Die Aufregung und die Verwirrung waren groß. Auch noch am Freitag. Besteht auch für Eltern, die ihre kranken Kinder zum Arzt begleiten, eine Testpflicht?
Ein klares Nein kommt von Jürgen Marseille, Kinderarzt in Röttingen (Lkr. Würzburg) und unterfränkischer Obmann im bayerischen Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BKVJ). Es sei juristisch geklärt, dass Eltern in der Kinderarztpraxis keine Begleitpersonen sind, sondern sozusagen der verlängerte Arm des Patienten", so Marseille. Und deshalb fallen sie nicht unter die Testpflicht“.
Die gegenteilige Ansicht verbreitete sich allerdings so schnell wie ein Gerücht, nachdem in dieser Woche die Änderungen des Infektionsschutzgesetzes in Kraft getreten waren. Die Gesundheitsminister der Länder forderten daraufhin vom Bund eine Korrektur beziehungsweise eine Lockerung der täglichen Testpflicht in Arztpraxen, Kliniken und Pflegeeinrichtungen für geimpfte und genesene Beschäftigte. Dabei kam auch in Bayern zur Verunsicherung, ob diese Testpflicht auch für Eltern gilt.
Bundesgesundheitsministerium: Die Testpflicht bezieht sich nur auf Beschäftigte von Praxen
Das Bundesgesundheitsministerium hatte aber laut Angaben der Deutschen Presseagentur bereits am Mittwoch klargestellt: "Die Testpflicht bezieht sich auf Beschäftigte von Praxen, aber nicht auf Patienten und deren Begleitpersonen." Dies gilt somit auch für Personen, die zum Beispiel ältere Patienten in die Arztpraxen begleiten.
Kinderarzt Jürgen Marseille fordert: "Die Politik sollte auf die Wissenschaft hören." Er ist einer Meinung mit Virologen, die eine Kontaktbeschränkung, also einen erneuten Lockdown, für nötig halten. "Denn alles, was wir jetzt tun, auch die Tests, werden an der Situation nichts ändern und die vierte Welle brechen."
"Kinder erkranken zwar nicht schwer, aber sie sind das Strohfeuer, weil sie ihr Eltern anstecken können."
Kinderarzt Jürgen Marseille
Die Hälfte der Kindergartenkinder seien positiv auf das Corona-Virus getestet. Und doppelt geimpfte Eltern würde wieder von ihren Kindern angesteckt. Deshalb: "Eltern und auch die älteren Menschen müssen schnell eine Booster-Impfung erhalten", so Marseille. Zudem ist der Kinderarzt der Ansicht, dass in Krippen und Kindergärten, wo eine Ansteckung nicht verhindert werden könne, weil diese Kinder aufgrund ihres Alters nicht geimpft werden können, ein etwa 14-tägigen Lockdown nötig sei. "Kinder erkranken zwar nicht schwer, aber sie sind das Strohfeuer, weil sie ihre Eltern anstecken können."
Der Röttinger Kinderarzt und unterfränkische BKVJ-Obmann hat auch bei einem anderen Diskussionspunkt eine klare Meinung: "Ich werde einer von den Ärzten sein, die ab dem 20. Dezember, sobald der für Kinder geeignete Impfstoff verfügbar ist, anfangen zu impfen." Auf die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) will er nicht warten.