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Würzburg: Corona in Würzburg: Wie gefährlich ist die Delta-Variante für uns?

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Corona in Würzburg: Wie gefährlich ist die Delta-Variante für uns?

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    Wie verbreitete sich die Delta-Variante des Coronavirus bisher in Stadt und Landkreis Würzburg?
    Wie verbreitete sich die Delta-Variante des Coronavirus bisher in Stadt und Landkreis Würzburg? Foto: Manu Fernandez/dpa

    Das Achtelfinalspiel der deutschen Mannschaft bei der Fußball-EM am Dienstag schauen sicher wieder viele Menschen am liebsten mit Freunden an. Wie riskant sind solche Treffen? Und was sollten Reisende im Hinblick auf Corona besonders beachten? Im Interview beantwortet die stellvertretende Leiterin des Gesundheitsamts und Fachärztin für Allgemeinmedizin, Dr. Barbara Finkenberg, die wichtigsten Fragen rund um die Delta-Variante des Coronavirus.

    Frage: Wie viele Corona-Infektionen mit der Delta-Variante sind bisher in Würzburg aufgetreten?

    Dr. Barbara Finkenberg: Uns wurden seit April 2021 mit Stand vom Sonntag (27. Juni) insgesamt 30 Fälle von den Laboren gemeldet, bei denen der labordiagnostische Nachweis der Delta-Variante erbracht werden konnte. In der Stadt sind es neun Fälle, im Landkreis 21. Seit dem 14. Juni wurden insgesamt 74 positive Fälle an das Gesundheitsamt Würzburg gemeldet, hiervon wurde bei bisher fünf Personen die Delta-Variante nachgewiesen.

    Was macht diese indische oder Delta-Variante eigentlich so gefährlich im Vergleich zu anderen Virus-Typen?

    Finkenberg: Man muss vorausschicken, dass die Datenlage noch nicht riesig ist. Ein Hinweis aus Großbritannien ist, dass wohl die Übertragbarkeit bei dieser Variante höher ist, auch höher als bei der Alpha-Variante. Man kann also Kontaktpersonen leichter infizieren. Und es gibt Hinweise, dass die Krankheitsverläufe schwieriger sein könnten. Aber nachdem es im Moment noch wenig nachgewiesene Fälle gibt, ist es schwierig, das an absoluten Zahlen festzumachen. Wir haben in allen unseren Fällen bisher keine schweren Verläufe gesehen.

    Wo haben sich diese Menschen infiziert?

    Finkenberg: Da sind Reiserückkehrer dabei, tatsächlich auch welche aus Indien, die dann wiederum Familienangehörige angesteckt haben. Dann gab es ja einen Ausbruch bei Unternehmen in Kitzingen. Mitarbeiter von dort wohnen in Stadt und Landkreis Würzburg und haben das Virus in ihre Familien getragen.

    Dr. Barbara Finkenberg, stellvertretende Leiterin des Gesundheitsamts Würzburg, warnt angesichts der Delta-Variante des Coronavirus vor Leichtsinn.
    Dr. Barbara Finkenberg, stellvertretende Leiterin des Gesundheitsamts Würzburg, warnt angesichts der Delta-Variante des Coronavirus vor Leichtsinn. Foto: Schmelz-Fotodesign

    Warum dauert es so lange, bis man weiß, ob es sich bei einer Infektion um die Delta-Variante handelt?

    Finkenberg: Wie am Anfang bei der Alpha-Variante auch, muss derzeit das Virus-Genom noch vollständig sequenziert werden, um die Delta-Variante eindeutig nachzuweisen. Nur wenige Labore können das, und es dauert eineinhalb bis zwei Wochen. Inzwischen verfügen die ersten Labore über einen angepassten PCR-Test, der die Delta-Variante erkennt, und ich denke, dass die anderen Labore in den nächsten Tagen nachziehen werden. Dann hätten wir hoffentlich drei, vier Tage nach der Erstdiagnose eine Aussage über die Varianten.

    "Mit Umsicht und Vorsicht schaffen wir es auch gut durch den Herbst und den Winter."

    Dr. Barbara Finkenberg, Gesundheitsamt Würzburg

    Man gewinnt den Eindruck, dass sich vor allem Kinder und junge Erwachsene mit der Delta-Variante anstecken. Ist das richtig?

    Finkenberg: Man muss natürlich sehen, dass viele Ältere sich nicht infizieren, weil wir da schon recht hohe Impfraten haben. Wir wissen ja, dass eine vollständige Impfung auch gut vor dieser Delta-Variante schützt. Die Infektionen verschieben sich jetzt insgesamt in die jüngeren Generationen. Hinweise, dass sich Jüngere schneller infizieren, gibt es zum jetzigen Zeitpunkt nicht.

    Gehen Sie davon aus, dass die Delta-Variante auch hier über kurz oder lang die vorherrschende sein wird?

    Finkenberg: Wenn man sich den Anstieg in letzter Zeit ansieht, muss man davon ausgehen. Wir haben im Moment ja eine niedrige Inzidenz und können nur hoffen, dass das so lange anhält, bis die Impfungen weit genug fortgeschritten sind.

