Dort, wo sonst Pflegebettmatratzen, Polster für Gartenmöbel oder Matrazenauflagen hergestellt werden, werden ab diesem Montag die Nähmaschinen rattern und ein Produkt hervorbringen, das in vielen Einrichtungen derzeit händeringend gesucht wird: Über 100 000 Gesichtsmasken für Krankenhäuser, Altenheime oder ambulante Dienste will die Würzburger Firma Wegerich in den kommenden Wochen herstellen.
"Die Ehefrau eines unserer rund 50 Mitarbeiter ist Ärztin, die eines anderen Dialysepatientin", berichtet Firmenchef Markus Wegerich am Telefon. "Wir bekamen immer wieder Informationen, dass diese Masken Mangelware werden. Im Dialysezentrum mussten die Mitarbeiter bereits mit hoch gezogenen T-Shirts oder selbst gebastelten Masken auskommen", sagt er. "Eigentlich sind wir ein Handwerksbetrieb, der alles herstellt, was aus Schaumstoff ist, aber da haben wir überlegt, was können wir tun?"
"Wenn alles klappt, können wir an diesem Montag beginnen."
Markus Wegerich - Firmenchef
"Wir stellten dabei fest, dass wir bei uns Vliesstoffe im Einsatz haben, die von der Materialbezeichung auch in den klassischen Wegwerfmasken verwendet werden. Also haben wir uns diese Masken besorgt und stellten keinen Unterschied fest", erzählt er weiter. "Einer unserer Lieferanten produziert zudem unter anderem auch die Vliesstoffe, die für zertifizierte Masken verwendet werden. Dort haben wir angefragt, doch die standen bereits unter staatlicher Aufsicht und meinten, wenn Sie heute bestellen, bekommen Sie solche Stoffe von uns frühestens im Sommer 2021. Aber ein Muster samt Datenblatt zum Vergleich konnten sie uns schicken", berichtet Wegerich.

"Gleichzeitig kam die Info, dass private Pfegedienste nicht mehr zu ihren Patienten fahren würden, weil sie keine Masken mehr haben", berichtet er weiter. "Da habe ich den Rolf Müßig, den Geschäftsführer der Arche, angerufen, den ich geschäftlich und privat kenne. Als ich ihm erzählte, was wir vorhaben, hat er geantwortet: ,Ich bin gleich da'. Er kam, hatte Masken zum Vergleich mitgebracht, und wir haben festgestellt, dass sie vom Aufbau und den Materialien unseren Versuchsmasken sehr glichen."

"Es kommt hinzu, dass diese Masken eigentlich Einwegmasken sind, die man nach circa einer Stunde wegwerfen und eine neue nehmen soll. Das ist natürlich in der jetzigen Situation Wahnsinn", weiß Wegerich. "Unser Diplomingenieur für Kunststoff- und Elastomertechnik wusste aber, dass unser Vliesstoff bei 100 Grad beständig ist, das heißt, die Masken können bei 60 Grad gewaschen werden, da passiert gar nichts. Herr Müßig hat dann berichtet, dass in den Arche-Alten- und Pflegeheimen bei der 60-Grad-Wäsche zusätzlich ein desinfizierendes Waschmittel eingesetzt wird."
"Wenn ich das erzähle, geht das wie ein Lauffeuer herum."
"Also habe ich gesagt, wir machen eine waschbare dreilagige Maske aus beidseitigem Doppeltuch mit Ökotex-Standard 100, das ist die Produktklasse für Babies mit Hautkontakt. Dazwischen liegt eine mehrlagige Schicht aus Vlies, die einer OP-Maske äußerst ähnlich ist. Wir haben ja keine Zertifizierung, und ich möchte eigentlich nichts machen, was ich nicht darf", sagt Wegerich. "Aber Herr Müßig hat gesagt: ,Wenn Sie die Masken produzieren, hätte ich gerne tausend Stück. Und wenn ich das erzähle, geht das wie ein Lauffeuer herum. Wenn Sie in der Lage sind, 100 000 Masken zu produzieren, würde ich mich nicht sorgen, dass die verkauft werden können.'"
"Das stimmt", sagt Rolf Müßig. "Ich habe die Entwicklung unterstützt, das war eine Kooperation. Das Projekt hat sich auch bereits herumgesprochen, und wir haben schon die ersten Anfragen, die wir an die Firma Wegerich weitergeben werden", berichtet Müßig am Freitagnachmittag.
Eine Tagesproduktion von 1000 bis 2000 Stück ist angepeilt
"Wenn alles klappt, können wir an diesem Montag beginnen und wollen im Lauf der Woche auf eine Tagesproduktion von ein- bis zweitausend Stück kommen", hofft Wegerich. Bleiben die Kosten: "Was eine Maske genau kostet, kann ich derzeit noch nicht genau sagen, wir wollen sie auch nur kostendeckend verkaufen. Ich musste in der vergangenen Woche Mitarbeiter nach Hause schicken, und wenn ich jetzt zehn Mitarbeiter kostendeckend beschäftigen und gleichzeitig einen Beitrag für die Gesellschaft leisten kann, dann ist das das Ziel."
"Ich gehe fest davon aus, dass wir die Masken nicht an Endverbraucher verkaufen dürfen und dazu schon bald eine amtliche Vorgabe bekommen", fährt er fort. Die Masken seien ohne Textilkennzeichung auch nicht für den normalen Handel geeignet. "Die sind den relevanten Einrichtungen vorbehalten, also Krankenhäusern, Pflegediensten oder Dialysestationen", sagt er. Und bekräftigt: "Wir werden die nicht an Privatpersonen über den Ladentisch verkaufen. Wir nehmen Anfragen nur telefonisch auf und werden diese sammeln."
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