Die meisten Männer gehen nicht gerne zum Einkaufen in die Stadt, auch nicht alle Frauen. Denn häufig geht es um Dinge, die irgendwie mit dem Ernst des Lebens zusammenhängen: Anzüge, Schuhwerk oder Bettwäsche. Zum Sport Borsos, der nun für immer schließt, sind die Kunden dagegen in den vergangenen 32 Jahren in den allermeisten Fällen gerne gegangen. Schließlich haben sie im Auftrag ihrer Leidenschaft das familiär geführte Geschäft in der Unteren Bockgasse 3 aufgesucht: dem Tischtennissport.
Gelegenheit zum Fachsimpeln
„Die meisten kamen über all die Zeit gut gelaunt zu uns herein und hatten neben einem speziellen Wunsch auch das Bedürfnis zum Fachsimpeln“, sagt Cornel Boros. Der 55-Jährige lässt sich nicht zweimal zum Small-Talk bitten, schließlich schaffte er es selbst zu einem überaus erfolgreichen Tischtennisspieler. Zweimal – 1986 und 1988 – war der gelernte Kaufmann mit Borussia Düsseldorf deutscher Mannschaftsmeister, zweimal holte er sich an der Seite des früheren Nationalspielers Ralf Wosik den nationalen Titel im Doppel (1985/86).
Mit 30 Jahren kehrte er dem Profisport dann den Rücken und widmete sich fortan verstärkt dem Laden und seiner Trainerausbildung. Für den TTK Würzburger Hofbräu spielte Borsos weiterhin zweite Liga. Das Tischtennisgeschäft geht auf seine Eltern Ferdinand und Marga zurück. „In den ersten Jahren haben sie von zu Hause aus in der Landwehrstraße diverse Tischtennis-Produkte vertrieben, bis sie 1985 den Laden hier gekauft haben. Mein Vater war in seinem Hauptberuf viel unterwegs, daher war meine Mutter fortan die Seniorchefin und jeden Tag im Laden“, erinnert sich Borsos.
„Nach misslungenen Partien wurden am Montag die Schläger gewechselt.“
Cornel Borsos, Noch-Inhaber eines Tischtennisladens
Im Jahr 2003 verstarb Vater Ferdinand, Mutter Marga half bis zuletzt im Geschäft mit, wenn „wir etwa in den Urlaub gefahren sind.“ Mit „Wir“ meint Cornel Borsos auch seine Frau Tünde (50), die in den vergangenen Jahren den Laden überwiegend alleine gemanagt hat. Denn Cornel arbeitet seit 2006 als Trainer beim Bayerischen Tischtennis-Verband und betreut dort federführend die Toptalente aus Nordbayern wie Bastian Herbert und Franziska Schreiner.
„Ich stehe noch immer fast jeden Tag in der Halle.“
Viele Junge bestellen im Internet
Ob sie wehmütig sind, wenn sie ihren Sport Borsos nun nach über drei Jahrzehnten dichtmachen. „Nein, bis jetzt noch nicht“, sagen beide unisono. In den letzten Jahren war das Geschäft schon hart gewesen, das geht an die Substanz. „Ich bin häufig über mehrere Tage hinweg bei Lehrgängen und Turnieren im Einsatz, um am nächsten Tag wieder im Laden zu stehen“, berichtet Cornel Borsos, weshalb er schon vor einigen Jahren die Öffnungszeiten um etwa die Hälfte reduziert hat. „Den Online-Handel haben wir natürlich auch gemerkt“, sagt seine Frau Tünde: „Gerade junge Spieler bestellen ihre Beläge häufiger im Internet, und kleben sich diese selbst auf den Schläger. Der demografische Wandel und die niedrigen Margen tun ihr Übriges.“
Ein großes Einzugsgebiet
Doch weil es im anspruchsvollen Dschungel der Tischtennisbeläge und Hölzer auf kompetente Beratung ankommt, hat das Ehepaar Borsos noch immer alle Hände voll zu tun. Denn es gibt weit und breit kein ähnlich gelagertes Fachgeschäft. „Unser Einzugsgebiet erstreckt sich nach wie vor vom Taubertal bis in die Rhön, von Main-Spessart bis ins Kitzinger Land, auch wenn es in den letzten Jahren etwas kleiner geworden ist“, bemerkt Cornel Borsos. Bislang gibt es seines Wissens keinen Nachfolger, der fest verankerte Standort mit seinen doch recht überschaubaren 60 Quadratmetern wird künftig definitiv keine Anlaufstelle mehr sein. „Wir haben unseren Laden vor einigen Wochen an eine Immobilienfirma verkauft. Dort kommt nun eine schöne Stadtwohnung rein“, sagt der passionierte Tischtennisspieler.
Auch montags kehrt nun in der Unteren Bockgasse Ruhe ein. „Das war meistens der Wochentag, an dem bei uns am meisten los war. Denn viele Spieler nehmen ihre misslungenen Partien vom Wochenende zum Anlass, um ihren Schläger zu wechseln“, weiß Tünde Borsos, die sich nun auf mehr Freizeit freut – „vor allem in der Adventszeit“.
Dem Tischtennissport bleibt die Familie nicht nur von Berufs wegen aufs Engste verbunden. Anfang Juni steht ein Ausflug mit den beiden Töchter Carina (32) und Annika (29) zu den Weltmeisterschaften in Düsseldorf auf dem Programm.
Noch bis diesen Freitag, 19. Mai, um 14 Uhr gibt es bei Sport Borsos einen Ausverkauf. Dann schließen Cornel und Tünde Borsos ihren Laden zum letzten Mal ab.