzradius beträgt bis zu 70 Kilometer um die Luftrettungsstation an der Main-Klinik.