    Was hätte ein verstärktes Auftreten der Delta-Variante für Auswirkungen auf Schutzmaßnahmen beziehungsweise auf die bisherigen Öffnungsschritte?

    Finkenberg: Das ist natürlich in erster Linie eine politische Frage. Aus medizinischer Sicht kann ich eigentlich nur allen raten, , vorsichtig zu bleiben – auch wenn jetzt die Lockerungen da sind und jeder gern die Freiheiten genießt. Wir sollten weiterhin die Basis-Hygieneregeln einhalten und uns bewusst machen, dass es auf uns ankommt, ob wir diese Lockerungen halten können.

    Wird Ihnen nicht unwohl, wenn Sie an die Menschen denken, die während der Fußball-Europameisterschaft zusammenkommen, um sich ein Spiel anzugucken?

    Finkenberg: Immer wenn ich viele Menschen auf einem Fleck eng beieinander sehe, ist mir ein bisschen unwohl. Wichtig ist vor allem, dass die Menschen selber auf sich achten und, wenn sie irgendwelche Symptome haben, gar nicht zu solchen Treffen gehen. Ich würde empfehlen, dass man sich möglichst im Freien trifft und in einem Rahmen, in dem man Abstand halten kann. Fußball ist ja emotional, da werden reichlich Aerosole freigesetzt, vor allem, wenn ein Tor fällt.

    Was raten Sie den Menschen gerade im Hinblick auf die Ferien- und Reisezeit?

    Finkenberg: Auch da würde ich sagen: vorsichtig bleiben. Auch wenn die Testpflicht nicht mehr besteht, würde ich jedem, der aus einem fremden Land zurückkommt, raten, von den weiter bestehenden kostenlosen Testangeboten Gebrauch zu machen – weil man eben nicht weiß, mit welchen Personen man zusammengekommen ist. Je schneller wir die Infektionen gemeldet bekommen, desto schneller können wir sie eingrenzen. Das Robert-Koch-Institut geht davon aus, dass die Zahlen spätestens im Herbst wieder ansteigen. Die Frage ist nur, wie stark.

    "Jeder, der sich impfen lassen kann, sollte sich impfen lassen."

    Dr. Barbara Finkenberg, Gesundheitsamt Würzburg

    Gilt dieser Rat auch für bereits vollständig Geimpfte?

    Finkenberg: Die Impfung wirkt sehr gut. Trotzdem gibt es immer wieder Menschen, bei denen die Impfwirkung nicht ausreichend ist, das haben wir bei allen Impfungen. Deshalb würde ich auch Geimpften raten, zum Testen zu gehen, wenn sie Symptome bemerken oder Kontakt zu Infizierten hatten.

    Ist aus Ihrer Perspektive erkennbar, dass Zweitimpfungen nicht mehr in Anspruch genommen werden, weil man sich nach der Erstimpfung ausreichend geschützt fühlt?

    Finkenberg: Ich habe in den Medien davon gehört, es persönlich aber noch nicht mitbekommen. Jeder muss einfach wissen, dass die Erstimpfung bei vielen Menschen noch nicht ausreicht, um die maximal erreichbare Impfantwort im Körper zu erhalten. Hierfür braucht es die zweite Impfung. Und auch Genesene sollten sich sechs Monate nach der Infektion noch einmal impfen lassen.

    Stimmt das überhaupt noch? Die meisten Genesenen haben ja nur Antikörper gegen das ursprüngliche Virus und nicht gegen eine Variante.

    Finkenberg: Man muss die Langzeitentwicklungen abwarten, aber nach den ersten Studien und den Erfahrungen aus Israel sieht man, dass die Impfung auch bei Genesenen gegen die Varianten sehr gut schützt.

    Macht es einen Unterschied, mit welchem Impfstoff man geimpft wurde?

    Finkenberg: Es gibt schon leichte Unterschiede in den Immunantworten, aber man kann sagen, dass alle hier zugelassenen Impfstoffe gegen den Wildtyp und die bisher aufgetretenen Varianten sehr gut wirken.

    Was wäre Ihr wichtigster Rat?

    Finkenberg: Jeder, der sich impfen lassen kann, sollte sich impfen lassen, weil wir nicht vergessen dürfen, dass es auch Menschen gibt, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können. Ein zweiter wichtiger Aspekt ist, weiter aufmerksam zu bleiben. Nicht leichtsinnig werden, auch nicht im Urlaub. Wir müssen uns immer wieder bewusst machen, dass das Virus nicht ganz verschwinden wird. Aber wir können damit leben, ohne uns allzu sehr einschränken zu müssen. Das ist ein Balanceakt. Aber mit Umsicht und Vorsicht schaffen wir es auch gut durch den Herbst und den Winter.

    Sie meinen also, es gibt genügend Gründe zur Vorsicht, aber keinen Grund zur Panik?

    Finkenberg: Genauso ist es auf den Punkt gebracht.

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