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Zell: "Das Elternhaus bestimmt noch immer, wer wir werden" - Darum will Jessica Hecht für die Grünen in den Bundestag

Zell

"Das Elternhaus bestimmt noch immer, wer wir werden" - Darum will Jessica Hecht für die Grünen in den Bundestag

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    Jessica Hecht ist die Direktkandidatin der Grünen in Würzburg. In Bayern steht sie auf Listenplatz 15.
    Jessica Hecht ist die Direktkandidatin der Grünen in Würzburg. In Bayern steht sie auf Listenplatz 15. Foto: Patty Varasano

    An einem Mittwoch, Ende Januar, sitzt Jessica Hecht mit einer Tasse Kaffee zu Hause in Zell (Landkreis Würzburg) am Küchentisch. Ihre zwei Katzen dösen nebenan im Wohnzimmer. Der Mann der grünen Bundestagskandidatin, Bert Hecht, richtet mit einer Tochter das Frühstück, bevor er auf die Arbeit geht. 

    So gemütlich es bei Jessica Hecht daheim ist, so unbequem sind ihre Worte: "Ich habe es lange nicht für möglich gehalten, dass die Bedrohung so konkret wird, dass noch einmal in der deutschen Geschichte Mehrheiten mit Rechtsextremen gebildet werden", platzt es gleich zu Beginn des Gespräches aus ihr heraus. Es ist der 29. Januar 2025, der Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz wird an diesem Tag einen asylfeindlichen Antrag mit den Stimmen von AfD und FDP durchbringen.

    Für Hecht wird es am Wahlabend spannend: Es könnte gerade so klappen – oder knapp nicht

    Hechts Partei, Bündnis 90/Die Grünen, wird gegen den Antrag stimmen. Noch kann Jessica Hecht in Berlin nicht mitvotieren. Mit ihrem bayerischen Landeslistenplatz 15 könnte sich das nach der Wahl am 23. Februar ändern. Experten interpretieren das neue Wahlrecht so, dass die Parteien pro Sitz im Bundestag zirka ein Prozent der Stimmen im Freistaat brauchen. Derzeit liegen die Grünen in Umfragen in Bayern bei rund 14 Prozent. Für Hecht heißt das: Es könnte gerade so klappen – oder knapp nicht reichen.

    Über das Hopp oder Top sinniert Jessica Hecht vier Wochen vor der Wahl noch nicht: "Wenn ich mich darauf versteifen würde, dass es unbedingt klappen muss, würde ich meiner aktuellen Aufgabe als Lehrerin nicht gerecht werden."

    Hecht lehrt an einem Gymnasium in Tauberbischofsheim Englisch, Deutsch und Geschichte, zudem leitet sie die Theater-AG. Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie vier Kinder zwischen 13 und 24 Jahren. 2016 trat sie den Grünen bei, 2018 gründete Hecht den Ortsverband Zell, 2019 wurde sie Kreisvorsitzende, seit der Kommunalwahl 2020 sitzt sie sowohl im Zeller Gemeinderat als auch im Kreistag. "Jede zeitliche Lücke, die in den letzten Jahren entstand, weil die Kinder größer wurden, habe ich mit dem Ehrenamt bei den Grünen gefüllt."

    Hecht: "Mich treibt die Verantwortung der Gesellschaft für unsere Kinder an"

    Jetzt also Berlin. Wenn man Hecht von ihrem Job, der Kommunalpolitik, der Theater-AG oder ihrer Familie erzählen hört, fragt man sich kurz: Warum möchte man in die so oft gnadenlose Bundespolitik, wenn man es eigentlich so schön hat, vor Ort viel bewirken kann? "Mich treibt vor allem der Gedanke an, was aus denen wird, für die wir als Gesellschaft die Verantwortung übernommen haben, den Kindern. Wenn wir jede Entscheidung an dieser Frage messen, dann gehen wir nicht irre."

    Familien- und Bildungspolitik sind ihre Herzensthemen. "Wir sind immer noch weit entfernt von Chancengleichheit. Das Elternhaus bestimmt noch immer, wer wir werden", schimpft sie. "Wenn es um Familien geht, Vereinbarkeit, Care-Arbeit oder um Bildungsfragen, werden die Diskussionen viel zu oft nur theoretisch geführt. Es braucht Menschen aus dem echten Leben in der Politik. "

    Ein anderes wichtiges Thema ist für sie der Trinkwasserschutz. Die gebürtige Böblingerin lebt seit vielen Jahren in Zell. Schon lange gibt es Streit um das Trinkwasserschutzgebiet Zeller Quellen, das die halbe Stadt Würzburg versorgt. Der Trinkwasserversorger möchte das Schutzgebiet erweitern – auf demselben Gebiet, der Altertheimer Mulde, will der Gips-Riese Knauf ein Bergwerk betreiben und die Firma Beuerlein eine Deponie für belasteten Müll errichten. Hecht ist entschiedene Gegnerin der Pläne: "Ich bin es Zell, dem Landkreis und der Stadt schuldig, dagegen zu kämpfen."

    "Ich mag das Wort 'streiten' nicht. Wir müssen uns daran gewöhnen, dass wir alle mehr um Lösungen ringen müssen. Wir müssen viel mehr aushandeln."

    Jessica Hecht, Bundestagskandidatin der Grünen in Stadt und Landkreis Würzburg

    Blickt man auf Umfragewerte und Wahlprogramme, wird schnell klar: Einfach werden die Koalitionsverhandlungen und Mehrheitsbildungen im Bund nicht werden. Stellt sich Hecht also auf jede Menge Streit in Berlin ein? "Ich mag das Wort 'streiten' nicht. Wir müssen uns daran gewöhnen, dass wir alle mehr um Lösungen ringen müssen. Wir müssen viel mehr aushandeln."

    Eine Fähigkeit, die sie auch in ihrem Beruf als Lehrerin immer wieder braucht: "Man kann in einer Klasse abstimmen lassen und dann gibt es eine knappe Mehrheit für eine Seite. Es gibt dann aber auch viele Verlierer. Der andere Weg ist es, nach Gemeinsamkeiten zu suchen – ich bin mir sicher, dass wir die im Kleinen wie im Großen immer haben –, und dann Lösungen auszuhandeln."

    Jessica HechtAlter: 52Wohnort: Zell am MainBeruf: Lehrerin (Deutsch, Englisch, Geschichte, Theater)Politischer Werdegang: seit 2019 Ortsvorsitzende Zell und Kreisvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen Würzburg-Land, seit 2020 im Gemeinderat und im KreisratFamilienstand: verheiratet, vier Kinder (13, 18, 22, 24)Quelle: lar

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