Die zügige Immunisierung der Bevölkerung gilt als erfolgversprechendster Weg aus der Corona-Pandemie. Doch die Impfungen gehen schleppend voran, nur in den Impfzentren und von mobilen Impf-Teams dürfen die Vakzine bisher verabreicht werden. Schon seit einiger Zeit ist deshalb die Einbeziehung der Hausärzte im Gespräch, um endlich schneller voranzukommen. Dr. Christian Pfeiffer, Bezirksvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes für Unterfranken, sieht bei seinen Berufskollegen eine große Bereitschaft, sich zu beteiligen. Im Interview erzählt Pfeiffer, was dadurch auf die Hausarztpraxen zukommen wird.
Frage: Ist es sinnvoll, dass Hausärzte sich an den Corona-Impfungen beteiligen?
Christian Pfeiffer: Ja. Impfen gehört zu den ureigensten Aufgaben der Hausärzte. Fast alle anderen Impfungen machen wir ja auch. Die Hausärzte sind außerdem die ersten Ansprechpartner für die Patienten. Viele fragen, wann sie endlich zur Corona-Impfung in die Praxis kommen können.
Die Beteiligung der Hausärzte würde den Impffortschritt auch sehr beschleunigen, oder?
Pfeiffer: Definitiv. Wenn beispielsweise jeder Hausarzt zehn Patienten pro Tag gegen Corona impfen würde, brächte das eine große Dynamik in den Impfprozess. Man sieht das auch am Beispiel der Grippeimpfung, Hausärzte impfen etwa 15 bis 20 Millionen Menschen pro Jahr.
Das heißt, es wäre für die Hausärzte auch machbar, sich zu beteiligen?
Pfeiffer: Ja. Anfangs gab es da noch eine große Unsicherheit wegen des Umgangs mit dem Impfstoff, aber das ist kein Problem. Der Impfstoff von Biontech/Pfizer etwa kann in der Praxis fünf Tage lang im Kühlschrank gelagert werden. Sobald er dort heraus genommen wird, ist er sechs Stunden lang haltbar. Der Wirkstoff von Astrazeneca kann im Kühlschrank sogar mehrere Wochen lang aufbewahrt werden. Jede Arztpraxis muss dann für sich planen, wie viele Patienten sie zur Impfung einbestellt. Bei Praxen mit mehreren Ärzten könnten die Impfungen auch im Rahmen der normalen Sprechstunde stattfinden, für andere wäre eine Impf-Sprechstunde besser. Jede Praxis muss die Logistik für sich selber lösen.
Wird jeder geimpft, der das wünscht, oder müssen sich die Hausärzte an den Stufenplan zur Priorisierung halten?
Pfeiffer: Dass jeder kommt, wann er will, wird sicher nicht funktionieren. Es ist sehr, sehr wichtig, dass die gefährdeten Personen zuerst geimpft werden, insofern sollten sich die Hausärzte natürlich an die Priorisierung halten. Allerdings sollten sie schon einen gewissen eigenen Entscheidungsspielraum bekommen, denn sie kennen ja die gesundheitlichen Probleme ihrer Patienten. Es kann also angemessen sein, beispielsweise einen schwer lungenkranken 60-Jährigen einem älteren Menschen vorzuziehen.
Wann könnten dann die jüngeren Leute mit der Impfung dran sein?
Pfeiffer: Vermutlich im Sommer, wenn die gefährdeten Gruppen geimpft sind - immer vorausgesetzt, es steht genügend Impfstoff zur Verfügung. In den nächsten Wochen sehe ich noch keine Möglichkeit für die jungen, gesunden Menschen.
Das heißt, die höheren Altersgruppen sollten sich zuerst bei ihren Hausärzten melden?
Pfeiffer: Ich halte es für sinnvoller, wenn die Ärzte ihre Patienten kontaktieren, und nicht umgekehrt. Sonst besteht die Gefahr, dass durch die Anrufe der Impfwilligen die Telefone der Praxen blockiert werden und Patienten mit anderen Beschwerden kaum noch durchkommen. Eine Praxis könnte etwa einen Suchlauf nach allen Patienten über 80 Jahren starten, diese anrufen und einen Impftermin vereinbaren. Dabei müsste dann auch gleich der Folgetermin für die Zweitimpfung festgelegt werden.
Wie läuft die Impfung dann ab?
Pfeiffer: Das Impfen selbst kann durch medizinische Fachangestellte der Praxis erfolgen. Vorher aber muss der Arzt den Patienten gesehen und das Aufklärungsgespräch mit ihm geführt haben. Der Hausarzt kennt aber bereits die Medikamente, die der Patient nimmt, etwa Blutverdünner, oder eventuelle Unverträglichkeiten. Das ist anders als im Impfzentrum, wo all das erst abgefragt werden muss.
Eine umfangreiche Schulung für Ärzte und Praxispersonal ist vorher nicht nötig?
Pfeiffer: Wir haben Erfahrung, weil wir das ja von anderen Impfungen schon kennen. Manche müssen erst gemischt werden, andere sind schon fix und fertig. Dazu wird es sicher auch entsprechende Rundschreiben und Beipackzettel geben. Manche Hersteller bieten auch Videoseminare zum Umgang mit ihren Impfstoffen an.
Wie wird gewährleistet, dass die in den Praxen geimpften Personen auch registriert werden?
Pfeiffer: Wie das technisch gelöst wird, weiß ich noch nicht genau. Vermutlich werden die Hausärzte melden müssen, wie viele Patienten aus welchen Personengruppen sie geimpft haben. Wichtig wäre dabei auf jeden Fall ein einfacher Prozess, wie er bei anderen Impfungen auch angewendet wird.
Sehen Sie im Kreis der Kollegen eine Bereitschaft, sich an den Corona-Impfungen zu beteiligen?
Pfeiffer: Die Bereitschaft ist sehr groß. Viele Kollegen fragen, wann es endlich losgeht. Und etliche helfen ja jetzt schon in den Impfzentren mit. Wir wollen auch keine Konkurrenz zu den Impfzentren sein, sondern mithelfen, eine zügige Immunisierung der Bevölkerung zu ermöglichen.
Schon ab April, spätestens aber in sechs Wochen sollen die Hausärzte mit den Impfungen beginnen können. Ist das realistisch?
Pfeiffer: Ja, vorausgesetzt, die organisatorische Seite mit Dokumentation und Abrechnung ist geklärt, und es kommt genügend Impfstoff an.